Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
Vom Netzwerk:
einen ihrer Stiefel. Sie lehnte sich gegen die dicken Kissen und sah hinüber zu ihrem Haus und durch die großen Küchenfenster. Von hier aus hätte man den Eindruck haben können, es sei ein ganz normales Haus, bewohnt von einer Durchschnittsfamilie: Vater, Mutter, Kind. Er repariert irgendwas, sie kocht, das Kind spielt, wie das eben so ist in den ganz normalen Häusern der ganz normalen Menschen. Fiona griff in eine Packung Müsli und aß es direkt aus der Hand. Neben ihr stand eine Tüte Gummischlangen, die sie sich zwischendurch in den Mund schob. Sie hatte solchen Hunger, dass sie sich verschluckte und husten musste. Nach der Nacht mit Püppi im Baumhaus hatte sie ihn nicht mehr gesehen und keine Ahnung, wo er war. Er hatte nicht angerufen, aber mehrmals gesimst, wie leid ihm sein überstürzter Aufbruch tue und dass er sie bald wiedersehen wolle. Und sie hatte einfach das Verlangen, ihm zu glauben, hatte die Strickleiter repariert und war ins Baumhaus zurückgekehrt.
    Die Grinsekatze hatte Wort gehalten und ihr einen Tag, nachdem sie Lorinas Tasche gestohlen hatte, einen Kurier geschickt, der bis in den Garten kam, unter dem Baum stand und zu ihr heraufrief. Fiona wusste nicht, wie die Katze das machte, aber genau in dem Moment, als sie die Strickleiter zu dem Boten hinunterrutschte, hatte sie Fiona angerufen und sprach mit ihr, während Fiona die Mappe annahm und auf der Liste unterschrieb.
    »In der Kuriertüte liegt ein Umschlag: Informationen über den Lonely Twin. Das war der Deal, Cupcake-Tasche gegen ein Gesicht. Wir sind quitt. Du wirst feststellen, dass kein Name und auch keine Adresse dabei sind. Ich weiß ja, dass du dazu neigst, loszurennen und Leuten in die Eier zu treten, aber das hier ist eine Nummer zu groß. Hinter ihm stehen gefährliche Leute. Die Personaldaten des Twins habe ich bereits anonym der Polizei geschickt, die Adresse des Kommissariats steht schon auf dem Umschlag. Erst wenn sie deine Unterlagen auch noch bekommen, wird die Sache für sie rund. Schick die Unterlagen ab, und der Twin ist fällig. Ich gebe dir die Infos nur, damit du dir ansehen kannst, wer in der Nacht hinter dir her war, und damit du das Gefühl hast, dass du ihn zur Strecke bringst. Alles Weitere macht die Justiz. Und, kleine Eule: Justitia ist nicht immer so blind wie bei deinen Eltern.«
    Fiona wartete, bis der Kurier außer Hörweite war.
    »Was wissen Sie denn von Recht und Unrecht? Warum musste ich meine Tante bestehlen? Ich habe eine alte, kranke Frau angelogen.«
    Die Grinsekatze schnaubte. »Du wirst deswegen nicht in die Hölle kommen, keine Sorge.« Und nach einer kleinen Pause sagte sie noch: »Ich persönlich glaube ja, die Hölle ist ein großer Spiegel, in dem man sich ununterbrochen anschauen muss.« Dann legte sie auf.
    Der Umschlag enthielt die Kopie eines Zeitungsberichtes mit Foto, auf dem der Twin mit dem Prediger und Evi zu sehen war. Er trug ein sehr lockiges Toupet, aber Fiona erkannte ihn sofort. Mein Gott, ich hab schon neben ihm im Labyrinth gefickt, dachte sie. Alle drei standen demonstrierend vor einer Schwulenbar, aber während Evi und ihr Vater irgendetwas skandierten, hatte der Twin nur Augen für Evi. Außerdem befanden sich eine Reihe Fotos in der Mappe. Ein Haus von außen, ein typischer Berliner Altbau, vermutlich das Zuhause des Twins, und eine Aufnahme aus dessen Wohnung. Schuhe mit einem ungewöhnlichen Profil, eine Rolle Draht, Lederhandschuhe mit dunklen Flecken, eine Pinnwand voller Evi-Fotos, davor Kerzen, ein vertrockneter Rosenstrauch und eine Schatulle mit zwei Ringen und Bilder vom Prediger in einem Schuhkarton, auf denen jemand sein Gesicht mit Teufelsfratzen übermalt hatte. Dann ein verschwommenes Bild eines Blasrohrs und Berichte des Veterinäramtes, manche waren viele Jahre alt. Ganz unten fand Fiona noch ein Büschel Haare, offenbar aus einer Bürste. Das Labyrinth wurde nirgendwo erwähnt. Auch auf die Grinsekatze selbst, Fiona oder denjenigen, der das Material organisiert und zusammengestellt hatte, gab es nicht den geringsten Hinweis.
    * * *
    Wieder klingelte Fionas Handy. Diesmal seufzte sie erleichtert und stopfte die Gummitiere, die sie gerade verschlingen wollte, in die Tüte zurück.
    »Püppi! Wo bist du?«
    »Noch unterwegs. Die Grinsekatze brauchte mich, wir sind gar nicht in Berlin. Hier ist gerade Land unter, ich wünschte, ich könnte es dir erzählen. Was hast du mit dem Material über den Twin gemacht?«
    »Ich hab den Umschlag persönlich bei

Weitere Kostenlose Bücher