Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
sag ich euch. Hab richtig Muskelkater gekriegt und einen Krampf im Bein.»
«Ey, Ephi», sagte Joash, als der dicke Junge frische Luft für einen neuen Satz holte, «schalt mal ’ne Sendepause ein, ja?»
Ephrion schloss den Mund, überlegte eine Weile angestrengt und fügte dann hinzu: «Meint ihr, es gibt einen Wettkampf im Schlangestehen? Das wär mal was Neues: Wettstehen. Zugegeben, für die Zuschauer wär’s wohl etwas langweilig. Nicht viel Aktion. Es sei denn, man dürfte nur auf einem Bein stehen, und wer zuerst den Boden berührt, hat verloren.»
«Ephi!», sagten Miro und Joash gleichzeitig.
Ephrion hatte verstanden und schwieg brav.
«Und was ist mit der Sicherheitsgarde?», fragte Aliyah und kam auf den Ernst ihrer Lage zurück.
«Immer schön locker bleiben, Kleine», meinte Joash und klopfte dem zierlichen Mädchen mit seiner riesigen Pranke wie ein großer Bruder auf die Schulter. «Die finden uns nicht. Und wenn sie es dennoch wagen sollten, unangemeldet aufzukreuzen, jage ich ihnen ihre dämlichen Lanzen eigenhändig in ihre Hinterteile. Das versprech ich dir.»
Mit diesen Worten trat er breitspurig auf die Straße hinaus und gab den andern mit einer Kopfbewegung zu verstehen, sich ihm anzuschließen. Die Jugendlichen nahmen Nayati in ihre Mitte und mischten sich unters Volk. Es tat gut, in der Masse unterzutauchen. Sie fühlten sich irgendwie sicherer hier als in der menschenleeren Gasse von vorhin. Keiner schenkte ihnen Beachtung. Die Leute registrierten nicht einmal, dass ein echter Wolf an ihnen vorbeitrottete. Wenn Drakar Gratisbrote verteilen ließ, hatte niemand mehr Augen oder Ohren für irgendetwas anderes. Und das war nur gut so.
Das Gewühl wurde immer dichter. Die Jugendlichen wurden auf einen großen Platz gespült, wo sich die Menschenmasse in mehrere Warteschlagen aufspaltete. Unter einem Torbogen standen ein paar Männer hinter provisorisch aufgebauten Tischen und verteilten Brot. Joash, Miro, Ephrion, Aliyah und Nayati stellten sich hinten an.
«Ich liebe Drakars Zuckerbrot», sagte Ephrion zu einer älteren Frau gewandt, die vor ihnen in der Schlange stand.
«Drakars Güte ist unermesslich», nickte die Frau zurück. «Was würden wir ohne ihn tun? Wir verdanken ihm unser Leben.»
Wir verdanken ihm unser Todesurteil, dachte Miro. Und wenn es dumm läuft, schaffen wir es nicht mal lebend bis zum Torbogen.
Die Warteschlange verkürzte sich nur langsam. Minute um Minute verstrich, und die Jugendlichen schienen kaum vom Fleck zu kommen. Miro wurde immer ungeduldiger.
«Die Sicherheitsgarde könnte jeden Moment hier auftauchen», raunte er zwischen den Zähnen hindurch, während er sich andauernd nervös umsah. «Lassen wir die Brote sausen. Wir besorgen uns sonstwo was zu essen.»
«Ach komm, wir sind gleich an der Reihe», flehte Ephrion, der sich die Chance auf eines von Drakars Gratisbroten auf keinen Fall entgehen lassen wollte. Er war schon ganz zappelig und blieb keine Sekunde ruhig stehen. Auch Nayati blickte sehnsüchtig zwischen den Leuten hindurch zu den Brotverteilern und stupste Aliyah leise winselnd an ihre langen Stiefel.
«Nayati hat auch Hunger», sagte das blinde Mädchen.
Mir doch egal, dachte Miro. Und den andern zugewandt, zischte er unmissverständlich: «Nur dass das klar ist: Ich hab keine Lust, wegen eines Zuckerbrots mein Leben zu riskieren. Womöglich hält bereits die ganze Stadt nach uns Ausschau.»
«Wenn du so weitermachst, ganz bestimmt», entgegnete Joash genervt. «Bleib cool, Alter. Die Leute werden nur misstrauisch, wenn du ihnen einen Anlass dazu gibst. Sei locker. Ist alles im grünen Bereich hier.»
«Ja, sicher. Bis uns jemand erkennt und an Drakar ausliefert.»
Joash verdrehte die Augen. «Ich liefere dich persönlich dort ab, wenn du nicht endlich den Rand hältst.»
Die Schlange bewegte sich zwei Schritte vorwärts.
«Nur noch vierzehn Leute vor uns!», informierte Ephrion die anderen eifrig.
Miro streckte trotzig die Nase in die Luft. «Das ist doch lächerlich. Als hätte ich es nötig, mich für ein dämliches Brot in eine Reihe zu stellen wie der gemeine Pöbel.»
«Bist dir wohl zu gut dafür. Was, Hirn?», sagte Joash vorwurfsvoll.
«Ja, das bin ich allerdings», gab Miro prompt zurück und fuhr sich hochnäsig mit der Hand durch sein feuerrotes Haar.
Joash verlor langsam die Geduld. «Dann geh doch nach Hause, Memme. Wir bleiben jedenfalls hier stehen und schnappen uns ein paar Brote, kapiert?»
«Von einem
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