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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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zu zähmen.
    »Passen Sie auf … es ist so. Ein lebendiger Mensch braucht gewisse Dinge. Er braucht Nahrung und Wasser. Wenn er diese Dinge nicht hat, wird er zu einem wilden Tier, egal für wie zivilisiert er sich hält. Wenn er diese Dinge nicht bekommt, verliert er den Verstand. Er wird andere töten und bestehlen. Das ist sein Instinkt. Es ist schwer, sich an gutes Benehmen zu erinnern, wenn man schrecklichen Hunger leidet.
    Tja, und ich brauche auch gewisse Dinge. Ich brauche Flüssigkeit, weil ich austrockne. Bei jeder Bewegung zerstöre ich das Gewebe meines Körpers ein bisschen mehr, deshalb lechze ich nach Proteinen, obwohl ich sie nicht mehr verwerten kann, um meinen Körper wieder aufzubauen. Und die Prionen in meinem Hirn lechzen nach neuen Wirten und geben das an meine Synapsen weiter, was mich etwas bissiger macht als früher. Kurzum, ich kehrte mit einem brennenden Verlangen nach heißem, pulsierendem Fleisch zurück. Wie jeder Teenager, alles klar?«
    Ich zuckte zurück und floh von der Tür zur anderen Seite des Zimmers. »Hör auf! Hör auf! «
    Er musste gehört haben, dass der Klang meiner Stimme sich entfernte, denn er rief mir beschwichtigend zu: »Miss Dearly, Sie sind immer noch eingeschlossen! Herrje, ist schon gut! Hören Sie einfach weiter zu, in Ordnung?«
    Mir kam ein schrecklicher Gedanke. »Haben die Monster noch jemanden erwischt? In der Stadt, meine ich. Meine Freundin Pam wird … oh, sie ist bestimmt schon ganz krank vor Sorge …«
    »Nein, nein. Soweit ich weiß, haben wir alle erledigt. Glauben Sie mir, das war auch meine erste Sorge. Würden Sie sich jetzt bitte wieder beruhigen?« Er klang sowohl entnervt als auch … verzweifelt?
    Zum Teufel mit seiner Verzweiflung. Er hatte ja keine Ahnung, was Verzweiflung war.
    »Ich lasse mir von einem kranken, verrottenden Menschenfresser nicht sagen, dass ich mich beruhigen soll!«, kreischte ich.
    »Ich bin kein Menschenfresser!« Jetzt klang er wütend. »Ich habe nie Menschenfleisch gekostet, okay? Ihr Vater hat mich gefunden, bevor es so weit kommen konnte!«
    Ich atmete tief durch.
    Als er wieder sprach, konnte ich hören, dass er direkt vor der Tür stand. »Durch die Behandlungen, die Dr.   Dearly entwickelt hat, funktionieren wir weiter. Unser Körper bleibt genauso intakt wie unser Verstand. Es ist nicht ganz leicht, das zu erklären, ohne es Ihnen zeigen zu können, aber ich versuch’s mal. Ich esse Tofu , okay? Köstlichen Tofu. Und hurra, da habe ich meine Proteine. Ich kann sie zwar nicht verwerten, aber es stillt die Gier. Außerdem werden wir jeden Tag gewartet. In dieser Einrichtung steht eine kleine medizinische Armee parat, die nichts anderes zu tun hat, als uns aufzurüsten. Es ist ein bisschen wie in einer Autowerkstatt. Rein physikalisch sind wir also im Topzustand. So gesund, wie Tote nur sein können. Und wir sind geistig stabil. Wir müssen uns nicht allein durchschlagen. Wir sind nicht verloren und verwirrt. Wir wissen genau, was wir sind.«
    Bram verstummte. Er schien zu ahnen, dass ich das alles erst mal verdauen musste – haha. Also schlich ich langsam wieder zur Tür und suchte Halt bei dem Gefühl meiner nackten Füße auf dem harten Boden, während ich meinen Verstand diese Informationen verarbeiten ließ.
    Er war ein Monster. Er schien klar denken und Gefühle empfinden zu können. Ganz normale Gefühle wie Verärgerung und Belustigung. Er war schlagfertig. Und obwohl er ungeduldig klang, war mir doch klar, dass er einiges an Geduld aufbringen musste, um so lange vor der Tür seiner störrischen Gefangenen auszuharren.
    Aber er war ein Monster.
    Und ein Teenager?
    »Wie alt bist du?«, fragte ich.
    »Mit sechzehn bin ich gestorben. Das ist allerdings schon zwei Jahre her.«
    Ich war überrascht. »Für jemanden, der schon zwei Jahre lang tot ist, siehst du wirklich gut aus.«
    Er lachte laut. »Dank Ihres Vaters. Aber Sie haben schon recht, die anderen, die Sie heute Nacht gesehen haben, sind nie in den Genuss unserer Technologie gekommen. Ein Hoch auf die Steuergelder.«
    Ich zögerte einen Moment, dann löste ich ein weiteres Schloss.
    »Danke«, sagte er, als er das Klacken vernahm.
    »Aber keine Fragen mehr.« Meine Stimme klang heiser.
    »Drei ist schon besser, als ich es für die erste Runde erwartet habe. Ach ja, haben Sie die Uhr aufgezogen?«
    Ich blickte auf den Nachttisch, auf dem ein Messingwecker stand. »Sie steht auf Viertel nach drei. Morgens?«
    »Oje, nein, es ist schon fast fünf.

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