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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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wieder in die Bewusstlosigkeit zurücksinken. Aber sie schrie weiter:
Gehmirvonderpellegehmirvonderpellegehmirvonderpelle
, unablässig, nur unterbrochen von einem gelegentlichen Schluck aus der Flasche. Irgendwann wurde aus dem Geschrei ein Singen, dann verwandelte sich das Singen in Weinen.
    Die Schreie der Frau erregten das Interesse von drei Männern, deren Gesichter hinter dem kümmerlichen Wäldchen auftauchten, auf das ich zuging. Zwei musterten mich böse und kampflustig, während der jüngste von ihnen – ein Mann, so dünn wie ein Skelett, um die vierzig – in vollem Tempo auf mich zurannte, in der Hand einen Knüppel, den er am Feuer angezündet hatte. Ich wich zwei Schritte zurück und nahm eine stabile Haltung ein.
    »Wer da, wer da?«, rief der Mann. Ein Windstoß brachte die dünne Flamme seiner Fackel zum Flackern und blies sie schließlich ganz aus. Die letzten Schritte legte der Mann im Trab zurück, blieb dann vor mir stehen und starrte müde auf das qualmende Stück Holz. Nun, wo er sein Feuer nicht mehr hatte, verwandelte sich sein Machogehabe in ein vorwurfsvolles Schmollen. »Was wollen Sie hier, Sie haben hier nichts zu suchen, Sie brauchen eine Genehmigung, das ist nicht okay.« Der Mann hatte Glotzaugen, war dreckig und verschmiert, aber seine Haare waren von einem glänzenden Blond, wie eine Kappe, als wären sie das Einzige, worum er sich kümmerte. »Das ist nicht okay«, wiederholte er, mehr an die umstehenden Bäume als an mich gewandt. In diesem Moment hätte ich gern meinen Colt dabeigehabt, und ich fragte mich, wann ich endlich aufhören würde, dermaßen unvernünftige Sachen zu machen.
    »Ich suche einen Mann namens Runner Day.« Natürlich hatte ich keine Ahnung, ob mein Vater sich vielleicht die Mühe gemacht hatte, sich einen Decknamen auszudenken, aber falls ja, hatte er ihn höchstwahrscheinlich beim siebten oder achten Bier längst wieder vergessen. Ich hatte recht.
    »Runner? Was wollen Sie denn von Runner? Hat er Ihnen was gestohlen? Er hat mir meine Uhr weggenommen und gibt sie mir einfach nicht mehr zurück.« Der Mann ließ den Kopf sinken wie ein Kind und zupfte an einem losen Knopf unten an seinem Hemd herum.
    In diesem Moment nahm ich neben dem Weg, etwa zehn Meter von uns entfernt, eine Bewegung wahr. Es war ein kopulierendes Paar, Beine und Haare und Gesichter, alles zusammengeknüllt, wütend vielleicht oder auch angeekelt. Ihre Jeans waren um die Knöchel gewickelt, und der nackte rosa Hintern des Mannes bewegte sich wie ein Presslufthammer. Der Gelbhaarige sah sich das Schauspiel kurz an, kicherte und murmelte leise etwas, was klang wie
Spaß
.
    »Ich hab keinen Ärger mit ihm, ich meine mit Runner«, erklärte ich, um ihn von dem Paar abzulenken. »Ich gehöre bloß zur Familie.«
    »Runnerrrrrr!«, brüllte der Mann abrupt über die Schulter. Dann sah er mich wieder an. »Runner wohnt in dem Haus ganz hinten, am Rand des Camps. Haben Sie vielleicht was zu essen?«
    Ohne ihm eine Antwort zu geben, machte ich mich auf den Weg, während das Paar hinter mir lautstark den Höhepunkt erreichte. Die Lagerfeuer wurden heller und häufiger, als ich das Zentrum des Lagers erreichte – ein verbranntes Stück Erde, gespickt mit Zelten, windschief zusammengesackt wie vom Wind ruinierte Regenschirme. Mittendrin loderte ein großes Feuer, das gerade von einer hohlwangigen Frau geschürt wurde. Mit vagem Blick ignorierte sie dabei die Dosen mit Bohnen und Suppe, die von der Hitze schwarz wurden und überkochten. Ein jüngeres Pärchen mit schorfigen Armen beobachtete sie vom Eingang ihres Zelts aus. Die Frau hatte sich eine Kinderstrickmütze halb über den Kopf gezogen, und darunter schaute bleich ihr Gesicht hervor, hässlich wie ein Fischbauch. Hinter den beiden saßen zwei alte Männer mit Löwenzahnblumen in den verfilzten Haaren und aßen mit den Fingern gierig etwas aus einer Dose, aus der dicker Dampf aufstieg.
    »Ach komm, Beverly«, blökte der schorfige Mann die Feuerschürerin an. »Ich glaube, das Zeug ist fertig, verdammt.«
    Als ich in die Runde trat, wurden alle still. Sie hatten den Gelbhaarigen Runners Namen schreien hören. Ein alter Mann deutete mit einem Schmutzfinger nach Westen –
er ist da drüben!
 –, und ich ließ die Hitze des Feuers hinter mir und marschierte weiter ins kühle Dorngestrüpp. Hier war es etwas hügeliger, ein bisschen wie Meereswellen, vielleicht eineinhalb Meter hoch, Reihe um Reihe, und etwa neun Hügel weiter sah ich

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