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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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Mal nahm sie ihn.
    Ich eskortierte sie zu der kleinen Holzkapelle, die sie interessiert betrachtete. Bald jedoch galt ihre gesamte Aufmerksamkeit den Katzen. Sie kicherte und hob dasselbe schwarze Junge hoch, das ich auch ein paar Tage zuvor gestreichelt hatte. »Ooooh!«
    Jakob erschien in der Tür und lächelte. Sein Gesicht wirkte noch etwas schlaffer als gewöhnlich. »Miss Dearly, willkommen.«
    Sie wandte sich zu ihm um. »Hallo.«
    »Das ist Vater Isley. Vater, würden Sie vielleicht diese Weihnachtsmesse-Sache für uns abhalten?«
    »Oh … nun, natürlich! Ich schätze, das ist schließlich meine Aufgabe!«
    Jakob führte uns hinein und wir setzten uns gemeinsam auf eine Bank. Seine Katzen folgten ihm, nur das schwarze Kätzchen schien lieber bei Nora zu bleiben. Sie streichelte und kraulte es ununterbrochen. Ich war etwas eifersüchtig.
    »Bitte entschuldigt«, sagte Jakob, während er versuchte, alles Nötige zusammenzusuchen. »Ich halte hier so selten Messen, dass ich immer aufräume, damit nicht irgendwann alles voller Katzenhaare ist.«
    Nora strich mit den Fingern über die Ohren des kleinen Schwarzen. »Sind das alles Ihre Katzen? Haben Sie denn keine Angst, dass jemand sie frisst?«
    Er hob den Kopf. »Nein. Es stimmt zwar, dass die Untoten jedes Tier reißen, wenn sie wirklich ausgehungert sind, aber wenn es irgendjemandem einfallen würde, eines meiner Tiere zu fressen, würde ich ihn zur Strecke bringen und dafür sorgen, dass sein endgültiger Übergang ins Jenseits von schrecklicher Qual und Angst begleitet wird. Und das mit Gottes Segen, wage ich zu behaupten. Das dürfte allgemein bekannt sein und meine Katzen daher sicher.«
    Nora lachte. »Ich glaube, diese Form der Religion gefällt mir.« Ihre Augen musterten die Kapelle, die grob geschnitzten religiösen Symbole und den Regenbogen, der an die Wand über dem Altar gemalt worden war. »Dann halten Sie also normalerweise keinen Gottesdienst ab?«
    »Nein.« Er fand die Monstranz und hievte sie auf einen Tisch. »Religion ist hier ein schwieriges Thema. Diejenigen, die aus einem Land kommen, in dem man Gottes Sohn verehrt, glauben, dass ihre Wiederauferstehung der seinen gleicht und dass sie hier sind, um einen göttlichen Auftrag zu erfüllen. Aber sie haben keine Ahnung, worin er bestehen soll, und so fühlen sie sich verloren. Einige verlieren ihren Glauben vollkommen, nachdem sie akzeptiert haben, dass sie ins Leben zurückgekehrt sind. Schließlich ist das nicht das Leben nach dem Tod, das ihnen versprochen worden ist, und doch sind sie definitiv mausetot.«
    Nora dachte darüber nach. »Aber Sie glauben trotzdem noch, dass es einen Gott gibt.«
    »Ich? Natürlich. Wie könnte ich nicht daran glauben? Wo ich den Beweis doch direkt vor Augen habe.« Jakob hob zwei seiner Katzen vom Altar, eine schwarzweiße und eine große schwarze. »Diese kleinen Wesen hier. Tiere nehmen Dinge wahr, die uns verborgen bleiben, wisst ihr. Drohende Erdbeben, aufziehende Stürme, sogar Seuchen. Und trotzdem sind sie hier, schlafen nachts, während meine Hand auf ihnen ruht und das Heben und Senken ihres Atems fühlt. Sie wissen , dass ich da bin, und doch schlafen sie einfach friedlich weiter. Vollkommenes Vertrauen! Wäre ich ein Monster, würden sie ohne Zweifel vor meiner Berührung zurückweichen. Das ist das tiefgründigste Beispiel göttlicher Gnade, das ich mir vorstellen kann, die bedingungslose Liebe, die diese Tiere jemandem … einem Ding wie mir entgegenbringen.« Er setzte die Katzen auf den Boden. »Wie könnte es also keinen Gott geben und wie sollte ich nicht versuchen, ein guter Mensch zu sein, solange ich noch einer bin?«
    Nora lächelte bei dieser Erklärung und sah mich an. »Und was ist mit dir?«
    »Ich glaube, wir sind alle aus einem bestimmten Grund hier, und manche sind es eben länger als andere«, erklärte ich.
    Sie nickte und spielte mit den Pfoten des Kätzchens. »Das denke ich auch.«
    Ich war dazu erzogen worden, Vertrauen in die guten Mächte des Universums zu haben, auch wenn meine Familie nicht allzu religiös war. Ich war froh darum. So konnte ich ohne Schuldgefühle bewundern, wie der Wein auf Noras Lippen glänzte, wie ihre Kehle sich bewegte, als sie das Brot schluckte, und wie hell ihre Stimme klang, als sie die üblichen Gebete nachsprach. Es gab auch so schon genug, für das ich mich schuldig fühlte. Dafür brauchte ich keinen Gott.

    Nach der Stegreifmesse trennten Nora und ich uns. Sie lächelte und dankte

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