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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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Ein paar von ihnen lungerten im Freien herum und nahmen Haltung an, als ich an ihnen vorüberging. Wären sie lebendig gewesen, hätte ich vielleicht angehalten und kurz mit ihnen gesprochen, aber Tote haben keine Moral, die man stärken konnte, sie kannten keine Loyalität, es hätte also keinen Sinn gehabt.
    »Es ist längst Zapfenstreich«, grollte ich, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. »Gehen Sie hinein.«
    »Sir«, erwiderte einer und klopfte seine Pfeife aus.
    Eine Verschwendung guten Tabaks. Verschwendung von Zeit, Verschwendung jeder Mühe und jedes Wortes. Die Toten sind eine einzige Verschwendung.
    Ich ging zum Kommunikationswagen hinüber und fegte das Moskitonetz zur Seite, das für mich über die Öffnung gehängt worden war. Drinnen saßen drei Zombies und behielten einige plastikgefasste Bildschirme im Blick, auf denen Symbole und Worte glühten. Sie standen auf, doch ich winkte ab, bevor sie salutieren konnten.
    »Lagebericht«, verlangte ich und sah Ben an, den Zombie, dem ich für die Zeit meiner Abwesenheit das Kommando übertragen hatte. Er war ein schlanker Mann mit aschgrauer Haut.
    »Gute Nachrichten, Sir«, antwortete er und lächelte breit. Seine Oberlippe fehlte, die Zähne darunter waren entblößt, was ihn zur schaurigen Karikatur der Grinsekatze machte. »Dr.   Dearlys Flugzeug ist offenbar abgestürzt. Aber es ist uns gelungen, die Koordinaten zu ermitteln.«
    Ich gestattete mir ein kurzes Aufatmen. Endlich. Ich zog mein digitales Notizbuch aus dem Gürtel und reichte es ihm. »Gut. Notieren Sie sie hier.«
    Ben nickte und griff nach einem Eingabestift. »Wie lauten Ihre Befehle, Sir?«, fragte er, während er schrieb.
    »Na, was denken Sie denn? Lassen Sie uns doch einfach kurz annehmen, Sie könnten denken.«
    Er schloss das Notizbuch und gab es mir zurück. »Nun ja, Sir, ich nehme an, wir sollten weiterhin die Funkwellen beobachten und nach weiteren feindlichen Nachrichtenübertragungen vom Anführer der Grauen suchen.«
    Ich warf einen Blick auf die Koordinaten und unterdrückte den Impuls, die Faust triumphierend in die Luft zu stoßen. Stattdessen gab ich mir Mühe, meine Stimme zunehmend entnervter klingen zu lassen. »Nein. Nein, nein, nein. Genau das ist der Grund, warum ich herkommen und Ihre Kompanie übernehmen musste, bevor noch jemand ernsthaft verletzt wird.« Ich sah auf den Toten hinab, der mich mit diesem schwerfälligen, dumpfen Blick beäugte, den so viele von ihnen aufwiesen. »Unser erstes Ziel ist es jetzt, den Doktor ausfindig zu machen. Nachdem Sie hier aufgeräumt haben, werden Sie ihn suchen. Ich werde Sie noch einen weiteren Tag begleiten. Dann kehre ich zum Stützpunkt zurück.«
    »Sir.« Ben salutierte.
    Ich verließ den Wagen, das Notizbuch in der Hand. Es fühlte sich an wie eine Fahrkarte in die Freiheit. Der Trottel hätte an keinem besseren Ort abstürzen können.
    Ich schaltete die kleine Lampe an meinem Gürtel an und rannte fast zu meinem Zelt.
    Dort angekommen, tastete ich mich durch das Halbdunkel zu dem Koffer, der am unteren Ende meines Feldbettes stand. Darin war ein kleinerer Koffer verborgen, der eine altmodische Funkausrüstung enthielt.
    Mein Herz hämmerte. Ich schlug nach einem Moskito, dem es irgendwie gelungen war, in meinen Kragen zu kriechen, und knöpfte meine Weste auf. Mit zwei Fingern fuhr ich in die schmale Tasche, die an die Innenseite genäht worden war, und zog ein weiteres Stück Papier hervor. Eine lange Zahlenreihe war darauf notiert. Man hätte sie fälschlicherweise für eine Liste mit Wett-Tipps halten oder vielleicht einfach als unwichtig abtun können, da sie handschriftlich und nicht digital aufgezeichnet worden war.
    Alles in allem war ich diese Nacht ein gutes Stück weitergekommen.
    Na, dann los .

Immer wieder erklärte ich Gott, dass ich seinen Namen niemals wieder entweihen und an jedem Sonntag wie ein braves Mädchen in die Kirche gehen würde, wenn er mich nur wieder hier herausholte.
    Und dann dachte ich leider doch wieder »O Gott« und rannte zur Toilette, um mich zu übergeben. Dieses Mal deswegen, weil mein Hirn endlich registriert hatte, dass meine Hände sorgfältig bandagiert worden waren.
    Es war also wirklich passiert.
    Die Toten hatten mich danach wieder zusammengeflickt.
    O Gott.
    Sie waren tot. Mausetot. Sie waren verwest und schrecklich und nur noch Schädel und gebleckte Zähne und … tot. Immer, wenn ich die Augen schloss, sah ich ihre Knochen, ihr fahles Fleisch.
    Wie es sich

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