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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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auf dem Boden und konnte sich nicht mehr rühren.
    »Hier«, sagte Runner und schmatzte mit den Lippen. »So gut wie neu.«
    Zwischen meinen zwei mädchenhaften Fingern saß ein knolliger großer Zeh, mit nachlässigen, dicken Stichen festgenäht, und auf einmal stand Runners Freundin Peggy neben uns und sagte: »Schätzchen, ihre Mom ist nicht hier, weißt du noch, wir haben sie umgebracht.«
    Da schlug sich Runner mit der flachen Hand gegen die Stirn, wie jemand, der vergessen hat, im Supermarkt Milch zu kaufen, und sagte: »Stimmt ja! Stimmt! Ich hab alle Mädchen gekriegt, nur Libby ist mir entwischt.« Blinzelnd standen wir da, und die Luft wurde dick. Runner ging zurück zu dem Pferd und holte die Schaufel, die sich in eine Axt verwandelt hatte.
    Ich warf mich im Bett herum, um wach zu werden, und schubste dabei mit einem Arm meine Nachttischlampe herunter. Als ich mich nach der auf der Seite liegenden Lampe umschaute, sah ich, dass es draußen eben erst zu dämmern begann, und fragte mich, ob die Glühbirne wohl ein Loch in den Teppich brennen würde. Jetzt war es Morgen, und ich konnte mich immer noch nicht bewegen.
    Aber in Bens Zimmer hatte das Licht gebrannt. Mein erster richtiger Gedanke: In jener Nacht hatte das Licht in Bens Zimmer gebrannt, und jemand hatte sich da drin unterhalten. Ich wollte nicht mehr daran denken, aber ich kam immer wieder darauf zurück. Warum sollte ein wahnsinniger Mörder in Bens Zimmer gehen, die Tür zumachen, das Licht anknipsen und anfangen zu plaudern?
    In Bens Zimmer hatte Licht gebrannt. Vergessen wir den ganzen anderen Quatsch: den rachsüchtigen Lou Cates, den verschuldeten Runner, die Schlägertruppe, die Runner eine Lektion erteilen wollte, indem sie seine Familie ermordete. Vergessen wir das Brüllen, das ich gehört hatte, die Stimme, die – na gut – vielleicht nicht die von Ben gewesen war. Aber er war nicht zu Hause gewesen, als wir ins Bett gegangen waren, und als ich aufwachte, brannte das Licht. Ich erinnere mich an die Erleichterung, die ich empfand, weil Ben wieder zu Hause war, weil Licht in seinem Zimmer brannte und der Streit zwischen ihm und meiner Mom zumindest für den Augenblick erledigt war, weil das Licht brannte und er hinter seiner verschlossenen Tür redete, vielleicht an seinem neuen Telefon, vielleicht auch nur mit sich selbst. Aber das Licht brannte.
    Und wer war Diondra?
    Ich bereitete mich darauf vor, das Bett zu verlassen, schlug die Decke zurück und zog das muffig-feuchte Laken, das grau war von meinem Körper, zur Seite. Ich überlegte, wann ich das letzte Mal mein Bettzeug gewechselt hatte. Solche Sachen lernte man nicht. Heutzutage bezog ich das Bett wenigstens frisch, wenn ich Sex gehabt hatte, aber das machte ich erst seit ein paar Jahren, weil ich es im Fernsehen in einem Film gesehen hatte, in irgendeinem Thriller mit Glen Close. Sie hatte gerade Sex gehabt und wechselte die Laken, an den Rest erinnerte ich mich nicht mehr, weil ich nur dachte: Oh, anscheinend wechseln die Leute ihre Laken, wenn sie Sex hatten. Das erschien mir einleuchtend, aber ich war noch nie auf die Idee gekommen. Ich war ziemlich unzivilisiert aufgewachsen und größtenteils auch so geblieben.
    Ich stand auf, stellte die Lampe endlich auf den Nachttisch zurück, wanderte umständlich ins Wohnzimmer, schlich mich zum Anrufbeantworter, ganz unauffällig, ohne mir anmerken zu lassen, dass es mich interessierte, ob ich eine Nachricht hatte. Ich hätte auch pfeifen und vor lauter aufgesetzter Sorglosigkeit die Füße schwenken können –
alles normal, ich geh nur ein bisschen spazieren
. Keine Diane. Vier Tage waren seit meinem Anruf vergangen, und keine Diane.
    Na ja, kein Problem. Ich hatte ja noch andere Verbindungen zu meiner Familie.
     
    Diesmal wartete Ben auf mich, als ich ankam, und ich entdeckte ihn, bevor ich mich richtig darauf vorbereitet hatte. Er saß stocksteif auf dem Stuhl hinter der Scheibe, die Augen ins Leere gerichtet, eine Schaufensterpuppe im Overall. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, das dürfte er mir nicht antun, weil es mich gruselte, aber ich sagte lieber nichts dergleichen, denn warum sollte es mich gruseln, wenn nicht deshalb, weil ich doch noch nicht so ganz an seine Unschuld glaubte.
    Was vermutlich stimmte.
    Ich setzte mich auf den Stuhl, der noch feucht war von jemand anderem, und die Wärme fühlte sich in dieser Umgebung anstößig intim an. Eine Weile rutschte ich mit dem Hintern hin und her, nahm die Sitzfläche

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