Dark one 03 - Kuesst du noch oder beisst du schon- neu-ok
sie tatsächlich
interessierte.
„Macht es
Ihnen etwas aus, über Ihre Vergangenheit zu reden? Nicht über... den Unfall,
sondern darüber, wie Sie herausgefunden haben, dass Sie eine Bannwirkerin sind?
Was hat Sie dazu gebracht, diesen Fluch brechen zu wollen?“
„Ja“, sagte
ich nur, rieb mir die Arme und blickte stur aus dem Fenster. „Es macht mir
etwas aus.“
„Verstehe.
Soll ich Ihnen dann vielleicht von Damian erzählen?“
„Erzählen
Sie, so viel Sie wollen.“
Und das tat
Melissande auch. Auf der dreistündigen Fahrt ins mittelmährische Hügelland
erzählte sie mir so ziemlich alles, was es über Damian zu wissen gab - von der
Zeit, als er laufen lernte, bis hin zu der wichtigen Frage, was er sich zu
Weihnachten wünschte.
„Das ist
überaus faszinierend - ich glaube nicht, dass mir die Sauberkeitserziehung
eines Kindes jemals so anschaulich näher gebracht wurde -, aber leider geht
daraus nicht hervor, warum ein Dämonenfürst einen kleinen Jungen entführen sollte,
in diesem Fall den Sohn eines Vampirs. Ich nehme an, es hat etwas mit seinem
Vater zu tun?“
Je bergiger
die Landschaft wurde, desto öfter musste Melissande schalten. „Saer glaubt,
dass es eigentlich um ihn geht und Damian nur als Köder dient.“
„Das ergibt
Sinn: Der Bösewicht hält den Sohn gefangen und lässt den Vater nach seiner
Pfeife tanzen. Und warum hat Asmodeus es auf Saer abgesehen?“
„Saer denkt,
dass Asmodeus gar nicht derjenige ist, der ihn vernichten will. Seiner Meinung
nach ist Adrian der eigentliche Strippenzieher.“
„Und wer ist
bitte dieser Adrian?“
Melissande
sah mich kurz aus den Augenwinkeln an.
Ihr
Mienenspiel sprach Bände, wie ich mit Interesse feststellte.
„Er ist der
Verräter“, sagte sie schließlich, ohne den Blick von der Straße zu wenden. „Er
ist ein Dunkler, der schon viele von unseren Leuten an Asmodeus ausgeliefert
hat.“
„Ausgeliefert?
Und was kann ein Dämonenfürst einem Vampir antun, der ohnehin schon verdammt
ist?“
Sie
erschauderte unwillkürlich. „Das wollen Sie gar nicht wissen.“
Das Grauen,
das aus Melissandes Stimme sprach, war noch überzeugender als ihre Worte. Ich
bekam eine Gänsehaut und rieb mir die Arme. „Okay, da haben wir also diesen
Adrian, der seine eigenen Leute ans Messer liefert, und der hat es auf Saer
abgesehen. Warum?“
Es kam mir
so vor, als hielte Melissande mit irgendetwas hinter dem Berg. Dass sie nicht
recht mit der Sprache herauswollte, war jedenfalls ziemlich offensichtlich. „Saer
ist der Meinung, das Ganze habe mit einem Ring zu tun, der seinem Besitzer große
Macht verleiht. Auf den soll es der Verräter abgesehen haben.“
„Ein Ring,
sie zu knechten, sie alle zu finden?“, fragte ich und warf einen Blick in den
Seitenspiegel, um zu prüfen, ob wir zufällig von irgendwelchen Zauberern oder
Hexenmeistern auf weißen Pferden verfolgt wurden.
„Nein, mit
Tolkien sind Sie auf der falschen Fährte“, entgegnete Melissande. „Wie Saer
sagte, war der Ring einst in Asmodeus' Besitz, und wenn er dem Verräter in die
Hände fällt, ist die Welt der Unsterblichen vom Untergang bedroht.“
„Aha, so ein
Ring.“ Ich schürzte die Lippen. „Ich nehme an, Saer versucht zu verhindern,
dass der Verräter ihn findet, und deshalb wird sein Sohn als Geisel
festgehalten?“
„Damian wird
definitiv als Geisel festgehalten“, bestätigte Melissande.
„Der arme
Junge“, sagte ich und bekam Gewissensbisse. Ich hatte am eigenen Leib erfahren,
was die einem Fluch innewohnende Macht eines Dämonenfürsten anrichten konnte,
und wollte mir gar nicht vorstellen, welche Höllenqualen ein Kind, selbst wenn
es unsterblich war, in seiner Gewalt leiden musste.
„Die Frage
ist zwar äußerst unerquicklich, aber können Dunkle wie Ihr Bruder außer durch
die Macht eines Dämonenfürsten auch noch auf andere Art getötet werden?“
„Ja“,
antwortete Melissande knapp. „Wie Sie vielleicht ahnen, ist Damian wie ein Sohn
für mich. Ich sehe ihn nicht so oft, wie ich gern würde, aber ich werde alles
tun, um ihn wohlbehalten zurück zubekommen. Seine Mutter lebt in England, und
er ist zur Hälfte bei ihr und zur Hälfte bei seiner Familie hier bei uns.“
„Hmm...“ Wir
hatten die Hauptstraße verlassen und holperten eine lange, kurvenreiche
Seitenstraße entlang, die durch einen hohen Nadelwald führte. Von den dunklen
Bergen ging etwas Erdrückendes, Unheilvolles aus. Ich dachte über Melissandes
Worte nach. Obwohl ich
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