Dark one 01 - Blind Date mit einem Vampir-neu-ok-06.12.11
ich die
ganze Zeit zappelig und nervös dasaß. Das merkwürdige Gefühl, dass etwas
Unheilvolles auf mich zukam, wurde immer stärker.
Plötzlich
sah ich vor mir, wie eine schattenhafte Gestalt durch den Wald pirschte, und
nahm den Geruch von Kiefern so intensiv wahr, dass es mich in der Nase
kitzelte.
Ich
blinzelte, um das Bild zu vertreiben, rieb mir den Nacken und versuchte, mich
auf Arielle zu konzentrieren.
„... war
sehr schön, aber kaum waren wir dort angekommen, gab es einen grausigen Mord im
Nachbarort und die Heidelberger Polizei sperrte einen Tag lang sämtliche
Straßen.“
„Oh, ein
Mord“, raunte Roxy. „Wie aufregend! Hat euch die Polizei in die Mangel
genommen?“
Mit einem
Mal ergriff mich eine düstere Vorahnung, die so intensiv war, dass mir fast die
Luft wegblieb.
Ich sah mich
um und versuchte festzustellen, ob mich jemand beobachtete - vielleicht löste
das diese Beklemmung bei mir aus - , aber niemand schaute in unsere Richtung.
Womöglich war ich einfach nur müde von der langen Zugfahrt.
„In die
Mangel genommen? Na ja, sie wollten wissen, ob wir die Ermordete vorher schon
mal gesehen haben.“ Arielles Stimme wurde immer leiser und sie spielte verlegen
mit ihrem Bierglas herum.
„Und kanntet
ihr sie?“, fragte Roxy gespannt.
Arielle
schluckte und hielt ihren Blick gesenkt. „Ja, sie war ein paar Tage zuvor auf
dem Markt gewesen“, sagte sie, ohne aufzusehen. „Ich hatte ihr die Karten
gelegt.“
„In der
Woche sind wahnsinnig viele Leute auf den Markt gekommen, Arielle“, erklärte
Tanya schroff.
„Ich habe
dir doch schon gesagt, dass du dich nicht schuldig fühlen musst!“
„Aber ich
habe die Gefahr nicht vorausgesehen“, begann Arielle zu wimmern und in ihren
blassblauen Augen standen plötzlich Tränen. „Ich habe es nicht erkannt. Ich
habe gar nichts gesehen und ließ sie ohne jede Warnung gehen!“
Tanya beugte
sich vor und Roxy drückte sich gegen die Lehne ihres Holzstuhls, um ihr Platz
zu machen.
„Du ... hast
... nichts ... Unrechtes ... getan!“ Die Worte klangen wie Peitschenhiebe und
lenkten mich für einen Augenblick von dem bedrohlichen Gefühl ab, von
Finsternis umhüllt zu werden.
„Ich weiß,
das hast du schon oft gesagt, aber ich hätte es kommen sehen müssen ...“
Arielle nahm ihre Serviette und trocknete ihre Tränen.
Tanya
schnauzte ein paar Sätze in einer Sprache, die ich nicht verstand. Was immer
sie gesagt hatte, es zeigte Wirkung: Arielle nickte, murmelte eine
Entschuldigung und fasste sich wieder. Roxy begann sofort, sie zu trösten,
legte einen Arm um die junge Frau und tätschelte ihr beschwichtigend die
Schulter.
„Man lernt
wirklich nicht jeden Tag jemanden kennen, der einem Mordopfer die Tarotkarten
gelegt hat!“, bemerkte ich heiter, erntete für meine Bemühungen jedoch wieder
nur giftige Blicke von Roxy und Tanya.
„Es war ja
nicht nur die eine“, sagte Arielle und putzte sich die Nase. „In Le Havre wurde
eine Frau ermordet, kurz nachdem wir abgereist waren, und vor drei Monaten eine
in Bordeaux - weißt du noch, Tanya? Sie hatte in der Woche davor einen
Liebestrank bei dir gekauft. Wir haben ihr Foto in der Zeitung gesehen. Sie war
das letzte Opfer, doch dann kam Heidelberg.“
Der Raum
versank in einem grauen Strudel und ich sah plötzlich erstaunlich klar das Bild
eines Mannes vor mir. Er war schwarz gekleidet, seine Gesichtszüge blieben im
Dunklen, während er mit langen, energischen Schritten durch einen finsteren
Wald wanderte. Der Wind pfiff ihm um die Ohren und er wurde von einem inneren
Drang angetrieben, den ich nicht richtig einzuordnen wusste. Es zog mich zu ihm
hin, dann wurden wir eins, bis ich sogar spürte, wie das Blut durch seine Adern
strömte und sein Atem durch seine Lippen entwich. Er marschierte mit einer
Arroganz auf die Stadt zu, die von einem jahrhundertelangen Dasein zeugte. Ich
sah mit seinen Augen die Lichter der Stadt hinter den Kiefern aufblitzen, und als
sich sein Atem beschleunigte und er die Luft tief einsog, um die Gerüche der
Stadt einzufangen, atmete auch ich schneller. Die Bilder strömten von seinem
Kopf in meinen. Er dachte an Menschen, an warme, lebendige Menschen, von deren
Blut eine Verlockung ausging, dem er nicht widerstehen konnte. Er sprang über
einen Entwässerungsgraben und erklomm behände und kraftvoll einen Hügel am
Stadtrand. Seine Muskeln und Sehnen bewegten sich anmutig und effizient. Der
Geruch von Blut stieg uns immer deutlicher in die Nase und ließ
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