Dark Love
wie sie es jetzt ist. Haben Sie verstanden?«
»Verstanden, Sir.«
»Gut. Erwarten Sie mich in sechsunddreißig Stunden zurück. Bis dahin werde ich meine Zeit damit verschwenden, den Arsch der Welt nach ihrem Vater abzusuchen. Ich werde Kontakt mit Dr. Elpinoy halten. Griswold.«
Ich salutierte ein weiteres Mal und der Bildschirm wurde schwarz. Eine Reihe Lampen säumte die Wand unterhalb der genieteten Metalldecke. Sie erhellten sich nun automatisch und tauchten den Raum in ein sanftes Licht. Ich drehte mich noch immer nicht um, doch mein Rückgrat entspannte sich ein wenig. Ich hasste es, so vor Wolfe kriechen zu müssen, besonders, wenn jemand dabei zusah.
»Du weißt, dass er Scheiße redet, ja?«, meldete sich Chas zu Wort.
»Erstklassige Gourmetscheiße«, stimmte Coalhouse zu.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß. Aber wir müssen tun, was er uns befiehlt. Jedenfalls bis der Doktor wieder da ist.«
»Nein.«
Ich drehte mich zu Chas um. Sie fixierte mich mit ihren schwarzen Augen. Chas – die, wie sie behauptete, keinen Nachnamen hatte, weil »Chastity« als Vorname schon schlimm genug war – ist groß für ein Mädchen aus Kolumbien. Sie hat zotteliges, blond gefärbtes Haar und auf ihrer Haut, die einmal karamellfarben gewesen sein muss, liegt ein bläulicher Schatten. Der vordere Teil ihres Unterkiefers wurde während einer Schlacht vor einem Jahr schlimm zugerichtet und die Ärzte entschieden sich dafür, die zerstörten Zähne und Knochen durch eine Metallplatte zu ersetzen. Seitdem hat sie dort mehrere Zeichen hineingraviert, unter anderem eine gewundene, dornige Rose. »Das können wir seiner Tochter nicht antun, Bram. Sie kann doch nichts dafür. Sie verdient die Wahrheit.«
»Da stimme ich dir vollkommen zu, Chas«, erwiderte ich. »Aber das wäre eindeutig Insubordination.«
Chas fuhr aufreizend mit einem Finger am Kragen ihres T -Shirts entlang. »Ooh, was für ein langes Wort. Sag’s noch mal. Ich weiß zwar nicht, was es bedeutet, aber es klingt ja so schmutzig .« Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Ich unterdrückte es so gut wie möglich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Tom entkrampfte sein Genick, indem er den Kopf kreisen ließ. Tom ist klein, nur etwa 1,70 m, aber er ist stark. Als er noch in der Punkarmee diente, war er einer der Kanonenträger, was seine Arme immer noch klar beweisen. Seine Nase fehlt und um das unschöne, klaffende Loch zu verbergen, wurde ihm Haut von seinem Oberschenkel dorthin transplantiert. Dadurch hat er eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Hai, was von den dunklen Augen und dem kahlen Schädel noch unterstrichen wird. »Ja, wir müssen es ihr sagen. Sonst dreht sie noch durch und dann kriegen wir deswegen Ärger.«
»Und da Wolfe nicht hier ist, bist du hier im Moment der Hochrangigste«, ergänzte Coalhouse. Coalhouse ist schwarz. Aufgrund seines kräftigen Körperbaus macht er einen robusten Eindruck, was den Anblick seines verwesten Gesichts nur umso verstörender macht. Die rechte Seite, auf der ihm auch das Auge fehlt, ist knöcherner als die andere und es gibt kahle Stellen in seinem lockigen braunen Haar. »Du bist der Boss. Scheiß auf die Befehle. Situationen ändern sich. So was weiß man und passt sich an. Wir stehen hinter dir.«
»Da sind Coalhouse und ich zum ersten Mal einer Meinung«, warf Tom ein. »Aber falls es gleich Feuer regnet, mache ich mich vom Acker und überlasse euch Loser eurem Schicksal, klar?«
Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Heute bedeutete mir ihr Vertrauen viel. »Was sollen wir also mit ihr tun?«, fragte ich. »Ich bin offen für Vorschläge. Ich sage nicht, dass ich auch tue, was ihr vorschlagt, aber ich würde mir eure Ideen mal anhören.«
»Dein Zimmer«, Tom deutete auf mich.
Das hatte ich jetzt eigentlich weniger erwartet. »Was? Warum ausgerechnet mein Zimmer?«
»Wegen des Notfallplans.«
Sofort verstand ich, worauf Tom hinauswollte, und wenn ich so darüber nachdachte, gefiel mir diese Idee eindeutig besser als die von Wolfe. Für das Mädchen war es viel sicherer. Was für eine wunderbare Rechtfertigung. »Okay. Dann also mein Zimmer. Wir lassen sie zu sich kommen und sich ein bisschen sammeln. Wir sorgen dafür, dass sie sich etwas sicherer fühlt.«
»Genau«, sagte Chas, griff in die Tasche ihrer Cargohose und zog eine Zigarette samt Streichholz hervor. »Davon rede ich ja die ganze Zeit.«
Ich deutete auf mich. »Und was mache ich in der Zwischenzeit? Ein Zelt
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