Dark Love
lieber nicht allzu gut kennenlernen will. Wie dieser Streit gerade, den er ständig vom Zaun brechen muss. Und er sucht verzweifelt nach einer Freundin, Verzweiflung ist nicht besonders sexy … und, na ja, seine Sicht der Dinge ist einfach nicht gesund. Er überlebt zwar recht gut, aber er hat keine positive Einstellung. Und das wird nur noch schlimmer werden, je näher er seinem endgültigen Tod kommt.«
»Und was ist mit Mr. Merriweather?«
Renfield hob den Blick lange genug vom Boden, um ein trockenes »Nein« beizusteuern.
»Genau, auf keinen Fall«, stimmte Chas ihm zu. »Ren kommt nur auf Touren, wenn es um Schach, Bücher oder Maschinen geht. Mädchen machen ihn einfach nicht an.«
»Belesene Mädchen, die Schach spielen können, schon.«
»Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass ich einfach nicht verstehe, wie das läuft. Und du erklärst mir ja noch nicht mal, was ein Springer ist. Ich finde, das klingt einfach nach einem Grashüpfer oder so und ich kapier nicht, warum es dann wie ein Pferd aussieht.«
Ich fühlte Noras Blick auf mich gerichtet und sah sie fragend an. Sie fuhr sich mit einem Fingernagel über die Lippen. »Und Bram?«
Der Schreck traf mich wie ein Stoß vor die Brust. Sie hatte mich heute immer wieder berührt, mit mir gelacht, sich mir anvertraut und jetzt schlug sie vor, dass Chas mit mir ausgehen sollte? Hatte ich was nicht mitgekriegt?
Chas schüttelte den Kopf und grinste. »Nee. Bram ist zu sehr mit Warten beschäftigt.«
»Warten?« Nora ließ mich nicht aus den Augen. Vielleicht erwartete sie die Antwort von mir.
»Auf die Richtige«, sagte ich barsch.
»Und er hat da sehr genaue Vorstellungen, was das Äußere angeht«, stichelte Chas weiter. Ich packte ihr Handgelenk und drückte zu. Wehe.
Sie tat es trotzdem. »Aus irgendeinem Grund ist er ganz wild auf schwarze Haare. Tom steht mehr auf Beine … ab oder dran, egal. Aber Bram mag Haare.«
Mir schwirrten die unterschiedlichsten Möglichkeiten für die fachgemäße Entsorgung einer gewissen Zombielady durch den Kopf. Ich könnte sie erschießen oder den Schädel öffnen und ihr Hirn mit einem Handrührgerät verquirlen. Oder vielleicht doch lieber anzünden? Es dauerte eine Weile, bis ich bemerkte, dass Nora mich scheu anlächelte.
Ich ließ Chas’ Handgelenk los. Und beinahe auch meine Machete.
Dann sah Nora weg und eilte ein paar Schritte voraus, wobei sie sich mit vollem Körpereinsatz einen Weg durch das Gras bahnen musste.
»Punkt für mich«, wisperte Chas.
»Rauch, so viel du willst«, flüsterte ich zurück.
Den ganzen restlichen Tag über fühlte ich mich überraschend leicht. Normalerweise fühlte ich mich schwer und unbeholfen. Ich fühlte mich wie totes Gewicht. Aber heute war alles anders.
Nachdem wir wieder im Stützpunkt waren, machte sich Nora mit Renfield auf den Weg, um im Quartier ihres Vaters Ordnung zu schaffen – und vermutlich, um in der restlichen Zeit alles und jeden anzubrüllen, der ihr nicht bei der Informationsbeschaffung helfen wollte, Ren eingeschlossen. Tapferer Junge.
Ich für meinen Teil trainierte mit den übrigen Truppen im Westhof. Wir diskutierten Strategien und gingen verschiedene Formationen durch, für den Fall, dass auch wir in die Wildnis geschickt würden, um nach Dr. Dearly zu suchen. Ein paar Mal erblickte ich Wolfe, der am Rand der Gruppe stand und mich mit kalten, dunklen Augen beobachtete. Ich starrte unverwandt zurück, als wolle ich ihn herausfordern. Ich tat, was er befohlen hatte, auch wenn ich allmählich anfing, mich selbst dafür zu hassen.
Etwa eine Stunde vor dem Essen machte ich mich mit den Klingen auf meinem Rücken auf die Suche nach Nora. Ich fand sie im Medizintrakt auf einer Bank. Sie trug die Kleider, die Chas für sie ausgesucht hatte. Mit den Fingerspitzen hielt sie den Rocksaum über den Knien fest; Renfield starrte umsichtig an die Decke.
Als ich näher kam, sah sie auf und zog einen Schmollmund. Zufällig stolperte ich genau in diesem Moment über meine eigenen Füße. Auf dem restlichen Weg versuchte ich, den Zwischenfall irgendwie zu überspielen. »Was ist denn los?«
Sie sah weiter finster drein. »Ich habe ein Minus bekommen, Professor.« Ein neckisches Funkeln, das mir sehr gefiel, leuchtete in ihren Augen.
Langsam breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. »Was haben Sie denn angestellt, Miss Dearly?«
»Sie hat Elpinoy auf höchst spektakuläre Weise die Meinung gegeigt«, erwiderte Renfield. »Ich glaube
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