Dark Heart: Zweiter Band
erreichen konnte«, sagte Hank. »Der ganze Berg wurde abgeriegelt. Wenn da draußen noch jemand ist, sitzt er in der Falle.«
»Also können wir hoffen, dass sich Solomon noch immer in den Wäldern herumtreibt«, sagte Grandma.
»Wir haben Wärmebildkameras eingesetzt, aber bisher ohne Erfolg. Entweder hat er die Technik ausgetrickst oder seine Körpertemperatur ist so niedrig, dass sie sich kaum von der Umgebungstemperatur unterscheidet.«
»Hatte Solomon vielleicht Helfer? Vampirische Helfer?«, ergänzte Grandma.
»Kaum möglich, ein Vampir kann das Grundstück nur dann betreten, wenn Lilith ihn ausdrücklich einlädt.«
»Haben Sie sich die Vampire schon vorgeknöpft, die unter Charles Solomons Bann standen?«, fragte Grandma. »Wer weiß, welche Künste er alles auf sie angewandt hat? Vielleicht können seine Geschöpfe den Bann der Königin überwinden.«
»Es gibt keine mehr«, warf ich ein. »Lilith McCleery hat sie noch in der Nacht ihrer Befreiung mithilfe meines Blutes wieder in Menschen zurückverwandelt.«
Hank runzelte die Stirn.
»Haben Sie noch etwas zu sagen, M r Gerard?«, fragte Grandma kühl.
»Werden sich Solomons Opfer nicht an ihr früheres Leben als Vampir erinnern? Könnte Solomon sie nicht doch noch beeinflussen?«
»Nein«, sagte ich. »Lilith McCleery hat jegliche Erinnerung ausgelöscht.«
»Also wird sich die Polizei nur darüber wundern, dass lauter Vermisste mit Gedächtnisverlust urplötzlich wieder auftauchen.« Er schüttelte den Kopf. »Glauben Sie nicht, dass das Fragen aufwirft?«
Langsam dämmerte mir, was Grandma den Schlaf geraubt hatte: Wenn die Polizei anfing, diesem mysteriösen Zufall nachzugehen, würden die Nachtgeschöpfe bald kein Geheimnis mehr sein.
»Gut«, sagte sie schließlich. »Sie wissen, was Sie zu tun haben, Hank.«
Er nickte und stand auf. »Ich werde mit allen Mitteln versuchen herauszufinden, wer oder was hinter Solomons Verschwinden steckt. Morgen liefere ich Ihnen einen ersten Bericht.«
»Tun Sie das.« Sie stand auf. »Und sorgen Sie dafür, dass meiner Enkelin nichts zustößt! Wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt wird, gibt es keinen Platz auf dieser Welt, an dem Sie sich verstecken können. Das garantiere ich Ihnen!«
Auf der Heimfahrt…
A uf der Heimfahrt machte ich mir Gedanken, was das alles bedeuteten sollte. Wie hatte Solomon von den Toten auferstehen können? Und wie hatte er uns alle, Lilith eingeschlossen, täuschen können?
Langsam wurde es hell. Ich gähnte und blickte auf meine Armbanduhr. Es war kurz nach vier. Um acht Uhr musste ich in der Schule sein. Heute waren die Sommerferien zu Ende. Mein letztes Jahr an der Senior High hatte begonnen. Fortan würde mein Leben aus drei Dingen bestehen: lernen, lernen und lernen. Das letzte Jahr war schon hart gewesen, doch würde es nichts im Vergleich zu dem sein, das nun vor mir lag.
Ich stellte meinen Wagen am Straßenrand vor unserem Haus im Woodgreen Drive ab. Sonst parkte ich in der Einfahrt, aber der Volvo meines Vaters stand noch in der offenen Garage. Vorsichtig schlich ich mich ins Haus. Wenn Dad merkte, dass ich erst jetzt nach Hause kam, würde ein Donnerwetter über mich hereinbrechen.
Leise schloss ich die Tür auf und ging hoch in mein Zimmer, zog mich aus und legte mich sofort ins Bett. Mir blieben nur noch drei Stunden, bis der Wecker klingelte. Besser als gar nichts. Ich ahnte, dass ich in den kommenden Nächten genauso wenig Schlaf finden würde. Seufzend wickelte ich mich in meine Decke und schloss die Augen.
Es roch nach Wald, regennass und herbstlich. Die Baumriesen, deren Kronen im Wind rauschten, umgaben mich wie stumme Wächter. Obwohl es kalt war, fror ich nicht. Auch meinen Atem konnte ich nicht sehen wie sonst bei solchen Temperature n – denn ich atmete nicht.
Ein nie gekannter Hunger trieb mich an: Ich war auf der Jagd. Schnell und geschmeidig durchkämmte ich den Wald. All meine Sinne waren geschärft.
Ich roch die Angst der Tiere, sah ein Reh, dann einen kleinen Waschbären zwischen den dunklen Bäumen verschwinden.
Doch es waren nicht meine Augen, durch die ich sah. Jack , flüsterte ich. Wo bist du?
Plötzlich stand die Welt still.
Lydia? Die Stimme war leiser als ein Flüstern.
Wo bist du? , wiederholte ich meine Frage.
Das ist unmöglich! Wie kannst du mit mir sprechen?
Ich verstehe es selbst nicht. Das Blut rauschte mir in den Ohren. Aber es fühlt sich gut an.
Lydia, du träumst nicht. Du hast es geschafft, allein durch deine
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