Dark Desires - Im Bann der Unsterblichkeit
gefiel.
„Und falls die Vampirin bis dahin ihr Versteck gewechselt hat?“
„Warum sollte sie das tun?“ Dashiell fixierte Soony, die unter seinem Blick zu schrumpfen schien. „Sie wird kaum auf den Gedanken kommen, ihre große Schwester könne sie verraten.“
Die Antwort darauf war ein verzweifeltes Schluchzen von Soony.
Jesse konnte es nicht länger ertragen. Er flüchtete in die Küche, um irgendwo zu sein, wo sie nicht war. Ihre Schwester hatte Richard Geoffrey in ein Monster verwandelt. Soony trug eine Mitschuld daran. Wie konnte er da Mitleid empfinden?
Devon folgte ihm nach einigen Minuten.
„Was werdet ihr mit Soony machen?“, erkundigte sich Jesse, ohne recht die Antwort hören zu wollen.
„Was sollten wir deiner Meinung nach mit ihr machen?“
Devon stand an den Türrahmen gelehnt und musterte ihn mit leicht schräg gelegtem Kopf. Er sah unglaublich sexy dabei aus, aber das war jetzt nicht das Thema. Was sollten sie mit Soony machen? Sie der Polizei übergeben? Sie war eine Mörderin und sei es durch Beihilfe. Sie hatte es verdient, ins Gefängnis zu gehen. Nur wie sollte man ihr Morde nachweisen, in die eine Vampirin verwickelt war?
Man könnte behaupten, Soony wäre verrückt und sie in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen. Wo sie bis ans Ende ihrer Tage mit Psychopharmaka vollgepumpt werden würde. Und es bestünde trotzdem die Gefahr, dass ihr tatsächlich jemand glaubte. Außerdem wäre es grausam und menschenunwürdig.
Sollte man sie töten?
Kaltes Entsetzen zog Jesses Brust zusammen. Daran durften sie nicht einmal denken! Soony versuchte wenigstens, ihre Fehler wieder gutzumachen. Ihm kam ein Gedanke.
„Kannst du ihr Gedächtnis löschen?“, fragte er Devon. „Sie alles vergessen machen?“ Es war die beste Lösung. Es wäre eine massive Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. „Wenn sie es möchte“, fügte Jesse rasch hinzu. Was nichts daran änderte, dass er vorschlug, das Erinnerungsvermögen eines Menschen auszuradieren.
Devon bedachte ihn mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck. „Das kann ich tun. Nachdem wir ihre Schwester gefunden haben. Vorher ist ihr Wissen zu wichtig für uns.“
Jesse fuhr sich mit der gesunden Hand über die Augen. Er beschäftigte sich mit Entscheidungen, die ihn vollkommen überforderten.
„Ich gehe dann mal die Waffen schärfen.“ Dashiell tauchte hinter Devon auf. „Aber fühlt euch nicht unter Zeitdruck gesetzt. Für hinterher habe ich gute Gesellschaft.“ Er hielt ein Buch hoch. „Ich versuche auch wegzuhören.“
Bevor Jesse dazu kam, ihm mitzuteilen, wohin er sich seine dummen Sprüche stecken konnte, war Dashiell verschwunden. Jesse schluckte seinen Ärger herunter und folgte Devon zurück ins Wohnzimmer.
Soony hatte sich mittlerweile auf dem Sessel zusammengerollt und starrte ins Leere. Jesse verspürte trotz allem den Wunsch, ihr zu helfen. Doch gleichgültig, ob er ihr Wasser anbot, ein Sandwich oder Kekse, Soony reagierte nicht. Als er sich vor sie hinhockte, um zu sehen, ob er sie irgendwie aus der Starre holen konnte, entdeckte Soony die Pflaster an seinem Hals.
„Das hat der Mann getan, den deine Schwester im Park verwandelt hat“, erklärte Jesse mit einer Ruhe, die ihn selbst überraschte.
Soony öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Aber es kam kein Laut und ihr Blick glitt wieder ins Leere. Sie sollte nicht hier sein. Sie gehörte in ärztliche Behandlung!
Jesse ließ sich neben Devon auf dem Sofa nieder und legte den Hinterkopf auf die weiche Rückenlehne. Der Schein der Lampen warf sonderbare Schatten an die Decke.
In wenigen Stunden würde alles vorbei sein. Die Vampirin würde gefangen sein, der Herrscher der Stadt zufriedengestellt und der Wahnsinn der vergangenen beiden Wochen hätte endlich ein Ende. Oder? Was, wenn es schief ging? Wenn Devon und Dashiell die Vampirin nicht fanden oder sie ihnen entkam?
Jesse wünschte sich, er könnte in die Zukunft sehen. Den Film bis zum Ende vorspulen, um herauszufinden, was geschah.
Er wandte den Kopf und musterte den Mann an seiner Seite. Über den er kaum etwas wusste.
„Erzähl mir mehr von dir“, bat er Devon. Es könnte die letzte Gelegenheit sein, die sie hatten.
Devon legte locker den Arm auf die Rückenlehne des Sofas. Seine Finger berührten fast Jesses Schläfe. „Was möchtest du wissen?“
„Wo wurdest du geboren?“ Es war die erste Frage, die Jesse in den Sinn kam. Nicht in Australien. Devon war bereits ein Vampir gewesen, ehe die
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