Dark Love
und ich streckte sie ihm hin. Immerhin gehörte sie rechtmäßig ihm. Er schüttelte den Kopf und lachte. »Behalten Sie sie, mit meinen besten Wünschen. Und es ist eine neue Kompanie. Die 145ste.«
Das kam mir merkwürdig vor. »Noch eine neue Kompanie? Woher bekommen sie nur all die Soldaten? So viele sind wir doch gar nicht.«
Allister zuckte die Schultern. »Es gibt immer Landser, die sich gerne verpflichten. Und die Kommandanten – das sind die zweit- und drittgeborenen Söhne hochrangiger Familien.«
Natürlich hatte er recht. Die mittellosen Zweit- und Drittgeborenen. Nur der Erstgeborene konnte erben. Die jüngeren Söhne der Elite traten normalerweise der Armee bei oder wurden Geistliche.
Pamela verschränkte ihre Finger mit der Kordel ihrer Handtasche und sah Michael offen und sanft an. »Ich werde dafür beten, dass er gesund zurückkehrt.«
»Das werde ich auch«, stimmte ich ein.
»Ich danke Ihnen. Dann kann ich in Ruhe dafür beten, dass er, falls er in Bedrängnis gerät, den Punks wenigstens einen Haufen Schwierigkeiten macht.« Michael setzte sich wieder in Bewegung. »Als ob ihr letzter Angriff irgendeine Chance auf Erfolg gehabt hätte. Diese dreckigen Mistkerle. Keine Moral, keine Religion, kein Gedanke an die Zukunft ihres Volkes. Widerwärtig.«
Ich ging hinter den beiden her und schaffte es ausnahmsweise, meine Meinung für mich zu behalten. Es hatte immer schon Gerüchte gegeben. Man sagte, die Punks dürften mehr als eine Frau oder einen Mann heiraten. Man sagte, dass ihre religiöse Kost auch Käfer und interessant geformte Pilze beinhaltete. Man sagte, sie hielten okkulte Zeremonien ab, während derer sie ihre Kinder riesigen dämonischen Maschinen opferten. Alles blanker Unsinn.
»Also, Miss Dearly«, Michael drehte sich zu mir um und lief rückwärts weiter. Pamela beobachtete ihn über die Schulter. »Sie werden uns doch bei den Vorbereitungen für die Feier helfen, nicht wahr?«
Als ich den Mund öffnete, weiteten sich Pams Augen. »Wenn Miss Roe meine Unterstützung annehmen möchte«, antwortete ich. Pamelas Strahlen war die Demütigung durch Michaels selbstzufriedenes Lächeln wert.
»Ladys!«, rief Tante Gene von einer der vielen Türen des Herrenhauses. »Es ist Zeit. Wir müssen aufbrechen.«
»Ladys«, sagte auch Michael und verbeugte sich. Wir verabschiedeten uns und überquerten den Rasen. Ich griff nach Pams Hand. »Endlich können wir reden«, flüsterte ich ihr zu.
»Worüber denn?«, quietschte sie.
Ich seufzte. Anscheinend weilte sie an einem weit entfernten Ort.
»Beeilung, Mädchen«, drängte Tante Gene und scheuchte uns in Richtung Einfahrt.
»Warum?«, fragte ich misstrauisch.
»Wir haben noch viele Besuche vor uns.«
»Was?«
»Liebe Nichte, sicher verstehst du, dass unsere soziale Stellung nicht ganz so jämmerlich ist, dass wir in nur einem Haus erwartet werden.« Sie lächelte kalt.
Während wir ein weiteres Mal in die Kutsche kletterten, haderte ich wieder mit meinem Schicksal und überlegte, welche Rolle der Kabinenstift wohl darin spielen könnte. Vielleicht wäre es am besten, wenn ich ihn mir einfach in die Nase rammte. Wenn ich fest genug zustieß, konnte ich ihn mir vielleicht bis ins Hirn rammen. Ein passender Selbstmord für eine Schülerin.
»Die bringen Unglück, weißt du«, war Tante Genes Kommentar zu meiner Pfauenfeder, nachdem wir eine strahlende Pamela in der Stadt abgesetzt hatten. Den ganzen Tag über hatte ich keine Möglichkeit gehabt, allein mit ihr zu sprechen.
Na, wenn das kein Unglück war.
Abends lag ich im Nachthemd auf dem Bett meines Vaters und strich mit der Feder unter meiner Nase entlang. Die Lampen brannten und wieder war ich allein. Meine Tante war auf einen weiteren Ball gegangen und Matilda hatte sich den Abend regulär freigenommen, um sich mit ihrem aktuellen Verehrer zu treffen.
Ich schloss die Augen. Tante Gene war gestern erst sehr spät in der Nacht nach Hause gekommen und ich überlegte, ob ich mir nicht einfach ein paar Decken holen und im Arbeitszimmer meines Vaters schlafen sollte. Umgeben von seinen Besitztümern. Inmitten all der Bücher und Dinge, die ihm so viel bedeutet hatten. Ich sollte wohl besser aufstehen und es einfach tun, bevor ich hier einschlief. Den ganzen Tag lang waren wir von einem Haus zum nächsten kutschiert worden, wo wir dann lächeln, langweilige Hunde und Babys bewundern und allgemein gute Miene zu allem machen mussten. Ich war erschöpft. Diese falsche Schlange von
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