Dark one 05 - Vampire sind zum Kussen da-neu-ok-08.12.11
und kämpfte gegen die Gefühle an, die in mir tobten. „Diese
Prüfung kann gar nicht tödlich sein. Das ist nur eine Illusion, wie so viele
andere Dinge auch.“
Die Dinge,
die du für Illusionen gehalten hast, haben sich alle als real erwiesen,
argumentierte mein Verstand. Warum sollte es in diesem Fall anders sein?
„Die Zeit
läuft!“ „Ja, ja!“
Die Felsen
mit den drei furchtbaren Gestalten ragten bedrohlich vor mir auf. Angriff ist
die beste Verteidigung, dachte ich.
„So schlimm
seid ihr gar nicht!“, schrie ich den dreien entgegen. Ich schlang die Arme um
meinen Körper und zwang mich, auf sie zuzugehen. „Ihr denkt, ihr macht mir
Angst, aber das könnt ihr vergessen! Ich bin nämlich viel tougher, als ich
aussehe!“
Je näher ich
kam, desto furchterregender wirkte die Felsenlandschaft. Ich keuchte vor
Anstrengung, so sehr musste ich gegen den Brechreiz ankämpfen, während mein
Gehirn meinen Selbsterhaltungstrieb beschwor und mich dazu bewegen wollte, das
Weite zu suchen. Das ignorierte ich jedoch, so gut es ging. Ich lief weiter,
bis mich nur noch wenige Meter von den Felsen und den Hashmallim trennten. Die
verschwommenen schwarzen Figuren flimmerten, und ab und zu waren gequälte
Gesichter zu erkennen, die jedoch sogleich wieder verschwanden.
Ich wollte
am liebsten weglaufen, so schnell mich meine Beine trugen. Ich wollte mich
schreiend auf der Erde zusammenrollen. Ich wollte, dass sich der ganze Spuk in
Luft auflöste.
Ich wollte
Theo.
Die
Hashmallim versperrten mir den Weg in den Felsenkreis.
„Was mache
ich jetzt?“, rief ich dem Jungen zu.
„Geh einfach
zwischen ihnen hindurch in die Mitte!“
„Einfach was?“, schimpfte ich vor mich hin und steuerte mit eiserner Entschlossenheit auf
das vor mir liegende Grauen zu, obwohl meine Füße am liebsten den Rückwärtsgang
eingelegt hätten. „Das ist alles andere als einfach! Ich bezweifle, dass es
dieses Wort hier überhaupt gibt!“
Ich machte
noch einen Schritt. Der Hashmal, der mir am nächsten war, schien noch größer zu
werden und flößte mir Angst, Abscheu, Grauen und hundert andere Gefühle ein,
sodass ich mir ernsthaft wünschte, tot zu sein.
„Ich habe,
glaube ich, vergessen zu erwähnen, dass nur diejenigen, die eine reine Seele
haben, an den Hashmallim vorbeikommen“, rief der Junge mir zu, doch ich konnte
ihn kaum noch verstehen, weil der Wind immer stärker wurde. „Diejenigen, die
keine reine Seele haben ...“
„Du liebe
Zeit, hättest du mir das nicht früher sagen können?“ Ich zitterte so sehr am
ganzen Körper, dass ich mit den Zähnen klapperte, als ich tief Luft holte und
zurückschrie: „Was ist mit ihnen?“
„Sie bleiben
hier.“
Tausend
Sünden kamen mir in den Sinn. Dinge, die ich in meinem Leben getan hatte und
auf die ich nicht stolz war: angefangen damit, dass ich mein Lieblingsspielzeug
nicht mit meiner Sandkastenfreundin hatte teilen wollen, bis hin zu Theos
Seelenverlust. Wurde ich nun dafür zur Rechenschaft gezogen? Der Gedanke, bis
in alle Ewigkeit an diesem Ort zu bleiben, war so entsetzlich, dass er mich
beinahe in die Knie zwang, aber in dem Moment, als ich dachte, ich würde es
nicht schaffen, an den drei Hashmallim vorbeizugehen, tauchten Bilder von Theo
vor meinem geistigen Auge auf: Theo, wie er über einen dummen Witz lachte,
Theos vor Erregung angespanntes Gesicht kurz vor dem Höhepunkt, Theo, wie er
schläfrig und zufrieden neben mir lag. Er sah so hinreißend aus, dass mir die
Tränen in die Augen stiegen.
Wenn ich
versagte, würde ich ihn niemals wiedersehen.
Theo liebte
mich. Das wusste ich. Ich spürte es, wenn sein Bewusstsein ganz zärtlich mit
meinem Kontakt aufnahm. In diesem Moment wusste ich ebenso sicher wie ich
wusste, dass die Greisen-Zatsepin-Kuzmin-Grenze bei fünf mal zehn hoch neun
zehn Elektronenvolt lag, dass ich Theo mit jeder einzelnen Faser meines Körpers
liebte. Und es war doch sicherlich nicht möglich, jemanden so ganz und gar und
so bedingungslos zu lieben, wenn man nicht ein paar positive Eigenschaften
hatte, oder?
Ich hob den
Kopf, straffte die Schultern, richtete den Blick fest auf den ersten Hashmal
und tat den schwersten Schritt, den ich je in meinem Leben gemacht hatte.
„Ich bin
kein schlechter Mensch. Ich habe ein paar Dinge in meinem Leben getan, die ich
bedaure, aber ich bin nicht böse. Ich misshandele weder Tiere noch Kinder. Ich
stehle nicht, gebe mir Mühe, nicht zu lügen, und töte nur richtig fiese
Insekten, die mich
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