Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Sohn braucht auch Geld von dir, genau wie ich«, sagte Trey. »Vielleicht sogar noch dringender.«
Runner löste sich aus seiner geduckten Haltung unter Treys Schwarzlicht-Augen, ging zurück zu Ben und richtete sich zu voller Größe auf. Aber Ben war seit dem letzten Sommer gewachsen und mit seinen gut eins siebzig inzwischen größer als Runner.
»Du schuldest Trey Geld? Deine Mom hat gesagt, du steckst in Schwierigkeiten. Hast du etwa Schulden bei Trey?«, fuhr er Ben an, und sein Atem roch irgendwie gelblich – Bier und Tabak und vielleicht Thunfischsalat mit viel Senf. Bens Magen knurrte.
»Nein, nein!« Er hörte selbst, wie nervös und eingeschüchtert seine Stimme klang. Neben ihm verlagerte Diondra ihr Gewicht. »Ich schulde keinem was.«
»Warum soll ich dir dann Geld geben, für das ich mir den Arsch aufreiße, hä?«, sagte Runner mit bitterer Stimme. »Das werde ich nie verstehen, diese Idee, dass man alles verteilen soll: Alimente und Unterhalt, und dann zieht mir auch noch der Staat das Geld aus der Tasche. Ich hab ja kaum genug für mich selbst, ich weiß nicht, warum die Leute denken, ich muss drei Extrajobs annehmen, damit ich meiner Frau Geld geben kann, meiner Frau, die eine eigene
Farm
hat. Und ein eigenes
Haus
auf der Farm. Und vier Kinder, die ihr bei der Farmarbeit helfen. Ich meine, ich bin ganz sicher nicht mit der Vorstellung groß geworden, dass mein Daddy gefälligst für mich zu sorgen hat, dass er mir Geld geben soll für Nikes und College und Smokinghemden und …«
»Essen«, unterbrach Ben die Tirade und sah auf seine Stiefel mit Hackfleischflecken hinunter.
»Wie bitte? Was hast du da grade gesagt?« Jetzt stand Runner direkt vor ihm, und die blaue Iris rollte in den gelben Augäpfeln wie ein Fisch, der mit dem Bauch nach oben in einem Giftsee schwimmt.
»Nichts«, murmelte Ben.
»Willst du vielleicht Geld für deine Haarfarbe, ist es das? Vielleicht auch noch für den Schönheitssalon?«
»Er will Geld für seine Freundin …«, setzte Trey an, aber Diondra fuhr sich sofort mit der Handkante über die Kehle, nein, nein, nein.
»Also, ich bin wirklich nicht dafür da, ihm Sachen für seine kleine Freundin zu kaufen«, höhnte Runner. »Bist du jetzt seine Freundin, Diondra? Tja, die Welt ist klein. Ist aber wirklich nicht meine Sache.«
Inzwischen hatten die Männer am Pooltisch aufgehört zu spielen und beobachteten die Szene mit einem spöttischen Grinsen. Schließlich hinkte der Weißhaarige zu ihnen herüber und legte die Hand auf Treys Schulter.
»Gibt’s Probleme, Trey? Runner ist in Ordnung. Gib ihm noch mal vierundzwanzig Stunden. Okay? Auf meine Kappe. Verstanden?« Der Mann war O-beinig, als würde die Schwerkraft ihn an beiden Beinen nach unten zerren. Aber seine Hände waren muskulös, sehnig und drückten Treys Schultern mit festem Griff nach unten.
Runner grinste und sah Ben mit zuckenden Augenbrauen an, was wohl bedeuten sollte, dass sie beide Grund zur Freude hätten. »Keine Sorge, Kumpel, alles in Butter«, sagte er. »Jetzt ist alles in Butter.«
Unter der Hand des Mannes verkrampfte sich Treys Schulter, und für einen kurzen Moment sah es so aus, als wollte er sie abschütteln, aber dann starrte er regungslos ins Leere.
»Klar, vierundzwanzig sind okay, Bleichgesicht. Auf deine Kappe, Whitey«, antwortete er.
»Danke, Rothaut«, antwortete der Mann. Dann zwinkerte er, gab ein fröhliches Schnalzgeräusch von sich, als wollte er ein Pferd rufen, und ging zurück zu seinen Freunden. Man hörte ein kollektives Lachen von der Gruppe, dann klackte wieder der Poolball.
»Du beschissener Waschlappen«, sagte Trey zu Runner. »Morgen Abend, hier. Sonst kannst du was erleben, Runner, das schwör ich dir.«
Das eingefrorene Siegerlächeln, das Halloween-Grinsen, erstarb auf Runners Lippen, er nickte zweimal, und als er sich zur Bar wandte, knurrte er noch: »Na schön, aber dann halt dich gefälligst aus meinen Geschäften raus.«
»Mann, nichts lieber als das.«
Als sie sich zum Gehen bereitmachten, erwartete Ben eigentlich, dass Runner noch etwas zu ihm sagen würde – sorry, bis bald, irgendwas. Aber Runner war damit beschäftigt, dem Barkeeper ein Bier aufs Haus abzuschwatzen – oder vielleicht auch auf Whiteys Rechnung, Whitey würde bestimmt eine Runde spendieren –, und hatte Ben längst vergessen. Auch Trey und Diondra waren, ohne ihn zu beachten, zur Tür hinausgestürzt. Die Hände in den Taschen, stand Ben da, und plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher