Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Bens Stimmung, RamadamDAMram! Der Lärm hereinpreschender Reiter, Plünderer, Brandstifter. Der Klang des Chaos.
Er ließ sein Fahrrad in den Schnee kippen, rieb sich die Hände, lockerte den Hals. Sein Kopf schmerzte, ein klingender Schmerz, nicht so leicht zu ignorieren wie normales Kopfweh. Außerdem hatte er einen Bärenhunger. Er war den Highway hinauf- und hinuntergefahren und hatte sich mehrmals überreden müssen, bis er endlich zum Lagerhaus abgebogen war. Jetzt brauchte er eine gute Geschichte für die Platzwunde, etwas, worauf er nicht so einen Scheiß wie
Oooh, Baby ist vom Rad gefallen!
zu hören bekam. Auf einmal stellte er sich vor, dass Diondra oder Trey gerade rechtzeitig auftauchten und ihn hineinbegleiteten, alles ganz entspannt, nur Lächeln und Bier, wenn er durch die Tür kam.
Aber er würde allein reingehen müssen. Über die Schneefläche konnte man meilenweit sehen, und kein Auto war im Anmarsch. Also schob er die Klappe mit dem Fuß auf und quetschte sich hinein, und die Gitarrenklänge krachten gegen die Wände wie ein Tier in der Falle. Ben hatte den Typen mit der Gitarre schon einmal gesehen. Er behauptete, einmal Roadie bei Van Halen gewesen zu sein, aber er rückte nie mit Einzelheiten über seine angebliche Arbeit heraus. Als Ben hereinkam, starrte der Typ ihn an, ohne ihn wahrzunehmen, denn sein Blick wanderte hingerissen über eine imaginäre Menschenmenge. Vier Jungs und ein Mädchen saßen auf den Teppichresten – alle mit wilden Haaren und alle älter als Ben – und ließen einen Joint kreisen. Auch sie schenkten Ben wenig Beachtung. Der hässlichste der Typen hatte die Hände auf den Hüften des Mädchens; ihr Gesicht war aknerot, und sie war anscheinend ziemlich weggetreten.
Ben durchquerte den Raum zwischen der Tür und den Teppichstücken und setzte sich auf einen dünnen grünen Flicken etwa zweieinhalb Meter von der Gruppe entfernt, seitlich, so dass er ihnen wenigstens zunicken konnte. Niemand aß etwas, also konnte er auch nichts schnorren. Trey hätte jetzt gesagt: »Lasst mal was rüberwachsen, ja?«, und sich mindestens an dem Joint beteiligt.
Der Gitarrist, Alex, war eigentlich ein ganz anständiger Kerl. Eine Gitarre gehörte auch zu den Dingen, die Ben gern gehabt hätte, am liebsten eine Floyd Rose Tremolo. In Kansas City hatte er mal auf einer rumgeklimpert, als er mit Diondra in einem Gitarrenladen gewesen war, und das hatte sich gut angefühlt – wie etwas, was er lernen konnte. Wenigstens genug, um ein paar Knaller zu spielen und hier die Metallwände zum Klingen zu bringen. Alle, die er kannte, waren bei irgendwas richtig gut, selbst wenn es nur Geldverschwenden war wie bei Diondra. Wenn er ihr erzählte, dass er etwas lernen oder einfach etwas tun wollte, lachte sie nur und meinte, er müsste vor allem dafür sorgen, dass er ordentlich bezahlt würde.
»Lebensmittel kosten Geld, Strom kostet Geld, du hast ja null Ahnung«, sagte sie. Diondra bezahlte zu Hause viele der laufenden Rechnungen, weil ihre Eltern so oft nicht da waren, das stimmte, aber sie bezahlte mit dem Geld ihrer stinkreichen Eltern. Ben war nicht sicher, ob es wirklich so toll war, einen Scheck ausschreiben zu können. Er fragte sich, wie spät es war, und wünschte sich, er wäre einfach zu Diondra gefahren und hätte dort auf sie gewartet. Jetzt musste er mindestens eine Stunde oder so hier bleiben, damit niemand dachte, er würde nur deshalb wieder gehen, weil keiner mit ihm redete. Seine Jeans war noch immer feucht vom Putzwasser, und sein Hemd roch nach altem Thunfisch.
»Hey«, sagte das Mädchen. »Hey, Kid.«
Er sah sie an, und seine schwarzen Haare fielen ihm über ein Auge.
»Solltest du nicht eigentlich in der Schule sein, oder was?«, fragte sie, und ihre Worte kamen in tranigen Portionen aus ihrem Mund. »Warum bist du hier?«
»Es sind Ferien.«
»Er sagt, es sind Ferien«, erklärte sie ihrem Freund. Der räudige, hohlwangige Knabe, auf dessen Oberlippe die Umrisse eines Schnurrbarts zu sehen waren, schaute zu ihm hoch.
»Kennst du hier einen?« fragte er Ben.
Ben deutete auf Alex. »Ja. Ihn.«
»Hey, Alex, kennst du diesen Knaben?«
Alex hielt inne, warf sich in eine breitbeinige Rockerpose und musterte Ben, der auf dem Boden kauerte. Dann schüttelte er den Kopf.
»Nee, Mann. Ich kenn keine Mittelstufenfuzzis.«
Solchen Mist bekam Ben immer zu hören. Eigentlich hatte er gedacht, mit den schwarzen Haaren würde es besser werden, weil er damit ein bisschen
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