Dark Heart: Zweiter Band
Vorsichtig versuchte er erst einen Arm, dann ein Bein zu hebe n – vergeblich. Ein Schrei tiefster Verzweiflung drang aus seiner Kehle, ein Schrei, dessen Echo schmerzend in meinem Körper widerhallte. Dann brach die Verbindung zwischen uns ab.
Ich spürte, wie…
I ch spürte, wie etwas Weiches unter meinen Kopf geschoben wurde, und schlug langsam die Augen wieder auf. Helen beugte sich besorgt über mich, während Thomas meine Beine anhob.
Lewis kam mit einer Serviette voller Eiswürfel und presste sie mir wie einen Kühlbeutel an die Stirn. »Sind Sie wirklich sicher, dass es nur der Champagner ist, den Sie nicht vertragen?«, fragte Helen besorgt.
»Es geht mir gut. Bitte, machen Sie sich keine Sorgen«, sagte ich mit schwacher Stimme.
»Ja, natürlich. Wahrscheinlich sind Sie nur gestolpert«, antwortete Thomas spöttisch und legte meine Beine wieder am Boden ab.
Lilith McCleery war jetzt bei mir. Ich versuchte aus eigener Kraft aufzustehen, aber Helen ließ es nicht zu.
»Was ist mit Jack geschehen?« Lilith flüsterte die Worte in mein Ohr, damit keiner außer mir sie hören konnte.
»Ich weiß es nicht«, stotterte ich. »Irgendetwas Fürchterliches.«
Liliths Augen leuchteten kurz rot auf. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, doch dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Sie stand auf. »Lewis!«
Er stand sofort parat. »Hoheit?«
»Bitte sorgen Sie dafür, dass M s Garner in ihr Zimmer gebracht wird.«
Ich konnte Jack nicht mehr spüren! Alles, was ich wahrnahm, war eine grenzenlose Leere. In Gedanken rief ich ihn, so laut ich konnte, aber es kam keine Antwort. Lewis und Thomas halfen mir auf. Ich fühlte mich elend. Wenn Jack wirklich tot war, wollte ich auch nicht mehr leben.
Lilith winkte Arkassian herbei. Er hob mich hoch, als wäre ich eine Feder, und trug mich durch die gaffende Menge aus dem Saal. An das, was danach geschah, konnte ich mich später nicht mehr erinnern. Ich erwachte erst wieder in meinem Bett. Lilith McCleery saß bei mir und strich mir das schweißnasse Haar aus der Stirn.
»Es tut mir so leid, Lydia«, flüsterte sie. »Jack wusste, wie gefährlich die Mission war. Konntest du erkennen, was genau passiert ist?«
Es war mir noch immer unmöglich zu glauben, dass Jack den endgültigen Tod gestorben war. Aber ich war dabei gewesen. Hatte gespürt, was er gespürt hatte, bevor sein Bewusstsein sich in der Dunkelheit verloren hatte.
»Nein.« Meine Stimme war rau. Ich kämpfte mit den Tränen, als ich versuchte, die Bilder zu deuten, die ich für einen kurzen Moment gesehen hatte. »Ich glaube, er war in irgendeiner Höhle. Er hat mir mal gesagt, dass die meisten Menschen in Telegraph Creek für eine der großen Minengesellschaften arbeiten.«
»Ein Bergwerksstollen also«, sagte Lilith. »Hat er dir auch noch mitteilen können, was er dort gesucht hat?«
Ich funkelte sie böse an. »Hören Sie, Jack ist to t …«
»Ich glaube nicht, dass er tot ist«, fiel mir Lilith ins Wort. »Solange man ihm nicht einen Pflock durchs Herz gerammt, ihn verbrannt oder ihm den Kopf abgeschlagen hat, lebt er noch. Wahrscheinlich ist er verschüttet worden.«
»Kommt das nicht aufs selbe heraus?«, fragte ich fassungslos. »Er wird sterben, wenn er nicht bald auf die Jagd gehen kann.«
»Das stimmt nicht ganz. Wenn wir nicht trinken, verdorren wir und der Hunger treibt uns in den Wahnsinn. Aber er bringt uns nicht um«, erklärte sie. »Ich selber habe einmal ein Jahr in diesem Zustand verbracht. Es war keine schöne Zeit, aber ich wusste, dass man mich über kurz oder lang befreien würde. Das macht die Sache ein wenig erträglicher.«
»Man hat Sie lebendig begraben?« Allein die Vorstellung, in einer engen Kiste zu liegen, unter einer zwei Meter dicken Erdschicht, und nicht zu wissen, ob man dieses Gefängnis jemals wieder verlassen würde, ließ mich erschaudern.
»Nein, ich wurde eingemauert. Aber das macht keinen Unterschied. Das Resultat ist das gleiche.« Ihre Augen glühten jetzt wie brennende Holzkohle.
»Nun, wenn Sie wissen, wie sich Jack fühlt, sollten Sie alles in Ihrer Macht Stehende tun, um ihn zu retten!«, rief ich aufgebracht.
»Alles zu seiner Zeit«, sagte Lilith.
»Was soll das heißen: alles zu seiner Zeit?«, rief ich empört. »Jack hat Ihnen gegenüber einen Eid geleistet und ihn nicht gebrochen. Noch nicht einmal mir zuliebe. Sie sind ihm verdammt noch mal etwas schuldig!«
Eine schwarze Aura umgab Lilith auf einmal. Wie ein Schatten, der ins
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