Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Neue erschauern. Sie wollte nicht daran zurückdenken, doch die Worte der Hexe hatten sich so tief in ihre Seele gebrannt, dass sie sie nie würde vergessen können.
«Es macht Euch Angst, nicht wahr?»
Katara nickte wie in Trance. «Ja», hauchte sie. Mehr war sie nicht imstande zu sagen. Sie senkte den Blick und zwang sich, sich von der Begegnung mit der Hexe loszureißen. Es war, als würde ihre Seele noch jetzt an jenem Gitter kleben. Sie wünschte sich, sie wäre nie zu ihr gegangen. Sie wünschte sich, sie hätte auf ihren Vater gehört. Er hatte sie gewarnt. Er hatte sie vor Isabella gewarnt. Doch jetzt war es zu spät für Reue. Sie konnte nicht ungeschehen machen, was dort im Dunkeln passiert war. Das Einzige, was sie hoffen konnte, war, dass das, was sie gehört hatte, niemals eintreffen würde. Niemals.
Die Alte trat ganz dicht zu Katara hin und strich ihr über ihr pechschwarzes Haar wie eine fürsorgliche Mutter. Das Mädchen ließ es geschehen.
«Ihr braucht Euch nicht zu fürchten, Kindchen. Es ist alles seit Jahrtausenden so vorherbestimmt. Die Prophezeiung geht in Erfüllung. Und Ihr seid ein Teil davon.» Sie schaute in die Runde. «Jeder von euch ist ein Teil davon. Das ist der Grund, warum ihr hier seid.»
Sie gab Shonovan ein Zeichen, und er schnitt Kataras Fesseln durch. Wie ein gezähmtes Raubtier blieb das Mädchen auf dem Stuhl sitzen. Stumm blickte Katara vor sich auf den Boden, während sie sich die wunden Handgelenke rieb.
Die Alte schlurfte zum Küchentisch zurück, roch an ihren frischgebackenen Keksen und überprüfte die Teekanne auf der Kochkerze.
«Ich glaube, es ist Zeit für eine Tasse Tee», beschloss sie und warf einen Blick in die Runde. «Oh ja, ihr seht alle etwas blass aus. Eine Tasse Tee und ein paar Kekse werden euch gut tun.» Dann sah sie sich suchend um und kratzte sich am Kopf. «Wo hab ich bloß den Kräutertee hingestellt?» Sie wandte sich ihren Gehilfen zu. «Hat jemand von euch irgendwo die Kräuterbüchse gesehen?»
Liovan deutete auf eine Blechdose in einem Küchenregal.
«Danke, mein Söhnchen. Mein Gedächtnis ist nicht mehr so gut wie früher.» Sie watschelte zu dem Gestell, holte die Dose herunter und öffnete sie. Dann schüttete sie eine Handvoll getrockneter Blätter und Kräuter in die Teekanne auf der Kerze.
«Einige behaupten, Tee wirke beruhigend», sagte sie, während sie mit einer großen Kelle in der Kanne herumrührte, «aber der Zauber der Entspannung liegt nicht in den Kräutern, sondern in dem Grund, warum wir den Tee trinken.» Sie rührte weiter, ohne sich den Jugendlichen zuzuwenden. «Ihr sollt euch entspannen, meine Kinder. Große Aufgaben warten auf euch. Ihr werdet einen klaren Kopf brauchen.» Und ohne sich umzudrehen, fuhr sie fort: «Liovan, schneide bitte Ephrion los und nimm ihm den Knebel ab. Ich möchte, dass er für uns den Tisch deckt.»
Liovan tat, wie ihn das Mütterchen geheißen hatte, und Ephrion erhob sich verwirrt von seinem Stuhl. Tausend Fragen waren ihm durch den Kopf geschossen, als er noch mit dem Knebel im Mund auf dem Stuhl gesessen hatte. Er hatte sich vorgenommen, einen ganzen Redeschwall über die Alte ergehen zu lassen, doch jetzt fiel ihm beim besten Willen nichts mehr ein. Er war nur eingeschüchtert von dem, was er gehört und gesehen hatte, und traute sich nicht, der Alten zu widersprechen. Wer auch immer sie sein mochte, sie war mächtiger, als er zu Beginn gedacht hatte. Sie drehte sich um und lächelte ihn an, wie eine Großmutter ihren Enkel anlächelt. Ephrion wusste nicht, was er von ihr halten sollte.
«Ihr braucht Euch nicht vor mir zu fürchten, Kindchen», sagte die dicke schwarze Frau. «Es tut mir leid, dass wir Euch knebeln und fesseln mussten, aber es war leider notwendig. Wir können es nicht riskieren, Euch zu verlieren. Ihr habt eine kostbare Gabe, Ephrion. Es ist Zeit, sie einzusetzen.»
Ephrion runzelte die Stirn. «Wovon redet Ihr?»
«Ihr wisst, wovon ich rede, mein Junge. Euer Großvater hat es geahnt.»
«Ihr kennt meinen Großvater?» Ephrions Herz begann schneller zu schlagen.
«Er kennt die alte Prophezeiung», fuhr die Alte fort, und ihr Blick schweifte für einen kurzen Moment in die Ferne, bevor sie sich wieder Ephrion zuwandte. «Er brannte darauf, Euch davon zu erzählen. Aber es wäre zu gefährlich gewesen. Ihr wart zu klein, um es zu verstehen. Eure Eltern taten, was sie für richtig hielten. Sie verboten Eurem Großvater jeglichen Kontakt zu Euch, damit Ihr
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