Dark one 04 - Vampir im Schottenrock-neu-ok-07.12.11
Sie
fertig?“, fragte Caspar höflich und schnippte ein nicht vorhandenes Staubkorn
von seinem Knie.
„Entschuldigen
Sie, ich wollte Sie nicht unterbrechen. Bitte fahren Sie fort. Das ist äußerst
interessant“, sagte ich und errötete leicht, weil ich mich ertappt fühlte.
Caspar
lächelte, und wenn ich sterblich gewesen wäre, hätte mich dieser Anblick ein
paar Jahre meines Lebens gekostet. „Ich habe es versäumt, dir dazu zu
gratulieren, dass du deine Geliebte gefunden hast, Paen. Glückwunsch!“
So leicht
ließ Paen sich nicht einwickeln. „Sag schon, was genau hast du uns vorenthalten?“
„So
energisch, so direkt und unverblümt“, sagte Caspar, und das unheimliche Lächeln
spielte immer noch um seine Lippen. Irgendetwas an ihm hatte sich verändert,
seit ich ihn zuletzt gesehen hatte. Er hatte einen relativ netten, wenn auch
etwas nervigen Eindruck auf mich gemacht, aber nun konnte ich die finstere
Macht spüren, die er ausstrahlte. Es knisterte und knackte regelrecht rings um
ihn, als wäre er elektrisch aufgeladen. „Ihr passt gut zusammen, finde ich. Die
Information, die ich dir, und auch Ihnen, Miss Gösse, vorenthalten habe,
betrifft die Herkunft der Statue.“
Ich dachte
an unsere letzte Begegnung zurück. „Sie sagten doch, sie sei als Auftragsarbeit
von einem chinesischen Künstler angefertigt und später vom Kaiser an Marco Polo
verschenkt worden.“
„Und so war
es auch. Aber derjenige, der die Statue in Auftrag gab ... nun, ich komme nicht
umhin, es Ihnen zu enthüllen: Derjenige, der die Statue in Auftrag gab, war
niemand anderer als ich.“
Na, das war
allerdings eine Überraschung. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber ich
wäre nicht im Traum darauf gekommen, dass Caspar vor Urzeiten den Anstoß zur
Erschaffung dieser Statue gegeben hatte. „Also war es ursprünglich Ihre Statue
... Aber ...!“ Ich kramte in meiner Erinnerung. „Sie haben doch gesagt, die
Statue stellt Sun Wukong dar, den Affengott.“
„Ganz recht,
das tut sie“, entgegnete Caspar.
Als ich ihn
ansah, empfand ich ein Gefühl der Bedrohung, das so intensiv wurde, dass es
sich auf Paen übertrug. Er nahm meine Hand und streichelte meine Finger mit dem
Daumen.
Stimmt
etwas nicht, Liebes?
Eine
ganze Menge. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
„Und Sie
sagten, dass derjenige, der die Statue in Auftrag gab, der Gott des Todes war.“
Paens Daumen
erstarrte. Die Verkehrsgeräusche vor den Fenstern schienen abzuebben, bis es
draußen genauso still war wie in dem Raum, in dem wir saßen.
„So ist es“,
sagte Caspar nach einer kurzen Pause, und nur die kaum merkliche Zuckung über
dem rechten Auge verriet, wie wenig es ihm gefiel, dass ich so ein gutes
Gedächtnis hatte.
„Du bist Yan
Luowang, der Gott des Todes?“, fragte Paen.
„Das ist
einer meiner Namen.“ Caspar machte eine verächtliche Handbewegung. „Aber ich
habe lange keinen Gebrauch von ihm gemacht.“
„Sie sind
ein Totengott“, sagte ich verblüfft. „Ein chinesischer Gott des Todes.
Ein
richtiger, waschechter Gott. Des Todes.“
„Der Gott
der fünften Hölle, wenn ich mich recht erinnere“, sagte Paen leise zu mir,
bevor er Caspar ins Visier nahm. „Aber du hast mir gesagt, du wärst ein
Alastor. Wie kannst du beides sein?“
Caspars
Schulterzucken hatte etwas Elegantes an sich. „Man erreicht den Gipfel der
Göttlichkeit nicht, ohne sich diese Position verdient zu haben. Ich habe mich
natürlich hochgearbeitet. Ich begann als Sterblicher, wurde aufgrund der
Einmischung eines rachsüchtigen Gottes Alastor und stieg schließlich zum Gott
des Todes auf. Ehrlich gesagt klingt das viel beeindruckender, als es
tatsächlich war.“
In diesem
Moment hatte ich eine Erleuchtung. Ich hätte sie gern meinem messerscharfen Verstand
zugeschrieben, aber vermutlich waren doch meine Elfenanteile dafür
verantwortlich, dass ich plötzlich über das Offenkundige hinausblickte. „Sie
sind auch Oriens, nicht wahr? Sie sind der Dämonenfürst, der die Statue haben
will.“
Sein
Augenlid zuckte zweimal, bevor er seine Nerven unter Kontrolle bekam.
„Wie
scharfsinnig von Ihnen. Ich sehe, ich habe Sie unterschätzt, meine liebe Miss
Cosse.“
Paen erhob
sich langsam. Er glühte vor Zorn und wollte auf Caspar losgehen, um ihn dafür
zu bestrafen, dass er seine Mutter bedroht hatte. Das konnte ich natürlich
nicht zulassen, denn Caspar war verdammt mächtig, auch wenn er nicht so aussah.
Ich hielt Paen am Arm fest. Er fluchte
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