Dark Kiss
Nicht dein Freund Bishop? Ich vermute, er weiß zu viel über mich.“
Ich ließ mich auf eins der roten Plüschsofas fallen und zwang meinen Mund, wieder Worte zu formen. „Warum sollte ich dir überhaupt glauben? Du könntest mich ebenso gut anlügen.“
Sie betrachtete mich lange und geduldig. „Weil ich weiß, dass dir dein Bauchgefühl verrät, dass ich die Wahrheit sage.“ Sie hatte recht. Das tat es. Es war so, als hätte sich ein weiteres Teilchen in mein Puzzle eingefügt. Ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich das ganze Bild sehen wollte. Aber ich musste stark bleiben. Ich wollte die Wahrheit wissen. Schließlich hatte ich danach verlangt. Das hier war die Wahrheit. Natalie war meine Tante. Und sie war ein Dämon. Es gab nochso viel, was ich wissen musste, und ich konnte an dieser Stelle nicht aufhören.
„Meine wirklichen Eltern“, krächzte ich. „Mein Vater und … meine Mutter. Wer sind sie? Und wo?“
Natalie hatte neben mir Platz genommen, doch sie rutschte nicht näher oder versuchte meine Hand zu halten. Vielleicht wäre dies zu viel gewesen und ich wäre fortgelaufen, noch bevor ich alles in Erfahrung gebracht hätte, das ich unbedingt wissen musste. Ihr Gesichtsausdruck blieb ernst, aber ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. „Dein Vater ist mein älterer Bruder. Sein Name ist Nathan.“
Ich musste die nächste Frage stellen, allerdings fürchtete ich mich vor der Antwort. „Und wenn du ein Dämon bist …“ Das Was-ist-er-dann? blieb unausgesprochen.
Sie sah mich an. „Er ist auch ein Dämon.“
Ich zitterte. Es wäre natürlich möglich gewesen, dass er menschlich war, doch ich hatte das furchtbare Gefühl, dass es nicht so sein würde. Ich wollte diese Information nur zu gern verleugnen, aber sie passte ebenfalls genau ins Bild. „Und meine Mutter? War sie auch ein Dämon? Oder war sie ein Mensch?“
Ihre Lippen wurden schmal vor Abscheu. „Weder noch. Sie war ein Engel.“
Das war ein Schock. „Ein Engel? Warte, mein Vater war ein Dämon und meine Mutter war … ein Engel?“
„Ja.“
„Waren sie menschlich, als sie zusammenkamen?“
„Nein. Deine Eltern waren schon übernatürliche Wesen, als sie sich trafen – ein Engel und ein Dämon.“
„Aber … was bin ich denn dann?“
Ihr Lächeln kehrte zurück. „Etwas Besonderes.“ Das nächste Puzzleteil fügte sich.
Ich sprang so schnell auf, dass mir schwindelig wurde, undwollte an die frische Luft, doch ich war wie festgefroren und konnte mich nicht bewegen. Es fühlte sich so an, als sei Blei in meinen Schuhen. Ich war wie betäubt. Ich zwang mich, ruhig ein- und auszuatmen. Alles wurde allmählich wieder klar, und mein Herzschlag normalisierte sich. Es brauchte eine Weile. „Aber Engel und Dämonen mögen sich nicht“, sagte ich, denn das hatte Bishop behauptet. „Sie hassen einander.“
„Normalerweise schon. Ich persönlich verabscheue Engel.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Doch du weißt ja, wie es so schön heißt – die Liebe geht manchmal seltsame Wege.“
Wie konnte sie so leichtfertig darüber sprechen? „Was ist passiert?“
Sie drehte eine Haarsträhne um den Finger, was mich gleich an meine eigene nervöse Geste erinnerte. Diese Frau – dieser Dämon – wirkte jedoch nicht so, als würde sie besonders häufig nervös werden. „Genau das Gleiche, was gerade geschieht. Ein Team aus Engeln und Dämonen wurde geschickt und sollte sich um ein Problem kümmern. Deine Eltern trafen sich. Aus Hass wurde schließlich etwas anderes – frag mich aber nicht, wie. Wahre Liebe.“ Sie sagte es sehr trocken und schien selbst nicht daran zu glauben. „Das Problem war, dass es verboten ist. Engel und Dämonen dürfen nicht auf diese Weise zusammen sein. Besonders nicht in der Welt der Menschen.“
„Warum nicht?“
Sie sah an mir herunter. „Weil es einen Preis für so eine unkontrollierbare und unnatürliche Leidenschaft zu zahlen gibt. Engel und Dämonen pflanzen sich nicht miteinander oder mit anderen fort. Anders jedoch in der Welt der Menschen. Wahre und leidenschaftliche Liebe spielt eine große Rolle in der Biologie. Du bist eine Anomalie, Samantha. Das unfassbar seltene Resultat einer verbotenen Affäre zwischen Engel und Dämon.“ Sie lächelte mich breit an. „Und du bist fantastisch, wenn ich das so sagen darf.“
„Ich bin eine Anomalie.“ Das war das gleiche Wort, was Bishop benutzt hatte, um die Quelle zu beschreiben, einen Dämon, der menschliche Seelen
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