Dark Heart: Zweiter Band
Riesenhafte wuchs, beugte sie sich über mich. Der Duft nach Zimt raubte mir den Atem. Der Blick der roten Augen schien mich zu verbrennen. »Rede nie, nie wieder in diesem Ton mit mir, hörst du?«
Ich schluckte und nickte. Dann erlosch das Glimmen, die Schwärze schwand. Lilith lächelte jetzt wieder. »Schlaf jetzt«, sagte sie. »Morgen überlegen wir uns, wie wir Jack Valentine und uns alle retten können.«
Das Treffen fand…
D as Treffen fand am darauffolgenden Abend in der Mountain View Lodge statt. Lilith McCleery und Roseann Kinequon waren sich schon einige Male begegnet, meist auf neutralem Boden oder im Haus meiner Großmutter, aber niemals im Anwesen der Vampirkönigin. Wenn sich Wächter und Vampire trafen, herrschte immer eine gefährliche Spannung zwischen ihnen. Denn vor dem Waffenstillstand hatten die Wächter Jagd auf Nachtgeschöpfe gemacht. Beinahe anderthalb Jahrhunderte war das jetzt her, doch das Misstrauen der Vampire ihren früheren Feinden gegenüber saß noch immer tief. Viele Nachtgeschöpfe waren alt genug, um sich an diese Zeit blutiger Kämpfe zu erinnern. Auch Lilith McCleery musste damals schon gelebt haben.
Als in dieser sternklaren, kalten Nacht der schwarze Cadillac vor dem Treppenaufgang des steingrauen Anwesens hielt, hatte die Königin mit mir bereits eine Viertelstunde gewartet. Sie hatte mir für diesen Abend förmliche Kleidung befohlen und so sah ich jetzt aus wie eine Bankangestellte: graues Kostüm, weiße Bluse, absolut langweilig. Hank, den ich in seinem schwarzen Anzug kaum wiedererkannte, öffnete die hintere Tür und wollte Grandma beim Aussteigen helfen. Doch die schob mürrisch seine Hand beiseite und hievte sich mithilfe ihres Stocks heraus. Lilith schritt würdevoll die Treppe hinab, um Roseann zu begrüßen.
»Ich freue mich, dass Sie so schnell gekommen sind«, sagte sie und bot Grandma ihren Arm. Sie reichte der Königin gerade einmal bis zur Schulter. Doch trotz der gebeugten Haltung strahlte Roseann so viel Würde aus, dass sie Lilith in nichts nachstand.
»Nun, mein Besuch war wohl lange überfällig«, sagte sie und strahlte, als sie mich sah.
Ich lief hinunter und wollte sie in den Arm nehmen, hielt aber im letzten Moment inne. Ein zweiter Begleiter stieg aus dem Wagen.
Es war Mark.
Ich sah seinen schüchternen Blick, sein liebevolles Lächeln, und da gab es für mich kein Halten mehr. Wir fielen uns in die Arme und küssten uns. »Du weißt nicht, wie sehr ich dich vermisst habe«, flüsterte er und küsste mich noch einmal, lange und zärtlich.
Es könnte alles so einfach sein, dachte ich und erwiderte seinen Kuss. Ich musste nur Jack vergessen und ein für alle Mal akzeptieren, dass die Liebe zu ihm ein unerfüllbarer, egoistischer Traum war.
»Gut siehst du aus«, sagte ich anerkennend. Tatsächlich betonte der Anzug auf ziemlich vorteilhafte Weise seine sportliche Figur.
Mark zog kokett seine dezent gemusterte Krawatte zurecht. »Das hast du deiner Großmutter zu verdanken. Sie hätte mich nicht mitgenommen, wenn ich in Jeans und Sweater bei ihr aufgekreuzt wäre.« Er lächelte mich an. »Ich hätte nie zu fragen gewagt, ob sie mich mitnimmt.«
»Du wolltest mich sehen«, stellte ich fest.
»Natürlich«, sagte Mark und schaute mich an, als hätte ich gefragt, ob die Sonne im Osten aufgeht.
Großmutter und Lilith waren schon in ein Gespräch vertieft. Sie machten den Eindruck zweier Menschen, die einander schätzten, ohne Freunde zu sein. Hank stieg wieder ein und fuhr die Limousine zu einem Parkplatz beim Tor.
»Es geht um Solomon, nicht wahr?«, fragte Mark.
»Nachdem sein Anschlag auf Lilith McCleery gescheitert ist, macht er Jagd auf die anderen Vampirfürsten. Zwei haben schon den endgültigen Tod gefunden.«
»Der Flugzeugabsturz in Schanghai?«, fragte Mark.
Ich nickte. »Und der Bombenanschlag in Abidjan.«
»Solomon scheint egal zu sein, wie viele Menschen bei seinen Anschlägen sterben«, stellte Mark fest.
»Das ist nur zu wahr. Bei beiden Attentaten sind nicht nur die Vampirfürsten und ihre Gefährten ums Leben gekommen, sondern auch unbeteiligte Männer, Frauen und Kinder.«
»Lasst uns gehen«, sagte Hank, der inzwischen zu uns herübergekommen war. Er ließ den Wagenschlüssel in seine Jacketttasche gleiten, seine Bewegungen wirkten fahrig.
»Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal geschlafen?«, fragte ich besorgt.
Hank seufzte. »Fragen Sie nicht, M s Garner. Schlaf ist zurzeit ein Luxus, den wir uns nicht
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