Dark Desires - Im Bann der Unsterblichkeit
ausgemacht?“
Etwas blitzte in Devons Augen auf, zu schnell, um es einordnen zu können. „Das habe ich nicht gesagt.“
„Hast du jemals …?“ Einen Menschen verwandelt? Jesse konnte den Satz nicht beenden. Diese Frage war zu intim und die Bilder, die sie auslöste, zu verstörend.
Devon antwortete trotzdem. „Zweimal.“
„Wo sind sie jetzt?“
„Einer wurde von Jägern aufgespürt und getötet.“ Ein Ausdruck der Trauer glitt über Devons Gesicht. „Ein Meister spürt den Verlust seines Schützlings. Auch wenn er zu weit entfernt ist, um ihm zu helfen.“
„Und der andere?“
„Unsere Wege haben sich vor über einem Jahrhundert getrennt.“
Diesmal gab es keine Spur von Trauer oder Schmerz.
„Was ist mit Dashiell?“ Jesse wollte das Thema ein einziges Mal ansprechen. Danach würde er es ruhen lassen.
„Dashiells Meisterin hat ihn nach seiner Verwandlung im Stich gelassen. Ich habe ihre Aufgaben übernommen.“
„Aber ihr wart nie …?“
Ein wissendes Lächeln umspielte Devons Lippen. „Nein.“
„Gut.“ Jesse verbarg seine Erleichterung hinter einem frechen Grinsen. „Eine Menage à trois mit zwei Vampiren würde mich etwas überfordern.“
Der Morgen kam viel zu schnell. Trotz der dichten Vorhänge vor dem Fenster spürte Jesse die herannahende Dämmerung. Er merkte es an dieser Anspannung, die plötzlich im Raum lag. Devon konnte sie besser verbergen, doch Dashiell, der sich irgendwann zu ihnen gesellt hatte, begann rastlos in seinem Sessel hin- und herzurutschen. Schließlich legte er sein Buch beiseite, erhob sich nach einem Blick zu Soony, die neben ihm im zweiten Sessel schlief, und verschwand im Badezimmer.
„Es ist Zeit“, flüsterte Devon, obwohl es nicht nötig gewesen wäre.
Während er in die Küche ging, richtete Jesse sich auf dem Sofa auf und rieb sich müde den Schlaf aus den Augen. Dashiell kam als Erster zurück. Er trug eine schwarze Sporttasche, in der es leise klirrte, als er sie auf dem niedrigen Couchtisch abstellte. Der Spruch mit den Waffen war offensichtlich kein Scherz gewesen.
„Könnt ihr nicht jemanden um Unterstützung bitten?“
Die Antwort kannte Jesse bereits.
„Natürlich.“ Dashiell schaute zu Soony. „Leider müssten wir dann erklären, wie sie uns gefunden hat. Was dich ins Spiel bringen und Devon tiefer reinreiten würde.“
„Wird es nicht sowieso früher oder später rauskommen?“
„Später ist besser. Bis dahin haben wir vielleicht einen Plan, wie wir Sebastian davon abhalten können, uns in Silbersärgen im Wald zu vergraben. Mia wünscht dir übrigens gute Besserung. Du sollst brav deine Medikamente nehmen.“
Jesse verschlug es vor Verblüffung die Sprache.
„Mia und du?“, brachte er schließlich hervor.
Dashiell hob die Augenbrauen. „Was dagegen?“
„Nein! Überhaupt nicht.“ Darauf wäre Jesse im Lebtag nicht gekommen!
„Gut.“ Dashiell öffnete den Reißverschluss der Tasche und hielt sie Devon hin, der eben mit zwei kleinen weißen Plastikkanistern aus der Küche gekommen war. Darin schwappte eine dunkle Flüssigkeit.
„Was ist mit Soony und mir? Sollen wir hier auf euch warten?“
„Nein.“ Devon legte die Kanister in die Tasche und nahm sie Dashiell danach aus der Hand. „Allein seid ihr hier nicht sicher.“
„Warum?“
„Jeder Vampir kann das Versteck eines anderen Vampirs betreten“, erklärte Dashiell an Devons Stelle. „Deine Wohnung bietet euch mehr Schutz.“
Als sie schließlich in einem grünen Japaner aus der Tiefgarage fuhren, war der Himmel noch dunkel. Jesse saß neben Soony auf der Rückbank und ließ die Welt jenseits der getönten Scheiben unbeachtet an sich vorbeiziehen. Er fühlte sich merkwürdig abgekoppelt von allem. Wie ein Schlafwandler, der durch einen seltsamen Traum stolperte. Jesse schaute nach vorn. Dashiell trug eine Schirmmütze und eine Sonnenbrille. Zusätzlich hatte er ein Paar Lederhandschuhe übergestreift und den Kragen seiner Jeansjacke hochgeklappt. Devon trug ebenfalls Handschuhe und die Schirmmütze, die er im Café dabei gehabt hatte. Seine Sonnenbrille klemmte in einer Brillenhalterung am Armaturenbrett.
Dashiell fand eine Parklücke in der Nähe von Jesses Haus.
Devon half Soony aus dem Wagen und begleitete sie bis zu Jesses Wohnung. „Ich melde mich, wenn alles vorbei ist.“
„Okay.“ Jesse versuchte ein Lächeln. Womöglich waren das die letzten Worte, die sie je miteinander wechselten. Er wünschte sich, ihm würde
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