Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
auf ihr Nachthemd, machte kehrt und lief in die entgegengesetzte Richtung, schaffte es zum Ende des Korridors und bog gerade um die Ecke, als der Mann, die Axt hoch erhoben, sie einholte. Patty sah, wie die Axt niedersauste, und richtete sich auf, torkelnd wie eine Betrunkene. Auf einem Auge blind, bewegte sie sich wie in einem Albtraum, in dem ihre Füße sich rasend schnell bewegten, sie aber nicht vorwärtstrugen, und sie schrie
Lauf weg, lauf, lauf
, und als sie um die Ecke kam, sah sie Debby auf dem Boden liegen, mit Flügeln aus Blut. Jetzt war der Mann außer sich vor Wut, seine Augen waren feucht und funkelten,
Warum zwingst du mich, so was zu tun?
, und er wandte sich ab, während Patty an ihm vorbeirannte und Debby hochhob, die ein paar Schritte vorwärtsschwankte wie damals, als sie ein kleines dickes Kind gewesen war, doch sie war verletzt, schwer verletzt, ihr Arm, ihr schöner kleiner Arm,
Alles okay, Baby, alles wird wieder gut
, und plötzlich rutschte das Messer aus Pattys Brust, fiel klappernd zu Boden, doch nun quoll das Blut in Strömen aus ihrer Brust, pulsierend, und auf einmal war der Mann wieder da, diesmal mit einem Gewehr. Pattys Gewehr, das sie so fürsorglich auf den Kaminsims im vorderen Zimmer gelegt hatte, wo die Mädchen es nicht herunterholen konnten. Er zielte auf sie, während sie versuchte, sich vor Debby zu stellen, denn jetzt konnte sie nicht sterben.
Der Mann spannte den Hahn, und Patty hatte Zeit für einen letzten Gedanken: Ich wollte, ich wollte, ich wollte, ich könnte das alles zurücknehmen.
Und dann riss die Explosion mit einem Zischen – wie Sommerluft, die durchs Autofenster hereinrauscht – die Hälfte ihres Kopfes weg.
Libby Day
Jetzt
T ut mir leid, Mom«, sagte Crystal. Ich konnte nicht richtig sehen, nur ein dunkles Orange, eine Farbe, wie wenn man die Augen vor der grellen Sonne schließt. Kurze Ausschnitte der Küche tauchten auf und verschwanden sofort wieder. Meine Wange schmerzte, ich spürte das Pochen bis in die Wirbelsäule, bis hinunter in die Füße. Ich lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Fußboden, und Diondra saß auf mir. Ich konnte sie riechen – Insektenspray –, während sie sich rittlings auf mir ausbalancierte.
»O Gott, ich hab’s versaut.«
»Ist schon okay, Baby, geh und hol mir das Gewehr.«
Kurz darauf hörte ich Crystals Schritte auf der Treppe, und dann drehte Diondra mich um und griff nach meiner Kehle. Ich wünschte mir, sie würde mich anschreien, mich beschimpfen, aber sie blieb stumm, atmete nur schwer und ruhig, während sich ihre Finger in meinen Hals pressten. Meine Schlagader schnellte heraus und begann gegen ihren Daumen zu pochen. Ich war immer noch halb blind. Gleich würde ich sterben. Das wusste ich, denn mein Herz schlug immer schneller und dann plötzlich viel zu langsam. Diondra klemmte meine Arme mit den Knien auf den Boden, ich konnte sie keinen Millimeter bewegen, nur mit den Füßen gegen den Boden treten, von dem meine Füße jämmerlich abrutschten. Sie atmete mir ins Gesicht, ich fühlte die Hitze, und ich konnte mir genau vorstellen, wie ihr Mund offen hing. Ja, richtig, ich wusste, wo ihr Mund war! Mit einer heftigen Drehbewegung bäumte ich mich auf, riss meine Arme unter ihren Knien hervor und rammte ihr mit aller Kraft die Faust ins Gesicht.
Irgendetwas hatte ich getroffen, jedenfalls genug, dass Diondra eine Sekunde von mir abließ, Knochen auf Knochen, so dass meine Hand ordentlich brannte, aber schon robbte ich über den Boden, versuchte einen Stuhl zu erreichen und endlich meine verdammten Augen wieder fit zu kriegen, aber da packte sie mich am Knöchel,
Nein, diesmal nicht, Schätzchen
, und sie hielt meinen Fuß in der Socke fest, meinen rechten Fuß, den, an dem die Zehen fehlten, deshalb war er schwer festzuhalten, die Socken passten nie richtig, und plötzlich hatte ich mich aufgerichtet, und sie hielt nur noch die Socke in der Hand. Immer noch keine Crystal, immer noch kein Gewehr, ich rannte durchs Haus, nur konnte ich leider nicht richtig sehen, konnte nicht geradeaus laufen, und so geriet ich zu weit nach rechts und stürzte durch die offene Tür kopfüber die Treppe in den kalten Keller hinunter. Zum Glück hatte ich gelernt, wie man fällt, leistete keinen Widerstand, locker wie ein kleines Kind, und war, als ich unten auf dem nasskalten, stinkenden Kellerboden landete, gleich wieder auf den Beinen. Mein Sehvermögen kehrte zurück, flackernd wie ein alter Fernseher – mal
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