Dark Desires: Im Bann der Unsterblichkeit
als ein Vampir?
Devon klappte das Handy auf. Natürlich hatte Dashiell Recht. Sie konnten es sich nicht leisten, zurückzubleiben. Sie mussten sich anpassen. Aber Dashiell war ein Kind der neuen Zeit. Jung und geistig flexibel genug, um sich auf technische Neuerungen einzulassen und sie zu seinem Vorteil zu nutzen. Devon fragte sich immer öfter, was er in einer Welt sollte, in der nichts mehr von dem existierte, was ihm einst vertraut gewesen war.
Es dauerte, bevor er die richtige Taste fand, um die Nachricht abzufragen. Das Display veränderte sich und zeigte einen Text.
Mach Fotos!
Offenbar eine Antwort auf eine vorherige Nachricht.
Vor Devon war die Ampel inzwischen auf Grün umgesprungen.
Er gab Gas. Der Van machte einen Satz und blieb stehen. Devon hatte vergessen, in den ersten Gang zurückzuschalten und den Motor abgewürgt. Die Situation entbehrte nicht einer gewissen Komik. Ein Jahrhunderte alter Vampir, der Probleme mit einer simplen Gangschaltung hatte. Devon legte den richtigen Gang ein und startete den Motor erneut. Hinter der Kreuzung hielt er in einer Parkbucht. Das Handy ließ sich einfacher bedienen als gedacht. Bald hatte er den Ordner mit den ausgehenden Nachrichten gefunden. Die Letzte war gegen Mitternacht abgeschickt worden:
Meine Gold Bar schlägt deinen Schokoriegel. Geile Braut aufgerissen. Da geht was!
Devon war schleierhaft, was der Junge mit dem Schokoriegel gemeint hatte, aber er kannte eine Gold Bar . Sie lag in der Albert Street, einige Gehminuten vom Strand entfernt.
Dashiell lag offenbar richtig mit seiner Vermutung.
Devon steckte das Handy ein und fuhr weiter.
Er mochte das Autofahren. Die Geschwindigkeit und das sanfte Gleiten durch die Nacht entspannten ihn. Allerdings hatte es Jahrzehnte gedauert, bis er in Fahrzeugen mehr sehen konnte als praktische Fluchtmittel. Inzwischen wusste er sie zu schätzen. Schaltgetriebe ausgenommen.
Schließlich erreichte Devon den Schrottplatz. Das schwere Eisentor stand einladend offen, trotzdem hielt er in der Einfahrt. Das Licht der Scheinwerfer erleuchtete eine Lagerhalle, deren Rolltore geschlossen waren. Zur Linken standen Reihen ausgeschlachteter Fahrzeuge. Rechts stapelten sich Autoreifen. Niemand schien auf ihn zu warten.
Devon lenkte den Van im Schritttempo auf das weitläufige Gelände. Kurz bevor er die Lagerhalle erreichte, öffnete sich das mittlere der Rolltore. Er hielt an und wartete. Ein älterer Mann in einem dunklen Overall trat ins Freie.
Devon erkannte seinen Artgenossen an der fehlenden Aura.
Vampirkörper strahlen keine Lebensenergie aus. Sie sind Schwarze Löcher in der schimmernden Lebendigkeit der Natur.
Devon fuhr an dem Vampir vorbei in die Lagerhalle. Im Inneren stapelten sich Einzelteile: Motorblöcke, Auspuffrohre, Türen, Radkappen, Kotflügel und Autositze türmten sich teilweise bis zur Decke auf. Er hielt in der Mitte der Halle und stellte den Motor ab. Im Handschuhfach fand er eine angebrochene Packung Papiertaschentücher. Er zog eines heraus und wischte Handschuhfach, Lenkrad, Gangschaltung und alle anderen Flächen ab, die er sich erinnerte, berührt zu haben. Danach steckte er das Taschentuch in die Jackentasche und stieg aus.
Das Rolltor war inzwischen geschlossen. Der Mann mit den graumelierten Haaren wartete in gebührendem Abstand und beäugte ihn unschlüssig. Die Präsenz eines so viel älteren Artgenossen machte ihn sichtlich nervös.
Devon spürte deutlich die Anwesenheit eines dritten Vampirs. Er verbarg sich zu seiner Rechten, hinter einem Stapel von Autositzen. Ein schwacher Artgenosse, möglicherweise ein Neugeborener. Die beiden stellten keine Gefahr dar. Schließlich trat der Mann im Overall näher.
„Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten.“
Er senkte leicht den Kopf, bekundete auf die Weise seinen Respekt. „Ich bin Martin. Das ist meine Frau.“ Er schaute über die Schulter. „Paula.“
Eine Frau in einem roten Overall trat hinter dem Stapel mit den Autositzen hervor. Sie war dünn, fast mager und ihr langes schwarzes Haar von grauen Strähnen durchzogen. Devon schätzte, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes um die Fünfzig gewesen war. Obwohl man es ihrem makellosen Gesicht nicht ansah. Die Verwandlung zum Vampir war eine perfekte Verjüngungskur.
Paula starrte ihn an wie das sprichwörtliche Kaninchen die Schlange. Ihre Verwandlung lag nicht lange zurück und seine Präsenz musste ihre Sinne gehörig
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