Dark Heart: Zweiter Band
und öffnete die hintere Klappe. An der rechten Seitenwand der Ladefläche waren sechs große Benzinkanister mit einem Spanngurt fixiert. Drei Stahlkisten und zwei prall gefüllte Seesäcke nahmen den Rest des Stauraums ein. Hank zog einen von ihnen hervor. Ich öffnete den Sack und holte einen Anorak heraus.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihre Größe richtig geschätzt habe«, sagte Hank. »Deswegen kann es sein, dass das eine oder andere Kleidungsstück nicht genau passt.«
Ich zog mir die Jacke über, schloss den Reißverschluss und ruderte probeweise mit den Armen. »Sie haben ein gutes Auge. Wann haben Sie die Sachen besorgt?«
»An dem Tag, an dem mich ihre Großmutter beauftragt hat, auf sie aufzupassen. Es ist eine Notfallausrüstung. Alles, was uns noch fehlt, können wir unterwegs besorgen«, sagte Hank, als er den Sack wieder in die Ecke schob und die Klappe schloss. »Eine Sache noch: Solange wir zusammen reisen, habe ich das Sagen. Ich wäre zwar schön blöd, wenn ich Ihre Meinung nicht berücksichtigen würde, aber alle Entscheidungen treffe letztendlich ich. Ich habe Ihrer Familie mein Ehrenwort gegeben, dass ich Sie wohlbehalten nach Hause zurückbringe. Wenn Ihnen auch nur ein Haar gekrümmt wird, erschießt mich M s Kinequon auf der Stelle. Und glauben Sie mir: Das tut sie wirklich.«
»Jawohl, Sir«, sagte Mark, überrascht von Hanks Kasernenhofton. So kannten wir Hank gar nicht.
»Ich wüsste nicht, dass ich mit Ihnen gesprochen hätte, M r Dupont«, sagte Hank und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. Es war inzwischen kurz nach zwei Uh r – mitten in der Nach t – und empfindlich kalt.
»Was soll das heißen?«, fragte Mark überrascht.
»Das soll heißen, Sie bleiben hier«, erläuterte Hank ungerührt. »Ihre Mutter ist nicht eingeweiht. Können Sie sich vorstellen, was sie tun wird, wenn Sie für mehrere Tage verschwinden? Sie wird die Polizei rufen und ihren Sohn als vermisst melden. Es war schon schwierig genug, einen glaubhaften Vorwand für die Abwesenheit von M s Garner zu erfinden. Aber Sie würden alles noch komplizierter machen.«
Mark wurde erst blass und dann rot. »Sie wollen mich nicht mitnehmen?«
»Habe ich mich etwa nicht klar ausgedrückt?«, fragte Hank.
Mark sah mich Hilfe suchend an.
»Sie können Mark wirklich nicht einfach so abservieren«, schimpfte ich.
»Ich serviere ihn nicht ab. Wenn Sie mir eine glaubhafte Erklärung liefern, warum Ihr Freund für mehrere Tage oder sogar Wochen von der Bildfläche verschwindet, nicht mehr in der Schule auftaucht und auch nicht bei seiner Mutter und seinen Freunden, dann haben Sie gewonnen und ich nehme ihn mit. Wenn nicht, muss ich Mark leider bitten hierzubleiben.« Er blickte mich erwartungsvoll an, doch als ich ihm keine Antwort geben konnte, stieg er mit einem Nicken in den Humvee.
»Ist der verrückt geworden?«, rief Mark. Seine Stimme überschlug sich fast. »Ich lasse dich nicht alleine reisen! Nicht nach allem, was passiert ist!«
Er fixierte mich, doch ich wich seinem Blick aus.
»Lydia, bitte!« Marks Stimme hatte nun einen beschwörenden Ton angenommen.
»Es tut mir leid«, erwiderte ich schließlich. »Ich werde ihn kaum überzeugen können. Und wenn du ehrlich bist, musst du einsehen, dass er Recht hat. Wie willst du deiner Mutter dein Verschwinden erklären? Dein Vater ist ermordet worden. Auf seiner Beerdigung starb ein Freund von uns. Sie würde verrückt werden vor Sorge!« Ich wollte ihm einen Kuss geben, doch er drehte sich weg. Ohne ein Wort wandte er sich zum Gehen.
»Mark!«, rief ich, aber er ging einfach weiter. »Mark! Verdammt!«
»Lassen Sie ihn!« Hank stieg noch einmal aus dem Wagen. »Glauben Sie mir, es ist besser so.«
»Und dass ich mich deswegen wie eine Verräterin fühle, ist Ihnen egal?«, schrie ich ihn an.
Hank zuckte mit den Schultern. »Wenn ich ehrlich sein soll: Ja, es ist mir egal.« Er setzte sich ans Steuer und bedeutete mir mit einem Wink, auf der Beifahrerseite Platz zu nehmen.
Ich stieg ein und schlug wütend die Tür zu. Hank startete den Motor und wir fuhren davon. Im Rückspiegel sah ich Mark mit Grandma in der Auffahrt stehen. Er starrte uns hinterher, völlig überrumpelt. Dann bogen wir in den Waldweg ein und das Anwesen verschwand hinter den Bäumen.
Noch nie in…
N och nie in meinem Leben hatte ich in so einem panzerartigen Gefährt gesessen. Ich kannte den Humvee aus dem Fernsehen und wusste, dass die Amerikaner diese Militärautos im letzten
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