Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Insektizide, der knallgrüne Dünger, alles setzte sich in Lunge und Gehirn fest und infizierte sie.
Jetzt sah das Mädchen ihn an, mit dem benommenen Gesichtsausdruck, den Debby bekam, wenn sie zu lange vor dem Fernseher hockte, so, als wollte sie etwas sagen, wäre aber zu faul, den Mund aufzumachen. Ben wollte endlich etwas essen.
Der Teufel wird nicht hungrig
. Plötzlich war dieser Gedanke in seinem Hirn, aus dem Nichts, wie ein Gebet.
Inzwischen hatte Alex wieder angefangen, auf seiner Gitarre herumzuklimpern, ein bisschen Van Halen, ein bisschen AC / DC , einen Beatles-Song, und auf einmal landete er bei »O Little Town of Bethlehem«. Die kindischen Akkorde verstärkten Bens Kopfschmerzen nur noch.
»Hey, keine Weihnachtslieder, das gefällt Ben bestimmt nicht«, rief Mike.
»Ach du Scheiße, er blutet ja!«, bemerkte das Mädchen.
Die Platzwunde auf Bens Stirn war wieder aufgegangen, das Blut lief über sein Gesicht und tropfte auf seine Hose. Fürsorglich hielt das Mädchen ihm eine Fastfood-Serviette hin, aber Ben winkte ab und schmierte sich das Blut übers Gesicht wie eine Kriegsbemalung.
Alex hörte auf zu klimpern, und alle starrten Ben an, unbehagliches Lächeln, steife Schultern, halb abgewandt. Mike streckte Ben den Joint wie eine Opfergabe entgegen, mit den Fingerspitzen, um eine direkte Berührung zu vermeiden. Eigentlich wollte Ben nicht mehr rauchen, aber er sog den sauren Rauch tief ein, der ihm ein weiteres Stück Lungengewebe wegbrannte.
In diesem Moment hörte man die Türklappe quietschen, und Trey kam herein. Mit verschränkten Armen baute er sich breitbeinig vor ihnen auf und betrachtete Ben wie einen Fisch, der angefangen hatte zu stinken.
»Was machst du denn hier? Ist Diondra auch da?«
»Nein, sie ist in Salina. Ich dachte, ich schau mal vorbei und schlag ein bisschen Zeit tot. Die Jungs hier haben mich gut unterhalten.«
»Wir haben schon von der Schlägerei gehört«, rief das Mädchen mit einem hinterhältigen Lächeln, die Lippen zwei dünne Halbmonde. »Und noch andere schlimme Dinge.«
Trey war mit seinen langen schwarzen Haaren und den gemeißelten Gesichtszügen so undurchschaubar wie immer. Ausdruckslos blickte er auf das Grüppchen am Boden hinunter, musterte Ben eine Weile, und ausnahmsweise schien er nicht recht zu wissen, wie er mit der Situation umgehen sollte.
»Was hat er denn gesagt?«, fragte er und ließ sich, ohne Ben aus den Augen zu lassen, von dem Mädchen ein Bier geben. Ben überlegte, ob die beiden miteinander schliefen, denn Trey sah die junge Frau mit der gleichen Verachtung an, die Ben schon einmal bei einer Begegnung mit einer Exfreundin an ihm wahrgenommen hatte:
Ich bin weder wütend noch traurig, noch glücklich, dich zu sehen. Es ist mir scheißegal. Du gehst mir voll am Arsch vorbei.
»Irgendeinen Scheiß über den Teufel und was ihr tut, um … um ihn zu unterstützen«, sagte sie.
Jetzt setzte Trey sein übliches Lächeln auf und setzte sich gegenüber von Ben auf den Boden. Ben wich seinem Blick aus, so gut er konnte.
»Hey, Trey«, sagte Alex. »Du bist Indianer, stimmt’s?«
»Ja, möchtest du, dass ich dich skalpiere?«
»Aber du bist kein Vollblut, oder?«, platzte das Mädchen heraus.
»Nein, meine Mom ist weiß. Ich geh auch nicht mit indianischen Tussen.«
»Warum nicht?«, fragte sie und schob die Federspange in ihren Haaren vor und zurück, bis sie sich verfing.
»Weil Satan weiße Muschis lieber mag.« Er lächelte, legte den Kopf schief und sah das Mädchen an. Sie fing an zu kichern, aber als er nicht einstimmte, verstummte sie. Ihr hässlicher Freund legte wieder die Hand auf ihre Hüfte.
Bens Geschichten hatten ihnen gefallen, aber Trey war ihnen unheimlich. Mit übereinandergeschlagenen Beinen saß er da und betrachtete sie auf scheinbar freundliche Art, aber das war nur Fassade, ohne jede Wärme. Obwohl er in einer ganz lockeren Haltung dasaß, stand er von Kopf bis Fuß unter Spannung, ein Raubtier auf dem Sprung. Hart. Niemand erbot sich, den Joint erneut herumgehen zu lassen.
Ein paar Minuten saßen sie schweigend da; Treys Stimmung verunsicherte alle. Normalerweise war er nur ein lauter, neunmalkluger Biersäufer, der gerne Streit anfing, aber wenn er schlecht gelaunt war, hatte man das Gefühl, als streckte er hunderte unsichtbare, aber extrem aufdringliche Finger aus, die sich einem so schwer auf die Schultern legten, dass man automatisch kleiner wurde.
»Sollen wir gehen?«, wandte er sich abrupt an
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