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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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Ticken! Er muss ticken! Hastig pflanzte er Teil für Teil in das Gehäuse des Weckers, ohne zu überlegen, fast mechanisch.
    Noch zehn Sekunden.
    Shonovan zeigte keinerlei Emotionen, während er mit der linken Hand Kataras Nacken festhielt, mit der rechten das Messer. Die Klinge verharrte an ihrem Hals. Entschlossen. Bedrohlich. Kataras Brust wölbte sich. Sie spürte die Klinge auf ihrer Haut und beobachtete die Sanduhr, die ihr gegenüber auf der Kommode stand, sie sah den Sand, der lautlos in den unteren Glaskolben rieselte. Es war ihr Leben, das vor ihren Augen zerrann. Eine schreckliche Vorstellung. Sie schluckte leer. Wie betäubt fixierte sie Miro, den fremden Jungen, der ihr Leben in Händen hielt und der sie doch nicht retten konnte. Es blieb keine Zeit mehr. Die Angst lähmte sie. Es wird ein völlig sauberer Schnitt werden, dachte sie. Ein schneller Tod.
    Fünf Sekunden.
    Miros Finger arbeiteten mit einer unglaublichen Präzision und Geschwindigkeit, so als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, als kaputte Geräte zu reparieren. Er schwitzte Blut und Wasser. Ständig warf er einen Blick zur Sanduhr auf der Kommode. Der Sand war beinahe durchgelaufen. Es fehlten nur noch wenige Körnchen.
    Miros Herz hämmerte gegen seine Brust. Er drehte das letzte Schräubchen fest und stellte den Wecker auf den Küchentisch. Alle Augen waren darauf gerichtet.
    «Fang an zu ticken!», murmelte Miro. «Bitte, bitte, fang an zu ticken!»
    Die Spannung war beinahe unerträglich. Das letzte Sandkorn fand seinen Weg in den unteren Kolben, die Zeit war abgelaufen, und der Wecker … begann zu ticken!
    Shonovan nahm das Messer von Kataras Hals, und die Verkrampfung in ihrem Körper ließ nach. Miro starrte auf den Wecker und ließ sich vor Erleichterung auf seinen Stuhl plumpsen.
    «Er tickt», murmelte er, erschöpft und überwältigt zugleich. «Er tickt!»
    «Warum habt Ihr gezweifelt, mein Söhnchen?» Die Alte kam auf ihn zu und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. «Pumas klettern auf Bäume. Ich wusste, dass Ihr klettern könnt. Höher, als Ihr denkt.»
    «Woher habt Ihr das gewusst?», fragte Miro die Frau, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. «Woher habt Ihr gewusst, dass ich es schaffen kann?»
    Vor lauter Faszination vergaß er sogar, dass ihm die Alte die Freiheit versprochen hatte, wenn er die Aufgabe bewältigen würde. Er konnte es einfach nicht fassen, dass er den Wecker tatsächlich zum Ticken gebracht hatte, in nur einer Minute. Er war über sich selbst hinausgewachsen. Und diese mysteriöse Frau hatte es gewusst. Sie hatte es die ganze Zeit gewusst, als würde sie ihn besser kennen als er sich selbst.
    «Ihr könntet noch viel mehr, mein Söhnchen», sagte sie geheimnisvoll. «Noch viel mehr. Aber Ihr seid noch nicht reif dafür. Ihr müsst noch vieles lernen, Miro, vieles, um in die Aufgabe hineinzuwachsen, die Euch schon vor Eurer Geburt vorbestimmt wurde.»
    Sie wandte sich von ihm ab, ohne sich die Mühe zu machen, ihn wieder gewaltsam auf seinem Stuhl festzubinden. Es war, als wüsste sie, dass er nicht davonlaufen würde. Sie kannte ihn. Sie schien ihn schon immer gekannt zu haben. Sie nahm den Wecker vom Tisch und stellte ihn neben die Sanduhr. Dann schwang sie ihren beleibten Körper zum Ofen und bückte sich, um hineinzusehen. «Kinder, ich glaube, die Kekse sind fertig.»
    Sie nahm zwei gehäkelte Topflappen von der Wand, öffnete den Backofen und zog das heiße Blech heraus. Ein herrlicher Duft nach Schokolade und Zimt erfüllte die ganze Stube.
    «Mmmm», machte die mollige Alte und stellte das Blech auf den Küchentisch. «Schokolade-Zimt-Plätzchen. Ein Rezept meiner Urgroßmutter. Aber sie müssen erst ein wenig abkühlen, bevor wir sie essen können. Shonovan», sie gab dem blonden Mann mit der Hand ein Zeichen, «seid so gut und löst den Knebel aus Kataras Mund. Ich glaube, es wird Zeit, dass wir beide uns unterhalten.»

27
    Shonovan tat, was seine Herrin ihm aufgetragen hatte, und Katara warf ihm einen verächtlichen Blick zu, als er den Knebel aus ihrem Mund entfernte. Hätte sie die Hände frei gehabt, wäre sie ihm mit Garantie an die Gurgel gesprungen. So aber musste sie sich mit Worten begnügen.
    «Er hätte mich beinahe umgebracht!», platzte es aus ihr heraus. «Was wollt Ihr von uns? Warum haltet Ihr uns hier fest? Warum sagt Ihr uns nicht endlich, was für ein Spiel Ihr hier treibt, Hexe?»
    «Neugier war schon immer eine Schwäche von dir,

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