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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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erschienen darauf. Sie drückte auf einen davon und die sonnenförmigen Bildschirme entlang der Wände erhellten sich. Bisher hatten sie das gleiche Bild des Himmels gezeigt, das auch auf dem großen Schirm im Freien zu sehen war, jetzt war darauf der Schlussteil des allmorgendlichen Kinderprogramms zu sehen. Miss Jess Novio, die gefeierte Fernsehgouvernante, lenkte noch immer die Knirpse der Nation ab, damit ihre Nannys sich noch ein paar Augenblicke lang bei ihrem Tee erholen konnten.
    »Und so machen wir einen Knicks! Wir gehen in die Knie! Schön tief! «
    »Es gibt auf jeden Fall kein Video, das ich dir zeigen könnte, belassen wir’s dabei«, erwiderte ich. Ich hatte mich entschlossen, kein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren, was gestern Abend geschehen war, ob nun im Haus oder vorher auf der Straße. Bis jetzt war das noch immer mein Geheimnis und das sollte es auch bleiben.
    »Tja, ich werde nicht so tun, als wäre ich nicht ein bisschen enttäuscht«, sagte Pam, wobei sie ununterbrochen die Kanäle wechselte. Bei sich zu Hause hatte sie kaum Gelegenheit zum Fernsehen, also schaltete sie immer sofort unseren Apparat ein, wenn sie vorbeikam. Bei einem Sender, der Aufnahmen des kürzlich stattgefundenen Territorialen Golfturniers zeigte, hielt sie inne. »Dad ist ganz süchtig nach Golf. Gestern Abend hat er von nichts anderem geredet.«
    »Wie geht es deiner Familie?«, fragte ich und ließ mich auf das zu prall gestopfte Sofa fallen.
    »Sehr gut.« Pam drehte den Kopf und sah mich an. Ich wusste, dass sie mich noch eine ganze Weile lang im Auge behalten würde, also brachte ich zu ihrer Beruhigung ein kleines Lächeln zustande. »Oh, du kommst doch morgen Abend zu uns zum Essen, ja?«
    »Das wäre toll«, antwortete ich, während die Golfergebnisse über den Bildschirm flimmerten.
    »Aber, aber, junge Ladys, wisst ihr denn wirklich nichts Besseres mit eurer Zeit anzufangen?« Pamela und ich blickten auf. In der Tür stand Tante Gene, in einen Überwurf aus Shantung-Seide gehüllt.
    Pam erhob sich und machte einen respektvollen Knicks. Tante Gene nickte ihr huldvoll zu.
    »Wir haben noch nicht entschieden, was wir heute unternehmen wollen«, sagte ich knapp.
    »Oh! Ich dachte, wir könnten vielleicht in die Stadt gehen und einige Läden besuchen. Die Frühjahrsmode kommt schon herein«, sprudelte Pam hervor und setzte sich wieder. »Meine Mutter hat dieses Kleid für mich in Auftrag gegeben – gefällt es dir eigentlich? –, aber sie hat gesagt, ich könnte vielleicht noch eins haben.«
    Ich stürzte mich auf die Gelegenheit. »Und wie es mir gefällt, weißt du, es steht dir wirklich gut«, begann ich und hoffte, dass quirliges Mädchengeplapper meine Tante vielleicht verscheuchen würde.
    »Da habe ich eine bessere Idee«, unterbrach Tante Gene. Notgedrungen stellten wir unsere Unterhaltung ein und sahen sie an. Sie schenkte uns ein zuckersüßes Lächeln. »Warum begleitet ihr mich nicht zu den Allisters? Ich wollte mich gerade für den Besuch umziehen.«
    O nein, nicht die Allisters. Lord Allister zeigte einem jedes Mal aufs Neue mit Begeisterung seine Sammlung ausgestopfter Vögel. Lady Allister dagegen sagte kaum jemals ein Wort und gab einem das Gefühl, man würde sie beleidigen, wenn man nur nieste. Den Sohn konnte man bestenfalls als Langweiler bezeichnen. Im Vergleich mit ihm wirkten meine Lehrer wie außer Kontrolle geratene Irre.
    »Oh, wäre das denn möglich?«
    Ich warf Pam, deren Gesicht vor Begeisterung glühte, einen scharfen Blick zu.
    Tante Genes Lächeln wurde noch breiter. »Natürlich. Wartet hier auf mich.«
    Sobald sie uns den Rücken gekehrt hatte, schlängelte ich meine Hand über die schicken Sofakissen und griff nach Pams Arm. »Was? Warum zum Teufel willst du dich mit denen treffen?«
    Pam wand ihren Arm aus meinem Griff und rieb ihn vorwurfsvoll. »Falls es dir noch nicht aufgefallen ist: ihr Sohn Michael? Der ist echt süß.«
    Ich starrte sie an. »Ich glaube, die Abgase hier in der Stadt haben dir das Hirn vernebelt! Der ist so langweilig.«
    Sie winkte ab. »Ach was, er sieht gut aus, das reicht.« Sie blickte zur Decke.
    »Und außerdem, haben wir denn wirklich eine Wahl, wie es weitergehen soll?«
    Ihre Frage kam mir symbolisch vor. Ich fragte mich, ob sie über den heutigen Ausflug oder über etwas ganz anderes sprach.

    Eine halbe Stunde später saßen wir in Tante Genes Kutsche. Pam zupfte ununterbrochen an ihrem Hut herum und ich überlegte, ob ich mich wohl

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