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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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mit dem Eingabestift der Kabine umbringen könnte.
    Die Allisters lebten an der Oberfläche, etwa fünf Minuten vom Eingang der Elysischen Gefilde und zwanzig Minuten vom Stadtkern entfernt. Ihr Herrenhaus, Vermil Park, lag weitab von der Straße und wurde von einem verschnörkelten Messingzaun gesäumt. Vielleicht stand er ja unter Strom und ich könnte mich dagegen werfen …
    »Nun, Miss Roe«, warf Tante Gene ein, nachdem mehrere Minuten in Schweigen vergangen waren. »Wie geht es mit Ihren Studien voran?«
    Pamela hörte auf, an ihrem Hut herumzuzerren, und ließ die Hände in den Schoß sinken. »Sehr gut, Ma’am. Ich halte meine Noten und ich glaube, dass ich auch in diesem Jahr wieder an den Wettkämpfen im Bogenschießen teilnehmen kann … jedenfalls im ersten Teil des Jahres.«
    »Warum solltest du es auch nicht können?«, fragte ich sie, von ihren merkwürdigen Andeutungen aus meinen Tagträumen gerissen. »Du bist großartig. Du könntest es in die nationalen Meisterschaften schaffen. Du könntest einen Apfel vom Baum schießen.«
    Pamela räusperte sich. »Na ja, meine Mutter meint, dass sich ein Mädchen kurz vor ihrem Debüt nicht mehr mit solchen Dingen befassen sollte. Es gibt anderes, um das man sich Gedanken machen sollte, Dinge, die in der Zukunft wichtiger sein werden.«
    Mir war klar, dass man ihr das eingetrichtert haben musste. »Oh, komm schon .«
    »Ihre Mutter ist eine kluge Frau«, sagte Tante Gene, während ihre Augen langsam in meine Richtung wanderten. Ich saß da und starrte meine Freundin an. »Ihr seid beide in einem Alter, in dem solche Überlegungen den größten Teil eurer Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen sollten.«
    Ich ignorierte sie und sah Pam weiter ungläubig an. »Wann hat sie dir das gesagt?«
    Pams Blick ruhte auf dem verspiegelten Fenster. »Vor ein paar Wochen.« Sie klang ein bisschen steif, nur ein wenig. »Ich dachte, das hätte ich dir schon erzählt?«
    Daran konnte ich mich nicht erinnern. Wo war ich vor ein paar Wochen nur gewesen? Natürlich, ich hatte mir die Kriegshologramme meines Vaters in Endlosschleife angeschaut und mein Gesicht nachts in die Kissen gedrückt, bis meine Nase schmerzte.
    »Pam, ich …«
    »Zeigt eure besten Manieren, Mädchen«, warf Tante Gene ein, als die Kutsche abrupt abbog. Pam löste den Blick vom Fenster. Ein paar Sekunden lang sahen wir uns in die Augen – Sekunden, in denen ich versuchte, ihr telepathisch zu vermitteln, wie leid es mir tat. Dann konzentrierte sie sich auf ihre Handtasche. Ihre gute Laune schien etwas getrübt.
    Die Kutsche hielt an und Alencar half uns hinaus. Der Butler der Allisters wartete schon auf uns und begrüßte uns sofort, woraus ich schloss, dass unser Besuch angekündigt war. Vielleicht war heute Lady Allisters regulärer Besuchstag. Erleichterung überlief mich wie kühles Wasser. Das bedeutete, dass wir zwanzig Minuten bleiben würden, nicht länger. Das konnte ich ertragen. Höchstens eine halbe Stunde, dann würde ich Pam um Verzeihung bitten können.
    »Willkommen, Mrs.   Ortega.« Lady Allister erhob sich, um meine Tante zu begrüßen. Sie war eine kleine, teigige Frau mit krausen Haaren und trug grässliche Mengen von rosafarbenem Stoff.
    Pam und ich hielten uns schweigend im Hintergrund. Da noch keine von uns debütiert hatte, machten wir keinen »offiziellen« Besuch. Tante Gene musste uns nicht einmal vorstellen, wenn sie nicht wollte. Aber sie wollte. »Darf ich Ihnen meine Nichte, Miss Nora Dearly, und ihre Freundin, Miss Pamela Roe, vorstellen?«
    Wir knicksten. Lady Allister schenkte uns ein dünnes Lächeln. »Natürlich. Wie reizend. Bitte, setzen Sie sich.«
    Das taten wir.
    Und das Schweigen umfing uns.
    Es stand allein Lady Allister zu, die Unterhaltung zu führen, wenn ihr danach war. Wie üblich war ihr jedoch nicht danach. Aus vorangegangenen Besuchen wusste meine Tante, dass es keinen Sinn hatte, selbst eine Offensive in diese Richtung zu starten, und die Höflichkeit verbot Pamela und mir, es auch nur zu versuchen.
    Um nicht durchzudrehen, ließen wir unsere Blicke durch den Salon schweifen. Alle Stoffe waren in Erdbeertönen gehalten. Der Kamin war aus weißem Marmor und groß genug, um zwei Menschen der Länge nach aufgespießt darin zu rösten. Einige ausgestopfte Exemplare aus Lord Allisters Sammlung stachen deutlich hervor, es waren allesamt weiße Vögel – Schwäne und weiße Pfauen. Ein Teil seines Vermögens floss in ein großes Reservat für exotische Tiere

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