Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
nicht.»
«Das will ich auch schwer hoffen, Goran! Ihr wisst, was auf dem Spiel steht. Ich will diese elenden Verräter noch vor Ende des Monats auf dem Scheiterhaufen brennen sehen! Oder Ihr seid es, der brennen wird. Ist das klar?»
Gorans Haut über den Backenknochen straffte sich kaum merklich. «Ja, Eure Hoheit.»
Es knackte, und die Verbindung wurde unterbrochen. Goran steckte den Kommunikator in seinen Gürtel zurück und suchte erneut Blickkontakt mit dem Kommandanten.
«Finden wir die Bastarde!», knirschte er entschlossen. Er gab Mangol mit dem Kopf ein Zeichen und seinem Hengst die Sporen. Mangol spuckte auf den Boden. Dann hob er die Hand zum Aufbruch und jagte Goran mit seiner Stute hinterher. Die Soldaten folgten ihnen wie die Küken der Henne. Die Hufe der Pferde klapperten auf den Pflastersteinen, als die Sicherheitsgarde durch die enge Gasse davonstob.
Katara riss im Trab die Zügel herum und warf einen letzten Blick zurück. Ihre Arm- und Gesichtsmuskeln waren gestrafft wie die eines Kriegers, der nach Rache dürstet. Doch in ihrem Herzen waren Zweifel.
7
Die Jugendlichen standen unschlüssig auf der Straße und versuchten irgendwie zu begreifen, was soeben mit ihnen geschehen war. Ihre plötzliche Rückkehr nach Dark City, das Auftauchen der Sicherheitsgarde, dann dieser geheimnisvolle Bettler mit dem Filzmantel, der ihnen das Leben gerettet hatte. Es war alles etwas viel auf einmal. Und dabei hatten sie eben noch mit Master Kwando an einem reich gedeckten Tisch gesessen und hatten geglaubt, im Paradies zu sein. Die Erinnerungen an jenen wundersamen Ort waren noch so lebendig, das Training, die Onovans, das Baden im See, die Umgebung, all die Tiere, die Düfte und Farben. Und das Licht, diese unglaubliche Helligkeit, an die sich ihre Augen kaum hatten gewöhnen können. Jetzt, zwischen all den Betonblöcken, der ewigen Dämmerung und dem Nebel, erschien ihnen alles nur noch wie ein unwirklicher Traum. Eine Welt wie diese konnte nur im Traum existieren. Und dennoch: Die Kleidung, die sie trugen, war ein eindeutiger Beweis dafür, dass es diesen fantastischen Ort tatsächlich geben musste und sie ganz bestimmt dort gewesen waren.
Aliyah trug eine feine weiße Baumwollbluse mit weiten Ärmeln, darüber eine weinrote Schürze mit wallendem Samtumhang und verschnürte oberschenkelhohe Wildlederstiefel mit fester Sohle. Um ihre schlanken Hüften hatte sie sich einen breiten Gürtel gebunden, an dem ein kleiner Lederbeutel befestigt war. Das Kleid passte ihr wie angegossen. Die Sechzehnjährige hatte eine zierliche Figur, rostrotes, schulterlanges Haar, das ihr wie ein Schleier aus gesponnenen Kupferfäden um ihr fein geschnittenes Gesicht fiel, dazu ein blaues und ein grünes Auge, die beide trotz ihrer Blindheit wie zwei Opale glitzerten. Obwohl Aliyah aus ärmsten Verhältnissen stammte, hatten ihr gesamtes Auftreten und der milde Ausdruck in ihrem Gesicht etwas Anmutiges und Edles an sich.
Joash trug ein einfaches Hemd aus leichtem Leinen, darüber eine genietete Lederweste und einen grauen Umhang, sowie dunkelbraune weite Beinkleider mit Kordelzug und Stulpenstiefel mit seitlich offener Verschnürung. Ein großer Dolch hing in einer Scheide an seinem Gürtel. Es waren mit Abstand die besten Kleider, die der Zwanzigjährige in den vergangenen sechs Jahren getragen hatte. Und es war gleichzeitig die erste Kleidung in sehr langer Zeit, die er sich nicht hatte zusammenstehlen müssen. Joash war ein muskulöser Bursche mit kaffeebrauner Haut und auffällig goldbraunen Augen. Sein linker Nasenflügel war von einem kleinen Ring durchbohrt, und um sein rechtes Handgelenk trug er ein breites Lederband mit Nieten. Mit seinen verfilzten, dunkelblonden Locken, die ihm bis zu den Hüften reichten, glich er einem wilden Löwen, und sein stechender Blick signalisierte jedem unmissverständlich, dass es besser war, das schlafende Raubtier in ihm nicht zu wecken.
Miros Aussehen war weniger respekteinflößend, obwohl sein Vater der Besitzer sämtlicher Industriestätten von Dark City war, was Miro zu einem der reichsten Jünglinge des gesamten Stadtstaates machte. Der Achtzehnjährige war groß und schlank, hatte feuerrotes kurzes Haar, blaue Augen und ein ziemlich blasses Gesicht. Das Einzige, was außer seiner etwas zu hoch getragenen Nase noch an seine Herkunft erinnerte, war ein kleiner goldener Ring in seinem linken Ohrläppchen. Ansonsten hätte man ihn mit dem enganliegenden beigefarbenen
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