Dark Kiss
Wahrheit, so kam es mir vor, ließ meine Zunge gefrieren. Etwas hielt mich davon ab, alles zu verraten. Wenn Natalie ein außer Kontrolle geratenes Monster gewesen wäre, die eine Armee aufstellen, in der ganzen Stadt Chaos auslösen und Menschen verletzen wollte, hätte ich ihm vielleicht alles erzählt. Allerdings war sie das nicht. Und ich brauchte mehr Antworten, damit ich sicher sein konnte, wem ich trauen durfte. Ich kannte sie nicht, doch Bishop kannte ich auch nicht wirklich. „Nein“, sagte ich und zwang mich, ihm wieder in die Augen zu sehen. Gib mir Zeit, dachte ich. Vielleicht finde ich etwas heraus, um dir zu helfen. Oder um mir selbst zu helfen. Hoffentlich beides. Ich war nicht dumm, aber ich musste jetzt besonders schlau sein. Ich konnte Bishop nicht uneingeschränkt vertrauen, da er nicht vollkommen ehrlich mit mir gewesen war.
Carly musterte Kraven mit Abscheu. „Habe ich das richtig verstanden: Ihr zwei rennt durch die Stadt und bringt Menschen um?“
„Nur die Monster.“ Kraven grinste sie düster an. „Auch wenn sie blonde Locken und hübsche blaue Augen haben. Also hältst du dich besser an deine Diät, Schätzchen.“
„Was für ein Held“, kommentierte Carly angewidert. „Du denkst, du tust das Richtige? Als wärest du der Retter der Menschheit, der alles niedertrampelt, was anders ist?“
Kraven lachte bitter. „Nein, ich bin eher ein Opportunist.“ Als Carly mit den Augen rollte, sagte er: „Glaubst du, ich lüge?“
„Was auch immer. Komm, Sam. Wir verschwinden hier.“ Carly griff mich am Oberarm und schleifte mich an ihnen vorbei.
„Warte, ich muss noch …“
„Was musst du? Diese Jungs bedeuten Ärger.“ Sie blickte zurück zu Kraven. „Es sei denn, ihr wollt uns aufhalten.“
Er lächelte freudlos. „Habt einen schönen Abend, Mädels. Und es war nett, dich zu treffen … Carly, oder?“
Carly drängte mich in ihren Wagen auf den Beifahrersitz und parkte aus. Im Rückspiegel sah ich Kraven und Bishop, die uns nachschauten. Erst da bemerkte ich mein Zittern.
„Ich weiß, dass dir Bishop ganz schön an die Nieren geht“, sagte sie. „Für einen Augenblick hast du eben fast die Kontrolle verloren. Ich dachte schon, du lässt mich wieder stehen und haust mit ihm ab.“
Darüber musste ich beinahe lachen. „Nein, ich lasse dich nicht stehen.“ Aber er ging mir tatsächlich an die Nieren. Sogar jetzt wollte ich zurückgehen und ihn berühren, ihm helfen, doch ich blieb hart und zwang mich, ruhig sitzen zu bleiben und Carly nicht zum Umkehren zu bewegen. Ich versuchte ruhig zu atmen. Mir kam in den Sinn, zum Club zurückzulaufen und Natalie zu warnen. Aber sie war nicht dumm. Sie wusste genug, um sich vor Bishop in Acht zu nehmen. Ich hatte das seltsame Gefühl, dass er sie nicht finden würde, wenn sie es nicht wollte. Jedenfalls nicht so einfach.
„Ich verstehe nicht, warum du so verrückt nach ihm bist“, fuhr Carly fort. „Ich finde, er ist absolut toll, allerdings scheint er ein komplettes Weichei zu sein. Und dieser andere Typ – der ist scharf, aber er ist ein Arsch, oder? Und du sagst, sie seien Brüder?“
„Ja.“ Ich wollte Carly alles erzählen, mich von den Problemen der letzten Tage entlasten. Ihr die Wahrheit darüber verraten, wer Kraven und Bishop über ihre komplizierte biologischeVerbindung hinaus wirklich waren. Ich meine, schließlich vertraute ich ihr. Und jetzt steckten wir zusammen in dieser Sache – auf Biegen und Brechen. Trotzdem hielt ich den Mund. Nach ein paar Minuten blickte sie mich von der Seite an. „Alles klar?“
„Mir geht es gut. Hunger und Kälte, aber das ist nichts Neues.“
„Kann ich irgendwie helfen?“
„Ja, du kannst mir etwas von deinem Selbstvertrauen abgeben. Keine Ahnung, warum ich das Geschenk beim Kauf nicht dazubekommen habe, als er mich geküsst hat.“ Mir gelang es sogar, zu lächeln, als vor meinen Augen das Bild aufstieg, wie sie sich mit Kraven angelegt hatte. „Du bist jetzt jemand, mit der man rechnen muss.“
Sie grinste. „Ist so, oder? Immer schön auf dicke Hose machen! Wenn ich schüchtern und ängstlich gewesen wäre, hätten wir es vielleicht schwerer mit ihnen gehabt.“
„Wahrscheinlich hast du recht.“ Ich wurde still und nachdenklich, bis sie schließlich auf meine Auffahrt einbog. Sie nahm meine Hand und drückte sie. „Alles wird gut werden. Ernsthaft. Würde ich dich anlügen?“
„Danke dafür, dass du so cool mit der Sache umgehst.“
„Wir stehen das
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