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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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retten?«
    »Nein«, log ich, weil ich die Tränen in jedem Wort hörte.
    Sie ignorierte mich. »Sag schon, Joy, ist es wahr, dass ich den Clan zerschlagen habe?«
    »Was?« Kälte schoss mir ins Blut und schuldgetränkte Frustration. In einem früheren Leben hätte ich sie nun geschüttelt, damit sie endlich mit dem herausrückte, was sie zu wissen glaubte. »Was stammelst du dir da für einen Mist zusammen? Der Clan zerschlagen? Dass ich nicht lache!«
    »Es ist wahr«, wisperte sie. Sie sah mich noch immer nicht an. Vielleicht waren ihre wunden Augen zu müde, um aufzusehen. »Das Clanhaus ist verlassen. Master Widden«, ein flüchtiger Blick zu den Percents, »war Kommandant der Gruppe, die es untersucht hat. Der Clan existiert nicht mehr.«
    »Sie haben sich versteckt«, erwiderte ich trotzig, aber Amber hatte meine Lügen schon durchschaut, als wir noch Milchzähne gehabt hatten.
    »Du weißt noch weniger als ich, Joy. Sag mir nur eins: Ist es meine Schuld?«
    Nein, meine, antwortete ich in Gedanken.
    Amber berührte meinen Arm, selbst durch ihre Handschuhe und meine Lederjacke glaubte ich zu spüren, dass es ihr unangenehm war, mich anzufassen. Was hatten diese Tiere mit ihr gemacht?
    »Bist du in Ordnung?«, fragte ich. Hohle Worte, das wussten wir beide. Sie grinste freudlos meine Schuhe an.
    »Und du? Ich hatte nicht gewusst, dass Varlets Diener haben dürfen. Er ist doch ein Varlet, oder?«
    »Neél?« Ich nickte gedankenverloren.
    Amber runzelte die Stirn.
    »Ich bin nicht seine Dienerin. Er trainiert mich für das Chivvy.«
    Erstmals sah Amber mich an. Etwas Fremdes loderte in ihrem Blick auf, sie zwinkerte es fort, ehe ich es einschätzen konnte. Sie schluckte. »Das ... ich weiß nicht, was ich sagen soll, Joy.«
    »Wie wär’s mit: Viel Glück«, erwiderte ich mit sanftem Spott.
    Sie nickte hektisch. »Ja. Ja, viel Glück. Du kommst hier raus. Wenn es jemand schaffen kann, dann du.«
    Ich biss mir auf die Zunge, als ich verstand, was sie zu verheimlichen versuchte. Sie neidete mir die Möglichkeit, meine Gefangenschaft zu beenden. Für sie gab es keinen solchen Ausweg. Ich konnte es ihr nicht verdenken - sie sah furchtbar aus. Wenn man einer so zähen, starken Frau wie Amber ihr Leid ansah, dann musste es größer sein als das, was ich hätte ertragen können. Ich wollte es nicht, aber plötzlich sah ich Amber ohne diese schmutzigen Lumpen am Leib vor mir. Nackt, knochig und voller Spuren auf der Haut, wie sie sich Schutz suchend zusammenrollte.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie die Percents ihre Fäuste gegeneinanderstießen. Uns blieb nicht mehr viel Zeit.
    »Amber, hör mir zu«, wisperte ich und spürte, wie ich mich schon bei den ersten Worten der gesponnenen Geschichte verhedderte. Ich durfte sie jetzt nicht gehen lassen. Nicht ohne jede Hoffnung. »Du hattest recht, wir haben dich nicht aufgegeben. Aber es ist anders, als du denkst. Ich bin nicht als Gefangene hier.«
    Skepsis zog eine Furche in ihre Stirn. »Sondern?«
    »Als Spion«, log ich.
    Die Percents wandten sich um.
    »Es ist alles geplant. Du kennst Matthials Pläne, sie funktionieren immer.«
    »Sie kommen«, formten Ambers Lippen stumm, zum Zeichen, dass ich schweigen sollte.
    »Vertrau uns, Amber. Und halte immer deine Augen offen. Wir sind bei dir. Immer!«
    Sie antwortete nicht mehr, denn der Percent, den sie Master Widden genannt hatte, gestikulierte ihr und sie beeilte sich, seiner Anweisung zu folgen. Neél starrte ihnen nach, als sie die Straße zum Hotel runtergingen. Ich trat zu ihm.
    »Kennst du ihn näher, diesen Widden?«
    Neél sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Sagt dir der Begriff Nachtjagd etwas?«, fragte er, statt mir zu antworten.
    Ich schüttelte den Kopf. »Was jagt man bei Nacht?«
    »Alles, was wegläuft. Willst du es sehen?«
    Nein, das wollte ich überhaupt nicht. Ich hatte meine Zweifel, dass er von Karnickeln sprach, eher war anzunehmen, dass mal wieder ich Karnickel spielen musste.
    »Gut«, sagte er und schien einen Augenblick zufrieden, durch Widden an ein neues Druckmittel erinnert worden zu sein.
    • • •
    Mina suchte mich am gleichen Abend auf und ließ mich wissen, dass sich die Percents von mir - einer Frau - mehr erwarteten als von den anderen Soldaten. Ich sollte im Gefängnis beim Putzen helfen. Ich freute mich regelrecht - jede Minute, die ich untätig im Zimmer sitzen musste, zerrte an meinen Nerven.
    Mina erzählte mir außerdem, dass Neél und Widden jahrelang gute

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