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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neslihan Dadas
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gesehen, wie er sich im Club während der Arbeit nackt ausgezogen hat. Das tat er, wie er immer behauptete, nur nach Feierabend in irgendwelchen Hotelzimmern, nachdem sich seine Gäste durch den Alkoholrausch kaum noch auf Beinen halten konnten.
    Bitteschön. Er reichte der Kellnerin das Geld und erhob sich. Ich tat es ihm gleich und hob meine Handtasche vom Boden auf, um sie mir über die Schulter zu streifen. Gerade, als ich mich bei ihm wie normalerweise auch einhaken wollte, da räusperte er sich auf einmal scharf. Ein kurzer Blick in sein Gesicht verriet mir, dass seine Wut nicht mir, sondern der Kellnerin galt, die ihn erwartungsvoll anschaute.
    Könnte ich bitte das Rückgeld jetzt haben?
    Sie erstarrte, ehe ihr Atem auch schon flacher wurde. Empört klappte ihr die Kinnlade hinunter. Solche Barbies wie sie erwarteten schließlich von den Gästen, dass diese ihnen das Rückgeld schenkten und ihnen sogar noch dazu Trinkgeld gaben. Es war bloß gut, dass mein bester Freund schwul war. Ich war die einzige Frau, mit der er sanft sprach. Alle anderen gingen ihm furchtbar auf die Nerven, weil sie versuchten sich an ihn ranzumachen.
    Die Kellnerin dachte wahrscheinlich jetzt, dass ich seine Freundin sei, denn sie zog die Nase für einen Augenblick kraus und kramte dann sein Rückgeld hervor, um es ihm zu reichen. Er riss es ihr schon beinahe aus der Hand und zog mich aus dem Cafe hinaus. Ich sog auf der Stelle die frische Morgenluft ein, die mir jedoch Gänsehaut bereitete. Es war überraschend kühl heute. Gerade als ich anfing zu bedauern, dass ich mich hätte wärmer anziehen sollen, da legte mir Guztavol auch schon seine eigene Jacke über die Schultern.
    Hier, nimm.
    Wird dir nicht kalt? fragte ich ihn zweifelnd, woraufhin er den Kopf schüttelte und auf seinen hellbraunen Pullover deutete.
    Der ist aus reiner Schafwolle, Schätzchen.
    Na, wenn du meinst... Ich lächelte breit und zog sie richtig an, um mich auch schon gleich einzukuscheln. Er hatte sie schließlich bereits ein wenig vorgewärmt.
    Wir gingen die Straße entlang und begannen nach einiger Zeit darüber zu sprechen, dass ich unbedingt mal wieder zu ihm nach Hause kommen sollte, weil seine Mutter mich ziemlich vermisse.
    Diese Frau war die beste Köchin, die ich kannte. Ich hatte bisher nirgendwo so köstliches Essen wie bei ihr gegessen. Ich scherzte nie, wenn ich ihr ins Gesicht sagte, dass sie ihr eigenes Restaurant eröffnen soll. Leider behauptete sie ständig, zu so etwas Großem nicht in der Lage zu sein. Nur ihre Lähmung stand ihr seit Jahren im Wege. Es machte nicht nur Guztavol traurig sie so zu sehen, sondern auch mich. Sie verstand sich sehr gut mit meiner Mutter und sie besuchten sich auch normalerweise oft gegenseitig, doch in der letzten Zeit hatte sich meine Mutter ziemlich zurückgezogen. Sie verließ das Haus nur noch zum Einkaufen und zur Arbeit.
    Kaum fiel mir das auf, da blinzelte ich auch schon irritiert. Ging es ihr etwa nicht gut? Hatte sie große Probleme? Steckte sie ernsthaften Schwierigkeiten?
    Entsetzt über mich selbst schüttelte ich schnell meinen Kopf. Seit wann machte ich mir denn Sorgen um sie? Sie konnte bestimmt ganz gut alleine auf sich selbst aufpassen. Dafür brauchte sie mich sicherlich nicht. Ich würde mich wahrscheinlich nie überwinden und sie fragen, ob alles in Ordnung war. Vielleicht trauerte sie ja still in sich hinein, weil sie genauso wenig wie ich den Tod meines Vaters verkraften an.
    Ich hatte schon oft darüber nachgedacht, sie danach zu fragen, aber irgendetwas hat mich bisher immer aufgehalten. Eigentlich dürfte doch nichts dagegen sprechen. Es wäre doch selbstverständlich, wenn wir uns einmal gemeinsam ins Wohnzimmer setzten und gemeinsam trauerten. Irgendwie sehnte ich mich ja doch danach. Zugeben würde ich das jedoch niemals freiwillig.
    Makayla! riss mich plötzlich jemand abrupt aus den Gedanken, sodass ich erschrocken zusammenzucken musste.
    Überrascht stellte ich fest, dass Guztavol nun gar nicht mehr an meiner Seite war und ich mich ebenso wenig auf der Straße befand. Stattdessen stand ich vor der Tür des Hochhauses, in dem ich wohnte. Ein paar Autos rasten an mir vorbei, während der Wind meine Haare durcheinander wirbelte. Wann war mein bester Freund gegangen? Hatte er sich verabschiedet? Was habe ich ihm gesagt? Habe ich überhaupt etwas gesagt? Wieso hatte ich nicht gespürt, wie er seine Jacke von meinen Schultern genommen hat? Warum hat er mich einfach alleine gelassen?

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