Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Ben. »Ich hab den Truck dabei. Und ich hab auch Diondras Schlüssel. Wir können bei ihr fernsehen, bis sie heimkommt, sie hat Kabel. Ist doch besser, als in diesem scheißkalten Loch rumsitzen.«
Ben nickte, winkte den anderen zappelig zu und folgte Trey, der bereits draußen war und seine leere Bierdose in den Schnee schleuderte. Irgendetwas hatte sich eindeutig in Ben verändert, Worte klumpten sich in seiner Kehle zusammen, und als er in den GMC stieg, stotterte er irgendwelche Entschuldigungen. Trey hatte gerade seinen Arsch gerettet, aus welchen Gründen auch immer. Aber warum hatte er Diondras Schlüssel? Wahrscheinlich, weil er sie danach gefragt hatte. Ben dachte nie daran, dass man einfach nach den Dingen fragen konnte, die man wollte.
»Ich hoffe, du stehst auch zu dem ganzen Scheiß, den du da drin abgesondert hast«, sagte Trey und legte den Rückwärtsgang ein. Der GMC war ein Panzer, und Trey fuhr direkt über das Farmland, holperte über alte Maisstängel und Bewässerungsgräben, so dass Ben sich an den Armlehnen festhalten musste, wenn er sich nicht die Zunge abbeißen wollte. Trey warf einen vielsagenden Blick auf seinen Klammergriff.
»Ja, klar.«
»Vielleicht wirst du heute Nacht ja ein Mann. Vielleicht.«
Trey stellte seinen Kassettenrekorder an. Mitten im Song grölten Iron Maiden los:
The ritual has begun
Satan’s work is done
666 the number of the beast
Sacrifice is going on tonight.
Ben versank in der Musik wie im Fieber, und eine Mischung aus Wut und Verzweiflung breitete sich in ihm aus, wie immer, wenn er Metal hörte. Die kreischenden Gitarren, die ihm keine Ruhe ließen und ihn immer weiter einschnürten, während der Truck ihn hin und her warf und ihm der Donner des Schlagzeugs durchs Rückgrat emporschoss, Wut und Verzweiflung, wie ein Rausch, der jeden klaren Gedanken unmöglich machte und nichts als Enge duldete, Enge und Unruhe. Sein Körper fühlte sich an wie eine geballte Faust, jederzeit bereit loszuschlagen.
Libby Day
Jetzt
D ie I- 70 zwischen Kansas City und St. Louis war öde und hässlich. Stundenlang fuhr man durch flache, abgestorbene gelbe Landschaft, zugemüllt mit Plakatwänden: ein wie ein Kätzchen zusammengerollter Fötus (Abtreibung tötet); ein Wohnzimmer im roten Lichtschein einer Ambulanz (Take-Care-Tatort-Reinigungs-Spezialisten); eine erstaunlich hässliche Frau, die den Autofahrern Fick-mich-Augen machte (Hot Jimmy’s Gentlemen’s Club). Insgesamt gab es etwa gleich viele unheilschwangere Ermahnungen, Jesus zu lieben, wie Anzeigen für irgendwelche Pornoschuppen, und kaum ein Reklameschild der lokalen Restaurants ließ die Gelegenheit aus, die Anführungszeichen falsch zu setzen: Herb’s Highway Diner – das »beste« Essen der Stadt; Jolene’s Rib House – genießen Sie unsere »köstlichen« Baby Black Ribs.
Lyle thronte auf dem Beifahrersitz. Er hatte am Telefon bereits alle Argumente pro und contra mitzufahren sorgfältig abgewogen (vielleicht könnte ich eine bessere Verbindung zu Krissi herstellen, wenn ich mit ihr alleine war – wir waren doch beide Frauen und so –, einerseits kannte er sich mit diesem Teil des Verbrechens besser aus, andererseits geriet er vielleicht zu schnell in Aufregung, stellte zu viele Fragen und vermasselte alles, indem er zu ungestüm vorpreschte – leider musste er unumwunden zugeben, dass er diesbezüglich eine kleine Macke hatte –, allerdings waren fünfhundert Dollar eine Menge Geld, und er fühlte sich irgendwie berechtigt mitzukommen, nichts für ungut). Schließlich verlor ich die Geduld und fauchte ins Telefon, ich käme in dreißig Minuten bei Sarah’s Pub vorbei, und wenn er rechtzeitig da wäre, könnte er ja einsteigen. Klick. Jetzt hampelte er also neben mir rum, klickte die Türverriegelung auf und zu, hantierte am Radio herum und las jedes Schild, das an uns vorbeihuschte, laut vor, als versuchte er sich damit zu beruhigen. Wir fuhren an einer Feuerwerksfabrik von der Größe einer Kathedrale und an mindestens drei Unfallgedenkstätten vorbei: Kleine weiße Kreuze und Plastikblumen, die am Straßenrand Staub ansammelten, erinnerten an die hier tödlich Verunglückten. Die Anzeigen der Tankstellen waren schmaler und höher als die schlaffen Windfahnen der sie umgebenden Farmen.
Auf einer Anhöhe entdeckte ich eine Plakatwand mit einem bekannten Gesicht: Lisette Stephens mit ihrem Strahlelächeln, darunter eine Telefonnummer für Informationen über ihr Verschwinden. Wie lange
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