Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
wenn er jemals herausfände, dass sie ihr Versprechen gebrochen hätte, würde er sie aus dem Haus schleifen und ihr eine Kugel in den Kopf jagen. Ihr Dad war in Vietnam gewesen, so redete er eben, aber Diondra nahm das, was er sagte, sehr ernst, und deshalb plante sie lieber nichts in puncto Baby. Ben machte Listen mit Dingen, die sie vielleicht brauchen würden, und kurz vor Weihnachten kaufte er sogar einen Stapel mit gebrauchten Babysachen auf einem Flohmarkt in Delphos. Es war ihm todpeinlich gewesen, deshalb hatte er der Frau einfach das ganze Bündel für acht Dollar abgekauft. Es war Unterwäsche in verschiedenen Größen, jede Menge gerüschte Unterhöschen – die Frau hatte sie Schlüpferchen genannt –, was ja in Ordnung war, denn Kinder brauchen ja in jedem Alter Unterwäsche. Ben verstaute die Sachen unter seinem Bett, und er war wieder mal froh, dass er das Schloss an seiner Zimmertür angebracht hatte, denn er konnte sich nur allzu gut vorstellen, dass die Mädchen die Sachen fanden und klauten, was ihnen passte. Sicher, es stimmte wahrscheinlich, dass er nicht genug an das Baby und die Zukunft dachte, aber Diondra dachte noch wesentlich weniger daran.
»Ich finde, wir sollten weg aus der Stadt«, sagte Diondra jetzt, völlig überraschend, das Gesicht halb von den Haaren verdeckt, Bens Hand noch auf den Bauch gepresst. In ihr tobte das Baby herum, als wollte es einen Tunnel graben. Diondra drehte sich ein Stückchen zu ihm, und eine ihrer Brüste rutschte träge auf seinen Arm. »Ich kann das hier nicht mehr lange verstecken. Meine Eltern können jeden Tag nach Hause kommen. Bist du eigentlich sicher, dass Michelle nichts davon weiß?«
Ben hatte ein Briefchen von Diondra aufgehoben, in dem sie ihm geschrieben hatte, wie scharf sie auf ihn war und wie sehr sie Sex mit ihm haben wollte,
jetzt sofort
, und das hatte Michelle, naseweis, wie sie war, gefunden, als sie einmal seine Jackentaschen durchwühlt hatte. Das kleine Luder hatte ihn erpresst –
zehn Dollar, sonst sage ich es Mom
–, und als Ben es Diondra erzählt hatte, war sie sofort an die Decke gegangen.
Deine verdammte kleine Schwester kann uns jeden Moment verpfeifen, findest du das in Ordnung? Alles deine Schuld, Ben. Du hast es versaut
. Diondra war völlig besessen von der Idee, dass Michelle irgendwie an den beiden Wörtern – »jetzt sofort« – erkennen würde, dass sie schwanger war, und dann waren sie erledigt,
wegen einer blöden Zehnjährigen, echt perfekt!
»Nein, sie hat nichts mehr davon gesagt.«
Das war eine Lüge, denn gerade gestern hatte Michelle ihn angesehen, mit den Hüften gewackelt und mit pseudolasziver Stimme gefragt: »Hey, Beee-een, wie geht’s denn mit dem Seee-ex?« Aber sie hatte ihn mit anderen Dingen erpresst – Dinge, die er nicht erledigt hatte, Essen, das er aus dem Kühlschrank geklaut hatte. Kleinigkeiten. Es waren immer beschissene Kleinigkeiten, als wäre sie nur dazu da, Ben das Leben noch schwerer und beengter zu machen, als es ohnehin schon war. Das Geld, das sie ihm abluchste, gab sie dann für Jelly-Donuts aus.
Aus dem Nebenzimmer hörte man ein lautes Räuspern von Trey, dann ein Spuckgeräusch. Unwillkürlich stellte sich Ben den gelben Schleimpfropfen vor, der jetzt an der Glasschiebetür klebte, langsam herunterlief und von den Hunden abgeleckt wurde. Trey und Diondra rotzten beide gern in die Gegend. Manchmal spuckte Trey einfach in die Luft, und die Hunde versuchten, seinen Speichel mit geifernden Schnauzen in der Luft zu fangen.
Während der Fernseher im Nebenzimmer immer lauter wurde –
macht voran, ihr beiden, mir ist verflucht langweilig
–, bemühte Ben sich, die richtigen Worte zu finden. Manchmal hatte er das Gefühl, dass er nie normal mit Diondra redete, es waren immer verbale Ellbogen und Tritte, der Versuch, ihre ständige Angepisstheit abzuwehren oder einfach das zu sagen, was sie hören wollte. Aber er liebte sie, ganz ehrlich. So lief es doch zwischen Männern und Frauen: Der Mann sagte der Frau, die er liebte, das, was sie hören wollte, und hielt ansonsten möglichst den Mund. Er hatte Diondra geschwängert, also stand er jetzt in ihrer Schuld und musste sie besonders gut behandeln. Er würde die Schule hinschmeißen und sich einen Vollzeitjob suchen, was vollkommen in Ordnung war – letztes Jahr hatte ein Mitschüler von ihm aufgehört, und der arbeitete jetzt in der Nähe von Abilene in der Ziegelfabrik, für zwölftausend im Jahr. Ben fiel es
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