Dark Heart: Zweiter Band
ich Sie.«
»Wunderbar.« Hank legte sich seine Jacke um den Nacken und schloss die Augen. Wenige Minuten später hörte ich gleichmäßiges Schnarchen. Es war unglaublich. Der Mann hatte die Ruhe weg.
Es gab so gut wie keinen Verkehr auf dem Highway. Ab und zu kam mir ein Auto oder ein Truck entgegen, doch das machte mir bald nichts mehr aus. Hank hatte Recht: Solange man mit dem Humvee geradeaus fuhr und nicht schalten musste, war alles kein Problem. Die Landschaft zog an mir vorüber, mal hügelig, mal flach. Nach zwei Stunden begann es zu regnen. Es dauerte einen Moment, bis ich den Schalter für den Scheibenwischer gefunden hatte, aber das war kein Grund, die Fahrt zu unterbrechen. Ich fühlte mich inzwischen ziemlich sicher.
Hinter Bell verwandelte sich der Regen in Schnee, doch zu meiner Erleichterung taute er rasch weg. Schon in Prince George war mir aufgefallen, wie kalt es wurde. Dass der Winter hier oben schon so früh begann, überraschte mich doch.
Irgendwann wurde die Straße schlechter. Der Mittelstreifen verschwand, der Seitenstreifen wurde noch schmaler. Am Kinaskan Lake hielt ich auf einem Parkplatz. Hank öffnete ein Auge, aber als er sah, dass alles in Ordnung war, schlief er weiter. Ich ging zum Pinkeln in die Büsche und befüllte den Tank mit einem der Reservekanister. Er war so schwer, dass ich ins Schwitzen kam. Dann fuhr ich weiter.
Am Nachmittag hatte Hank ausgeschlafen. Er holte aus seinem Seesack eine Tüte mit Wurst und Brot heraus, um ein paar Sandwiches zu machen, von denen er mir eines weiterreichte. Wir redeten nicht viel, und das war mir nur recht. Es gefiel mir, mal niemanden unterhalten zu müssen. Auch das Radio vermisste ich nicht. Das monotone Brummen des Motors war der Soundtrack unserer Fahrt. So fraß unsere Monstermühle Kilometer um Kilometer, bis wir kurz vor Sonnenuntergang Dease Lake erreichten, eine Siedlung, die nur aus einer Handvoll Häusern und drei Straßen bestand.
»Ich schlage vor, dass wir heute hier übernachten«, sagte Hank und zeigte auf ein Schild am Straßenrand. Das Northway Motor Inn warb damit, dass jedes Zimmer Telefon, Satelliten-TV und eine per Hand regulierbare Heizung hatte. »Klingt doch vielversprechend.«
Ich manövrierte den…
I ch manövrierte den Wagen auf den leeren Parkplatz des Motels und wir stiegen aus. Das Northway Motor Inn war ein grauer, zweistöckiger Bau, dem man wohl erst vor Kurzem einen neuen Anstrich verpasst hatt e – allerdings mit zweifelhaftem Erfolg. Ein Tourist, der auf den typischen Holzhüttencharme hoffte, konnte hier nur herb enttäuscht werden. Aber zum Glück verirrte sich in dieser Jahreszeit ohnehin kaum jemand so weit in den Norden.
Wir betraten die verwaiste, von einer Neonröhre beleuchtete Lobby und steuerten die Rezeption an. Über den Monitor eines alten Computers wanderten die Farbschlangen eines Bildschirmschoners. In einem Ständer neben dem Tresen steckten verblichene Prospekte und abgegriffene Landkarten. Es roch nach feuchtem Holz, kaltem Rauch und Essigreiniger. Hank schlug mit der flachen Hand auf die Tresenklingel. Das leise »Ding« verhallte in der staubigen Stille. Dann hörten wir, wie in einem Nebenzimmer hinter der Rezeption eine Tür geöffnet wurde. Für einen kurzen Moment war ein Fernseher zu hören. Die Tür wurde geschlossen und Schritte näherten sich durch einen schmalen Korridor, den wir nicht einsehen konnten, der aber wohl zur Wohnung der Hotelinhaber führte.
»Guten Abend«, sagte eine Frau in Hanks Alter. Sie trug ein kariertes Hemd über einem grünen Rollkragenpullover, das graue, kurz geschnittene Haar war durcheinander, als hätte sie gerade geschlafen. Auf einem kleinen Schild stand: »Hi, ich bin Rosie, was kann ich für Sie tun?«
»Ich nehme an, Sie möchten zwei Zimmer.«
»Für eine Nacht«, sagte Hank und strahlte Rosie an.
Die Frau öffnete ein Buch und reichte ihm einen Kugelschreiber. »Sie müssen sich anmelden«, sagte sie und nahm zwei Schlüssel vom Bord. »Frühstück bekommen Sie ab sieben bei Mama Z’s gegenüber vom Super-A-Markt.«
Hank drehte das Buch so, dass die Hotelbesitzerin seinen Eintrag überprüfen konnte. »M r Sykes aus Vancouver.« Sie blickte auf und schaute erst Hank, dann mich genauer an. »Vater und Tochter?«
Hank setzte sein charmantestes Lächeln auf. »Ja. Wollen Sie meinen Ausweis sehen?« Seine Rechte wanderte zur Innentasche seiner Jacke.
Die Frau zögerte und schüttelte dann den Kopf. »Nicht nötig. Darf ich
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