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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Schacht und halb über der Erde steckte. Aber dann trat ich mit meinem kaputten Fuß richtig zu und knallte Crystal die Ferse mit voller Wucht ins Gesicht. Die Nase gab nach, unter mir ein Wolfsgeheul, Diondra rief
O Baby
, aber ich war frei, stemmte mich hoch, an den Armen tiefe blutige Kratzer vom Schachtrand, ich war oben, rollte mich über den Rand auf die Erde, doch während ich noch nach Luft schnappte und Schlamm in den Mund bekam, hörte ich auch schon Diondras Stimme:
Los, wir müssen wieder rauf, los, los
.
    Meine Autoschlüssel waren weg, wahrscheinlich hatte ich sie irgendwo im Haus verloren, also drehte ich mich um und rannte zum Wald, in hinkendem Trab, ein Fuß mit Socke, einer ohne, wühlte ich mich durch den Schlamm, der im Mondlicht nach Mist stank. Nach einer Weile schaute ich zurück und sah, dass die beiden das Haus verlassen hatten und mich verfolgten – bleiche weiße Gesichter, beide blutig –, aber ich schaffte es zum Wald. Mein Kopf schwirrte, mir war schwindlig, und ich konnte die Augen nicht fokussieren: ein Baum, der Himmel, ein Kaninchen, das erschrocken wegflitzte.
Libby!
hinter mir. Ich humpelte tiefer zwischen die Bäume, kurz davor, ohnmächtig zu werden, aber gerade als mir schwarz vor den Augen wurde, entdeckte ich eine riesige Eiche, die am Rand einer vielleicht anderthalb Meter hohen, steilen Böschung balancierte, die knorrigen Wurzeln wie Sonnenstrahlen von sich gestreckt. Mit letzter Kraft kletterte ich den Abhang hinunter und buddelte mich in einen alten Tierbau unter einer Wurzel, die so dick war wie ein erwachsener Mann, grub mit beiden Händen in die kalte, nasse Erde, ein kleines Wesen in einer kleinen Höhle, zitternd, aber lautlos. So versteckte ich mich, denn das war etwas, was ich gut konnte.
    Die Taschenlampen kamen näher, trafen den Baumstamm, und kurz darauf kletterten die beiden Frauen über mich hinweg, und ich erhaschte einen kurzen Blick auf einen schwingenden Rock, ein sommersprossiges Bein,
Hier muss sie doch irgendwo sein
,
unmöglich, dass sie viel weiter gekommen ist
, und ich versuchte, nicht zu atmen, weil ich wusste, dass ich hörbar nach Luft schnappen würde, und dann war mir ein Schuss ins Gesicht gewiss. Also hielt ich den Atem an, während ich spürte, wie das Gewicht der beiden die Baumwurzeln zum Erzittern brachte, und hörte, wie Crystal sagte,
Kann es sein, dass sie ins Haus zurückgelaufen ist?
, und Diondra antwortete,
Such weiter, sie ist schnell
, mit einer Stimme, als wüsste sie genau über mich Bescheid. Dann machten sie kehrt und liefen weiter in den Wald hinein, und ich holte Atem, schluckte erdige Luft, das Gesicht in den Boden gedrückt. Stundenlang hallte der Wald noch wider von ihren Schreien, von Wut und Frust –
das ist nicht gut, das ist echt scheiße
 –, aber irgendwann verstummte das Gebrüll, ich wartete noch ein Weilchen, bis es hell wurde, dann kroch ich aus meiner Höhle und machte mich humpelnd auf den Weg nach Hause.

Ben Day
    3 . Januar 1985
2 Uhr  12
    D iondra hockte immer noch rittlings auf Michelles kleinem Körper. Und lauschte. Ben saß zusammengekauert auf dem Boden und schaukelte langsam vor und zurück, während vom Korridor Schreie und Verwünschungen kamen, das Geräusch der Axt, das Gewehr, und dann Stille, und dann wieder seine Mom, unverletzt, vielleicht, aber dann wurde klar, dass sie doch verletzt war, denn sie gab unverständliche Töne von sich,
uuulllalala
und
dschiiiiii
, und sie torkelte gegen die Wand, und dann wieder die schweren Schritte im Korridor, in Richtung Moms Zimmer, der grässliche Laut von kleinen Händen, die Halt suchten, Debbys Hände auf dem Holzboden, und dann wieder die Axt und ein lauter Luftstoß, noch ein Schuss, bei dem sogar Diondra zusammenzuckte.
    Nur an ihren Haaren, die in dicken Kringeln vom Kopf abstanden, konnte man sehen, dass sie Angst hatte. Sonst rührte sie sich nicht. Vor der Tür, die Ben zugemacht hatte, als das Schreien und Brüllen anfing, vor der Tür, hinter der er sich versteckt hatte, während seine Familie niedergemetzelt wurde, stockten die Schritte. Dann hörten sie einen Aufschrei –
verdaaaaammmmmt
 –, und die Schritte rannten davon, rannten schwer und hart aus dem Haus.
    »Ist sie okay?«, flüsterte Ben, auf Michelle deutend. Diondra sah ihn stirnrunzelnd an, als hätte er sie beleidigt. »Nein, sie ist tot.«
    Ben konnte nicht aufstehen. »Bist du sicher?«
    »Absolut sicher«, antwortete Diondra, und als sie von Michelle

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