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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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und ihr die Augen auskratzen würden.
    »Es tut mir leid, es tut mir leid«, rief Patty in den Raum, verzweifelt, schwindlig. »Es ist alles ein Missverständnis, es tut mir so leid.«
    Dann stand plötzlich Lou Cates vor ihr, packte sie am Arm, als hätte er sie nicht gerade eben erst hereingebeten, und drängte sie, begleitet vom Gebrüll der vier Mädchen, zur Tür. Überall waren Mütter und Väter, Erwachsene, die sich um ihre Kinder kümmerten, und Patty kam sich entsetzlich dumm vor. Nicht albern, nicht verlegen. Nein, einfach dumm, unverzeihlich dumm. Sie hörte, wie die Eltern ihren Töchtern Dinge zuflüsterten wie:
Braves Mädchen, alles ist okay, alles in Ordnung, die Frau geht jetzt, du bist in Sicherheit, wir sind ja da, alles wird wieder gut, keine Angst, Baby
.
    Kurz bevor Lou Cates sie aus dem Haus warf, drehte Patty sich noch einmal um und sah Krissi Cates in den Armen ihrer Mutter. Durch den blonden Haarvorhang hindurch sah das Mädchen Patty an und sagte: »Ben kommt in die Hölle.«

Libby Day
    Jetzt
    I ch hatte den Auftrag, Runner zu finden, aber plötzlich war all meine fieberhafte, ehrgeizige Aktivität der vergangenen Woche verbraucht, und nichts ging mehr. Ich kam einfach nicht aus dem Bett, nicht mal, als ich die Kinder in ihrem schläfrigen Gänsemarsch an meinem Fenster vorbeigehen hörte und sie mir mit ihren großen Gummistiefeln vorstellte, die rundliche Fußspuren im Märzmatsch hinterließen. Aber ich konnte mich nicht rühren.
    Ich war aus einem unangenehmen Traum erwacht, einem von diesen Träumen, nach denen man sich einredet, dass sie nichts zu bedeuten haben, dass sie einen nicht zu beunruhigen brauchen, weil es doch nur ein Traum war, nur ein Traum, weiter nichts. Am Anfang war ich wieder auf der Farm, aber es war nicht wirklich unsere Farm, es war alles viel zu hell, viel zu ordentlich, aber sie war es irgendwie trotzdem. In der Ferne, am orangefarbenen Horizont, sah ich Runner auf unser Haus zugaloppieren, johlend wie ein Wildwest-Cowboy. Als er näher kam – unseren Hügel hinunter, durch unser Tor –, sah ich, dass der Galopp eigentlich eine wacklige, holprige Bewegung war, denn sein Pferd hatte Räder. Seine obere Hälfte war ein richtiges Pferd aus Fleisch und Blut, aber der untere Teil bestand aus Metall, dünn wie ein Klinikbett. In Panik wieherte das Pferd mich an, und sein muskulöser Hals versuchte verzweifelt, sich von dem Metall darunter loszumachen. Schließlich sprang Runner ab, die Kreatur rollte davon, ein Rad war bereits kaputt, ein beunruhigender Einkaufswagen in Tierform. Bei einem Baumstumpf kam das seltsame Halbwesen zum Stehen, seine Augen wurden weiß, und es versuchte immer noch, sich auseinanderzureißen.
    »Keine Sorge«, grinste Runner. »Ich hab es bezahlt.«
    »Dann hast du aber ein schlechtes Geschäft gemacht«, sagte ich.
    Runner biss die Zähne zusammen und rückte mir wie üblich viel zu dicht auf die Pelle.
    »Deine Mom hat gesagt, es ist gut«, murmelte er.
    Stimmt
, dachte ich,
meine Mom lebt
. Der Gedanke fühlte sich richtig an, massiv wie ein Stein in meiner Tasche. Meine Mom lebte – wie dumm ich gewesen war, dass ich all die Jahre etwas anderes geglaubt hatte.
    »Du solltest lieber erst deine Hand in Ordnung bringen«, sagte Runner und deutete auf meinen Ringfingerstummel. »Ich hab dir was mitgebracht, hoffentlich gefällt es dir besser als das Pferd.« Dabei hielt er ein fadenscheiniges Samtsäckchen in die Höhe, wie man es bei Scrabble benutzt, und schüttelte es ausgiebig.
    »Oh, ich mag das Pferd«, sagte ich und versuchte, meine Feindseligkeit zu überwinden. Inzwischen hatte das Pferd sein Hinterteil vom Metall losgerissen, und sein Blut, ein fleischiges rotes Öl, floss auf den Boden.
    Schließlich drehte Runner das Säckchen um und schüttete acht oder neun Finger heraus. Doch jedes Mal, wenn ich einen aussuchte, der so aussah, als könnte er mir gehören, merkte ich, dass er nicht passte – ein kleiner Finger, ein Männerfinger, ein Finger in der falschen Farbe oder der falschen Größe.
    Runner sah mir zu und verzog den Mund. »Jetzt entscheid dich endlich, ja? Kann doch nicht so schwer sein.«
    Also nahm ich einen Finger, der eine vage Ähnlichkeit mit dem besaß, den ich verloren hatte, und Runner nähte ihn an meiner Hand fest, während das zerrissene Pferd hinter uns brüllte, eine Frauenstimme, voller Wut und Angst. Runner schleuderte eine Schaufel auf das Wesen, und es zerbrach in zwei Stücke, lag pulsierend

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