Dark Kiss
Worte und keine Beweise.“
„Worte können mächtig, doch auch gefährlich sein. Abernicht so gefährlich wie ein goldener Dolch, oder nicht?“
„Das kommt auf die Worte an, würde ich sagen.“ Ich nagte an meiner Unterlippe und schmeckte meinen Lipgloss. „Ich will meine Seele zurück, Natalie – und die von Carly. Das ist alles, was ich möchte.“
„Kann ich dir die Wahrheit über die menschliche Seele verraten, Samantha? Wirst du mir zuhören, bevor du ein endgültiges Urteil über mich und all das hier fällst?“
Ich schaute sie lange an und versuchte herauszufinden, ob sie mich verspottete oder sich über mich lustig machte. Sie wirkte ernst, allerdings war ich mir nicht sicher. Schließlich nickte ich. Ich würde ihr zuhören.
„Eine Seele existiert in den Menschen, solange sie die zugewiesenen Lebensjahre durchlaufen“, begann sie. „Wenn sie sterben, wird die Seele beurteilt und entweder in den Himmel oder in die Hölle geschickt.“
Ich hatte einen Kloß im Hals. „Das weiß ich schon.“
„Was du vielleicht nicht weißt, ist, dass die Seele im Grunde genommen nicht der Kern der Menschlichkeit ist. Nicht der Inbegriff des menschlichen Lebens. Sie ist nichts Unsterbliches, das nach dem Tod entweder belohnt oder bestraft wird. Jedenfalls nicht nur.“
Ich runzelte die Stirn. „Was ist sie dann?“
„Grundsätzlich ist eine Seele der Treibstoff für die Kräfte von Himmel und Hölle und hilft ihnen, die universelle Balance zu erhalten. Ohne einen stetigen Strom menschlicher Seelen würden beide bald verdorren und sterben. Die Menschen fragen sich, weshalb es immer so wirkt, als seien sie auf sich allein gestellt – Krieg, Hunger, Zerstörung, Krankheit – und kein allmächtiges übernatürliches Wesen greift ein, um die Menschen vor ihren eigenen schlechten Entscheidungen und ihrem Unglück zu retten. Die Antwort darauf ist ganz einfach: Es ist nicht das Leben der Menschen, das die Existenz von Himmelund Hölle sicherstellt, sondern deren Tod. Der Tod befreit die Seele, damit sie an einen dieser Orte geschickt werden kann, um das Gleichgewicht des Universums zu bewahren.“
Was für ein grauenhafter Gedanke – die Seele nichts als Treibstoff. Ihre Worte machten mich krank. „Du lügst“, erwiderte ich zittrig. Ich biss mir auf die Zunge, damit ich nichts sagte, was erkennen ließ, dass ich innerlich durchdrehte. Natalies Gesichtsausdruck war angespannt und ernst, aber dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht, das sie weniger düster erscheinen ließ.
„Ich weiß, das muss erst mal verdaut werden, und ich habe es stark vereinfacht. Doch das Fazit ist, dass du ohne deine Seele nicht mehr nur einfach eine Energiequelle für Himmel oder Hölle bist. Zum ersten Mal in deinem Leben bist du befreit von diesen Ketten.“
Mir drehte sich der Magen um. Es gefiel mir nicht, was ich da hörte, trotzdem wollte ich mehr erfahren und sehen, ob ich dabei irgendeine Wahrheit entdeckte, die mir nützlich sein könnte. Ich presste die Hände in meinem Schoß zusammen, und sie fühlten sich verschwitzt an.
„Wie hast du das alles erfahren?“
„Auf die harte Tour.“ Ihr Grinsen verschwand. Sie stand auf, stellte sich vor die Glaswand und blickte hinunter ins Crave. Als sie sich wieder umwandte, war ich erneut erstaunt, wie seltsam bekannt sie mir vorkam.
„Da ist etwas an dir“, murmelte ich. „Etwas, das ich nicht greifen kann. Ich habe das Gefühl, dich zu kennen.“
„Sagt dir dein Bauchgefühl das?“, fragte sie. „Dann solltest du darauf hören. Es verrät dir, dass du mir vertrauen kannst und ich nur dein Bestes will, auch wenn meine Methoden manchmal ein wenig grob wirken. Ich weiß, dass es schwer ist, das alles zu fassen, aber bitte versuch es. Du bist hierfür wichtig, Samantha. Wichtiger, als du ahnst. Du bist der Mittelpunktvon allem. Darum musste ich dich finden.“
„Was meinst du mit Mittelpunkt?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich wurde nur in diese Sache hineingezogen, weil Stephen mich geküsst hat.“
Plötzlich sah sie so aus, als hätte sie seit Tagen nicht geschlafen. „Du weißt, dass das nicht stimmt.“
Sie hatte recht. Hier gab es keine Zufälle.
„Du bist der Grund dafür, dass es die anderen Grays gibt“, meinte ich ruhig. „Du bist ihre Anführerin – die Chefin. Du hast hier das Sagen.“
„Das stimmt“, antwortete sie gelassen. „Daher verstehst du sicher, wieso ich alles über deinen Freund Bishop und seinen sehr speziellen goldenen
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