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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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alle Riegel vor, wenn Sie sich so fürchten. Von außen kann man sie nicht öffnen, das ist also kein Trick und wir haben keine Zweitschlüssel oder so.«
    Schnell tat ich es, schob Riegel vor und hakte Ketten ein. Ich trat von der Tür zurück, da ich automatisch annahm, er würde es überprüfen. Er tat es nicht.
    Ein paar Augenblicke schwiegen wir, bis ich die Stille brach und mit der ausgesuchten Liebenswürdigkeit eines elitären Schulmädchens flötete: »Sie alle leiden sicher an einer schrecklichen Krankheit und ich versichere Ihnen, dass ich nichts als tiefes Mitgefühl für Sie empfinde. Wenn Sie mich gehen lassen, werde ich einen Wohltätigkeitsbasar organisieren, wie Sie noch keinen erlebt haben. Er wird, wie unsere Vorfahren zu sagen pflegten, epische Ausmaße haben.«
    Ich hörte hektisches Geflüster, bevor Bram antwortete: »Ähm, danke, Miss, aber wir sind schon tot.«
    Ich biss mir auf die Lippe. Meine Fassung bröckelte zusehends.
    »Und wir können Sie nicht einfach gehen lassen. Wenn wir das tun, werden die anderen Sie wieder überfallen. Sie verstehen nicht …«
    Ich hörte ihm nicht länger zu, ging zum Bett zurück und gestattete mir, dort zusammenzubrechen.
    »Little one, I was so gloomy,
    Felt that life sure would undo me,
    Till, one day, you happened to me,
    My little one.
    Little one, no controvery,
    You’re my downfall, you’re my Circe.
    I’m a good guy, show me mercy.
    My little one.«
    Als ich zum zweiten Mal erwachte, hörte ich die Stimme von Bing Crosby, einem historischen Sänger, dessen Hologramm ich aus dem Geschichtsunterricht kannte.
    Ich fragte mich, ob man wohl erst eine Lizenz zum Verrücktwerden beantragen musste, ob es da vielleicht ein Seminar gab oder ob man eines Tages einfach loslegen konnte.
    Ich saß auf und rieb mir die brennenden Augen. Es war noch immer dasselbe Zimmer. Nur die Musik war neu – und der Zettel, der vor der Tür auf dem Boden lag.
    Ich glitt vom Bett, tappte hinüber und hob die Nachricht auf. Bevor ich sie auffaltete, hielt ich kurz inne und lauschte. Ich konnte das Kratzen und Leiern der prädigitalen Aufnahme hören, aber es sang auch jemand mit leiser Stimme mit. Es war Bram. Anscheinend musste er da draußen Wache halten oder so.
    Die Nachricht stammte von ihm.
    Miss Dearly, ich werde draußen warten, wenn Sie die Tür nicht öffnen wollen. Aber wenn Sie dazu bereit sind, möchte ich Ihnen ein Spiel vorschlagen. Sie können mir jede Frage stellen, die Sie möchten, und ich werde sie wahrheitsgemäß beantworten. Wenn Sie sich nach der Antwort ein wenig sicherer fühlen, zeigen Sie sich erkenntlich, indem Sie eines der Schlösser öffnen. Ich werde spielen, um mein Zimmer zurückzubekommen, und Sie werden spielen, um sich sicher genug zu fühlen, um es zu verlassen.
    Oh, und noch was: Würden Sie bitte meinen Wecker aufziehen?
    Captain Abraham Griswold
    Die Musik wechselte zu »Pennies from Heaven«. Bram sang weiter, ohne einen Takt auszulassen. Er war ziemlich gut.
    Ich wollte wirklich nicht darüber nachdenken, dass ein Toter eine schöne Stimme hatte.
    »Magst du diese Musik?«, fragte ich und hoffte, er würde sie ausschalten.
    Es entstand eine Pause. »Ist das Ihre erste Frage?«, wollte er dann wissen.
    »Sicher.« Ich fühlte mich leicht überdreht. Ich war leer geweint und müde, meine Hände schmerzten und allmählich hielt ich das alles hier nur für eine verrückte Halluzination.
    »Ja. Es wird nie wieder jemanden geben wie Bing Crosby, Fred Astaire oder Johnny Mathis. Wenn es für jemanden ein Leben nach dem Tod hätte geben sollen, dann für sie. Aber hauptsächlich singe ich, um meine Stimmbänder zu dehnen. Die allzu Stillen können irgendwann nur noch grunzen und seufzen.«
    Er stellte die Musik ab und Stille breitete sich aus. Ich revanchierte mich, indem ich die Kette eines Schlosses löste. Dieses eine hatte er sozusagen geschenkt bekommen, jetzt konnte ich wohl zu den wichtigeren Fragen übergehen. Ich kam gleich zur Sache. »Wenn du tot bist, warum können wir uns dann unterhalten?«
    Ich hörte seine Kleider rascheln, als er sich vor der Tür für die Antwort bereit machte. Auch ich glitt langsam an der Tür hinab und setzte mich.
    »Es ist eine Krankheit. Ihr Vater hat sie das Lazarus-Syndrom genannt und die meisten von uns ziehen diese Bezeichnung vor. Sie klingt ein wenig würdevoller als viele der anderen. Einige nennen sie auch einfach nur das Z.«
    Verwirrt runzelte ich die Stirn. »Du meinst … mein Vater hat

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