Dark one 06 - Ein Vampir kommt selten allein-neu-ok-08.12.11
Sonnenaufgang
finde.“ Sie drückte mir die Hand. „Danke, dass Sie so gut auf den Stein
aufgepasst haben, Pia. Sie sind wahrhaftig vom Licht gesegnet.“
„Vielen Dank“, entgegnete ich und fragte mich, ob ich damit
meine gute Tat für diesen Tag erledigt hatte. Als ich mir jedoch überlegte, was
ich an diesem Abend alles angestellt hatte, bezweifelte ich das irgendwie. „Viel
Glück und alles Gute! Ach ja, die Geister! Zwei sitzen da hinten in der Ecke.
Karl und Marta. Soll ich Sie mit Ihnen bekannt machen?“
„Nein, nein, ich werde mich um sie kümmern, sobald ich bei
der Bruderschaft war. Möge das Licht immer mit Ihnen sein“, sagte sie, winkte
mir zum Abschied und eilte hinaus in die Dämmerung.
Ich schaute in die Ecke, wo die Geister gesessen hatten, als
wir ins Café gekommen waren, aber dort waren sie nicht mehr. Ich fragte mich,
ob sie das Warten vielleicht aufgegeben hatten, befand aber dann, dass dies nun
Annikis Problem war.
Ich verließ das Café und dachte über die Dinge nach, die sie
mir erzählt hatte.
Dabei musterte ich verstohlen die Leute, die am Rand des
Marktplatzes entlang schlenderten, auf dem immer noch kräftig getanzt wurde.
Vampire!
Mitten unter uns! Unfassbar!
„Pia! Was für ein Glück!“
Überrascht drehte ich mich um. Die Stimme kam mir bekannt
vor.
„Hier drüben!“
Ich bekam sofort schlechte Laune, als ich Denise erblickte,
die sich einen Weg durch die Menge bahnte und einen Mann mit schütterem Haar
und Schnauzer hinter sich herschleifte. In seinen Augen lag ein Ausdruck der
Verzweiflung, und er hatte mein ganzes Mitgefühl. „Das ist Sven. Oder Lars.
Oder so.“
„Oskar“, sagte der Mann und schenkte mir ein mattes Lächeln.
„Freut mich.“
„Immer noch allein?“, fragte Denise und sah sich suchend um.
„Ach, das ist aber wirklich schade.“
Ich verkniff mir jeglichen Kommentar und lächelte nur. „Das
ist auch besser so, denn ich bin furchtbar müde. Ich glaube, ich gehe ins
Hotel.“
„Die Nacht ist noch jung“, entgegnete Denise, packte Oskar
mit beiden Händen und zog ihn an sich. „Aber geh nur. Wenn ich an deiner Stelle
wäre, würde ich mich wohl auch lieber zurückziehen.“
Ich lächelte ihr Opfer teilnahmsvoll an und dachte mit
Freude daran, wie ihr das hämische Grinsen vergehen würde, wenn sie von den
beiden Männern wüsste, mit denen ich die vergangene Stunde verbracht hatte -
ganz zu schweigen von Mattias' merkwürdigem, aber offenbar doch ehrlich
gemeintem Heiratsantrag.
„Da bist du ja! Wir haben dich schon überall gesucht! Willst
du zufällig auch ins Hotel?“ Jemand fasste mich am Arm, aber längst nicht so
unbarmherzig wie Kristoff.
Magda tauchte aus der Menge auf, mit gerötetem Gesicht und
funkelnden schwarzen Augen. Direkt hinter ihr war Raymond, und die Vorfreude,
die man von seinem Gesicht ablesen konnte, war ein deutlicher Hinweis darauf,
wie er sich das Ende dieses Abends vorstellte.
„Ja, genau. Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen müde.“
„Dann können wir uns ein Taxi teilen. Falls man überhaupt
eins bekommt“, sagte Magda lachend und zog mich in Richtung Straße. „Ich
glaube, ganz Island ist heute Abend hier auf diesem Platz versammelt!“
„Die ganze Stadt auf jeden Fall“, pflichtete Raymond ihr
bei. „Ich will mal sehen, ob ich den Damen ein Transportmittel besorgen kann.“
Magda warf ihm eine Kusshand zu, hakte sich bei mir unter
und schlenderte mit mir am Rand des Platzes entlang. Ich hörte nur mit halbem
Ohr hin, als sie mir ausgelassen erzählte, wie viel Spaß sie mit Ray gehabt
hatte, denn ich musterte die ganze Zeit die Leute ringsum, entdeckte jedoch
niemanden, der nach einem blutrünstigen Vampir aussah.
Während uns das Taxi, das Ray besorgt hatte, in den höher
gelegenen Stadtteil brachte, wo sich unser Hotel befand, grübelte ich über die
Ereignisse des Abends nach. Einmal dachte ich, wir seien an der Straße
vorbeigekommen, die zu der Kirche führte, in der ich vorher gewesen war, doch
sicher war ich nicht, denn ich hatte gar nicht genau auf den Weg geachtet. Ganz
abgesehen von der Tatsache, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Magda
redete praktisch in einem fort, und glücklicherweise genügten schon die
knappsten Antworten, um das Gespräch in Gang zu halten.
„.. wirklich außergewöhnlich! Ich hätte nie gedacht, dass es
so etwas Schönes in einem Land gibt, in dem man nur Eis und Schnee vermutet.
Besser konnte ich mein Geld gar nicht anlegen!“, schwärmte
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