Dark Heart: Zweiter Band
Landsitz des neunzehnten Jahrhunderts gepasst. Ein schmales Bett stand in einer Ecke neben einem wuchtigen Kleiderschrank. Die Tagesdecke, ein bestickter Quilt, dessen Rot perfekt zur Farbe der Wände passte, war ordentlich über das Bett drapiert. Zwei schneeweiße Kissen, frisch gestärkt, lehnten am Kopfende. Der zierliche Beistelltisch war bis auf eine Tiffanylampe leer.
An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein Alkoven, der wie ein altes chinesisches Himmelbett aussah. Die hölzernen, schwarz lackierten Schiebetüren standen offen. Nur auf dem wuchtigen Schreibtisch unter dem Fenster entdeckte ich persönliche Gegenstände, ein Sammelsurium von Reisesouvenirs: ein kleiner Buddha, ein Elfenbeinelefant, eine winkende Glückskatze aus Japan.
Ich war ein wenig enttäuscht, von Vampiren hätte ich etwas Geheimnisvolleres erwartet. Dieses Zimmer sah aus wie eine Hotelsuite. Ich betrachtete ein kleines, gerahmtes Foto, das neben der Schreibtischlampe stand. Es zeigte eine elegante, energisch wirkende Frau, die so gar nicht zu der samtschweren, altertümlichen Einrichtung passte. Wahrscheinlich war das die Gefährtin des Zimmerbewohners. Als Vampir konnte er selbst nicht fotografiert werden. Alles, was ein Nachtgeschöpf auf einem Bild hinterließ, war ein verschwommener Fleck, so als wäre die Belichtungszeit nicht richtig eingestellt worden.
Ich fragte mich, wie die Beziehung zwischen einem Vampir und seinem Gefährten wohl aussah. War es eine Liebe wie zwischen Jack und mir? Oder war die Verbindung vielleicht oft nur ein Zweckbündnis? Nachtgeschöpfe brauchten einen Unterschlupf für den Tag, denn das Licht der Sonne tötete sie. Bei ihren Gefährten waren sie sicher. Während das Nachtgeschöpf schlief, konnte sein Partner bei Tage alles für ihn erledigen. Der Mensch konnte im Gegenzug aus den guten Geschäftsbeziehungen seines Vampirs Vorteile ziehen. Immerhin hatte dieser Jahrhunderte Zeit gehabt, ein Netzwerk aus wichtigen Leuten aufzubauen. Unter Managern, Anwälten und Stars gab es viele Vampirgefährten. Und Charles Solomon war das beste Beispiel für einen Menschen, der durch seinen Vampir reich und mächtig geworden war.
Ein Scheppern riss mich aus meinen Gedanken. Es klang, als würde jemand mit Geschirr hantieren. Ich warf einen Blick aus dem Fenster, die Sonne war noch nicht untergegangen. Lilith McCleery konnte also noch nicht auf sein. Dann aber gab es nur eine Erklärung: Ein Mensch war in die Mountain View Lodge eingedrungen!
Hastig löschte ich das Licht und trat vor die Zimmertür. Alles blieb still. Vorsichtig schlich ich zurück zur Treppe, hielt die Luft an und lauschte: nichts.
Hank?«, rief ich…
H ank?«, rief ich mit zitternder Stimme. Hank Gerard leitete alle militärischen Operationen der Wächter und würde sicher noch einmal herkommen, um die Leiche von Charles Solomon, Liliths früherem Gefährten, abzuholen.
»Hank, bist du das?« Mein Herz begann wild zu schlagen. Niemand antwortete. »Das ist nicht witzig!«
Ich wog die Taschenlampe in meiner Hand, um zu prüfen, ob ich sie eventuell als Waffe benutzten konnte, dann spähte ich über das Geländer nach unten in die verlassene Eingangshalle. Das Gefühl, nicht allein zu sein, schnürte mir die Kehle zu. Langsam ging ich die Treppe hinab und drehte mich einmal im Kreis. Ein Schatten huschte durch den Lichtstrahl meiner Lampe, verharrte dann aber bei der zerbrochenen Vase. Nur mühsam unterdrückte ich einen Schrei. Zwei leuchtend grüne Augen musterten mich ängstlic h – eine Katze.
Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung ging ich in die Knie und streckte die Hand aus, damit das Tier an ihr schnuppern konnte. »Wo kommst du denn her?«, flüsterte ich. Dann sah ich, dass die Tür zur Kellertreppe einen Spaltbreit offen stand. Ich strich der Katze über das kurze zimtfarbene Fell und richtete mich auf.
Der Keller war ein in den dunklen Fels des Berges gehauenes Gewölbe, an dessen halbrunder Decke die Stromkabel und Versorgungsleitungen des Anwesens verliefen. Irgendwo in der Ferne dröhnte leise und gleichförmig ein Motor. Die Gummisohlen meiner Schuhe quietschten auf dem dunkelgrünen, abgetretenen Linoleumboden. Ich holte tief Luft und versuchte ruhiger zu atmen.
Der Geruch, der auf einmal in der Luft lag, ließ mir die Haare zu Berge stehen. Ich hielt inne. Es roch nach Koriander, Piment, Nelken und weiteren Gewürzen, die ich nicht einordnen konnte. Hier ist jemand, schoss es mir durch den Kopf. Und es ist
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