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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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den Weg, zu Fuß, ihr Auto stand immer noch irgendwo in Zehlendorf. Wieder ein Anruf, diesmal eine unbekannte Nummer.
    »Eule? Lass es!« Die Grinsekatze klang hart und unmissverständlich, das war kein Rat, das war ein Befehl.
    »Ich ficke deinen Freund nicht! Darum geht es doch, oder? Und ich bin auch nicht abgetaucht. Ich habe hier etwas zu erledigen, und ich kann vorläufig nicht nach Berlin zurück. Hör mir genau zu: Pack ein paar Sachen, nur das Nötigste, und zieh in ein Hotel. Bleib nicht in deinem Haus und auch nicht auf dem Baum. Mach dich vom Acker und sag niemandem, wo du steckst. Püppi ist schon losgefahren, er ist in wenigen Stunden bei dir. Aber sprich mit niemandem, schon gar nicht mit ihr, ich erlaube nicht …«
    Fiona schaltete das Handy aus, sie schäumte. Was bildete sich diese Frau überhaupt ein? Und ins Hotel? Was sollte das schon wieder? Sich zu verkriechen wie ein ängstliches Tier war sicher nicht die Art, mit der sie die Angelegenheit regeln würde. Sie würde vor niemandem weglaufen. Andere konnten ja Panik kriegen, aber sie nicht. Fiona war es leid, dass ihr ständig alle sagten, was sie zu tun hatte. Nie gab es Erklärungen, immer nur Anweisungen und Befehle. Pack deine Sachen, sei nett zu den anderen Kindern, sprich mit den Therapeuten, zieh nicht zurück in dein Elternhaus, lauf nachts nicht draußen rum, leg dich nicht mit Stärkeren an, komm mich öfter besuchen. Sie hatte es satt. Sie wollte endlich Antworten. Und Lorina musste ihr welche geben, dafür würde sie sorgen.

 
    12 BELLADONNA
    Püppi hatte noch oft angerufen, während sie in die Richtung des Sektenhauses ging, aber Fiona hatte den Anruf jedes Mal weggedrückt. Sie wollte sich jetzt nicht ablenken lassen. Eigentlich war es eine Familienangelegenheit, denn Tante Lorina war die einzige Art Familie, die sie hatte, und sie würde sie sicher nicht hängen lassen, wenn sie erst verstand, dass Fiona Antworten brauchte.
    Die alte Frau setzte sich keuchend in einen Sessel, als Fiona hereinkam. Es standen zwar wieder überall Tabletts mit Kuchen und Muffins herum, aber Fiona sah, dass es dieselben vom letzten Mal waren. Lorina hatte also keine neuen gebacken, was zusammen mit dem grauen Gesicht und den mühsamen Bewegungen ihrer Tante nur bedeuten konnte, dass es ihr erheblich schlechter ging. Sie würde bald sterben und ihr Zustand sich am Ende rapide verschlechtern. Im Grunde war es Fiona schon lange klar gewesen, dass sie sich verabschieden musste, aber jetzt, wo es konkret wurde, hatte sie einen dicken Kloß im Hals und fühlte sich nicht bereit dafür. Sie war auch überrascht, wie hinfällig Lorina plötzlich aussah und mehr einer Greisin ähnelte als der vitalen älteren Frau, die sie im Heim besucht und aufgepäppelt hatte und die sie in den folgenden Jahren beraten, bebacken und unterstützt hatte. Mühsam schob sich ihre Tante die Sauerstoffmaske über Mund und Nase, und Fiona bemerkte, während sie sie ungelenk umarmte, dass sie am Tropf hing, aus einem Plastikbeutel sickerte eine durchsichtige Flüssigkeit in ihre Vene. Fiona ließ sich auf den Sessel ihr gegenüber fallen.
    »Es geht mir nicht gut, mein Mädchen.«
    Fiona nickte und überlegte, ob sie ihr das Gespräch wirklich zumuten musste. Andererseits, wenn Tante Lorina starb, ohne dass sie sie gefragt hatte, würde sie es sich nie verzeihen.
    »Tante«, begann sie unsicher, dachte dann aber an Evi und an die Grinsekatze, deren Ton am Telefon nicht nur befehlend gewesen war, sondern auch – und das fiel ihr jetzt erst auf, ganz plötzlich schoss der Gedanke durch ihren Kopf – ängstlich gewesen war, panisch geradezu. Sie hatte versucht, ihre Besorgnis mit Anweisungen zu kaschieren. Fiona begriff, dass die Grinsekatze wirklich unter Druck gestanden hatte. Was konnte es denn sein, das eine so herrische Frau dermaßen beunruhigte? Fiona straffte ihren Körper, setzte sich ganz gerade hin und sah Lorina direkt ins Gesicht. Die zog eine Augenbraue hoch und atmete pfeifend durch die Maske.
    »Tante. Ich weiß, dass du etwas mit dem Mord an Evi und dem Prediger zu tun hast. Ich weiß, dass du die Frau kennst, die diese Swingerpartys organisiert, und ich weiß, dass in deiner kleinen Tasche etwas ist, mit dem man dich erpressen kann.« Das war geraten, Fiona versuchte es einfach, und als Lorina nichts sagte, fuhr Fiona fort: »Mach sie auf!«
    Lorinas faltige Augenlider bebten unmerklich, und Fiona sah, wie ihre Finger mit dem Plastikschlauch der Infusion

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