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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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allerdings wirklich nicht. Aktien. Was ist eine Aktie denn schon? Ein Stück Papier und ein Versprechen? Aus dem gleichen Grund haben wir auch kein Papiergeld, wir geben uns nicht mit Dingen ab, die es nicht wirklich gibt. Wenn jemand investieren will, dann investiert er in das, was jemand in seiner Garage zusammenbaut. Wir haben unsere Lektion gelernt. Aber Dynastien haben wir auch – so heißen sie bei uns.«
    Noras Miene verdunkelte sich etwas. »Was musst du dann von mir halten? Ich gehöre nur wegen meines Vaters zur Oberschicht. Seine Taten haben dafür gesorgt.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Glaub mir, Nora, wenn ich dich für diese Sorte Mädchen halten würde, steckte ich nicht halb so tief in Schwierigkeiten, wie ich es tue. Und außerdem ist mir das alles nicht wichtig.«
    Sie überging meine Worte. Stattdessen sah sie weiter geradeaus. »Ich bin nämlich keine Prinzessin«, sagte sie nachdrücklich. »Ich bin launisch und ziemlich impulsiv und ich habe ernsthafte Probleme damit, den Mund zu halten.«
    »Und du bist offensichtlich auch ziemlich selbstkritisch.«
    Sie gab ein leises »Hmpf« von sich, als wollte sie damit ihre Aussage noch unterstreichen. Dann sah sie mich wieder an. »Du steckst in Schwierigkeiten?«
    Ich antwortete nicht. »Dann sind wir also vielleicht normaler, als du angenommen hast.«
    »Ja.« Nora zupfte an ihrem Rocksaum herum. »Und du hast recht. Ich habe bis jetzt nichts getan, was mich von den anderen unterscheidet, was mich hervorhebt. Aber es ist nicht leicht, etwas zu leisten, wenn einem niemand zuhören will, wenn einem niemand eine Chance gibt oder wenn sie dir einfach direkt ins Gesicht sagen: ›Nein, setz dich hin und halt den Mund. Sei eine Lady‹.«
    »Das glaube ich.« Ich musste einfach fragen. »Bist du Dick wirklich auf den Rücken gesprungen?«
    »Nein! Er hat sich weggedreht und da habe ich ihn geschubst.«
    »Gut gemacht!«
    Nora lachte so heftig, dass ihre Schultern unkontrolliert bebten. Dann bekam sie sich wieder in den Griff, atmete tief durch und strich sich über die Wange. »Du musst aufhören, dich mit mir zu unterhalten.«
    »Warum?«, fragte ich und verspannte mich etwas. Würde sie mich jetzt doch zum Teufel jagen?
    »Weil ich mich dann besser fühle. Und dann vergesse ich meine Wut. Aber ich muss wütend sein, wenn ich jemals irgendwas erreichen will.«
    Ich musste lächeln. »Darf ich dir Abendessen bringen? Wütend sein kannst du auch danach.«
    »Klar.« Sie schenkte mir ebenfalls ein kleines Lächeln. »Also, was tragen Punkmädchen denn nun eigentlich?«
    »Sie haben ähnliche Sachen an wie du jetzt. Bei manchen sind die Röcke auch länger.«
    »Und warum machst du dann so einen Aufstand darum, dass du meine Beine sehen kannst?«
    »Weil es da, wo ich herkomme, nicht viele Mädchen gibt.«
    »Hmm.« Was auch immer sie darüber dachte, sie behielt es für sich.
    Während ich sie zum Medizintrakt zurückführte, kam mir eine Idee. Ich brachte sie zum Quartier ihres Vaters und warf einen Blick auf den schweren, kupferlegierten und verzierten Computer auf dem Schreibtisch.
    »Nora?«
    »Ja?« Sie stellte gerade ihre Sense in einer Ecke ab.
    »Du hast doch heute dieses Zimmer hier aufgeräumt und geputzt und so. Hat dir irgendjemand gesagt, dass du den hier wegbringen sollst? Oder das Telefon?«
    Sie musterte den Computer und schüttelte den Kopf. »Nein, davon hat Elpinoy nichts erwähnt. Dann schlafe ich also ab heute hier? Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob ich das schon will.«
    »Wolfe hat mir befohlen, dich nicht in die Nähe eines Computers zu lassen. Aber er hat mir auch befohlen, dich hier einzuquartieren.« Ich ging zum Schreibtisch hinüber und drückte ein paar Tasten. Das Passwortfeld erschien auf dem Bildschirm. Ich drehte ihn zu ihr, um es ihr zu zeigen. »Na, so was, wie ist denn das passiert?«
    Nora ließ ihren Blick über das Eingabefeld schweifen. »Kennst du das Passwort?«
    »Nein«, antwortete ich.
    Sie nickte und dann breitete sich langsam ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Tja, dann fühle ich mich wohl doch sicher genug, um heute Nacht hier zu schlafen.«
    »Das höre ich gerne. Ich freue mich nämlich wieder auf mein Zimmer. In diesem Sinne gehe ich dann wohl mal los und hole dir was zu essen.«
    Während ich zur Tür ging, hörte ich, wie die Luft aus den gepolsterten Lederkissen von Dearlys Schreibtischstuhl entwich und Noras Finger über die Tastatur flogen. Wenn sie ihre Chance nutzte und sich ihren

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