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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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ist? Die wissen Sachen über dich! Die Dinge da im Bad, die Shampooflasche, das Playmobil-Boot, das sind doch Sachen aus deiner Kindheit? Wer weiß denn so was?«
    Ihr Gesicht versteinerte. »Die Grinsekatze weiß das alles. Ich habe es in meiner Versicherung erzählt.«
    Er schüttelte hilflos den Kopf und versuchte, ihre Hand zu nehmen, was sie erst nach einer Weile zuließ.
    »Ich garantiere dir mit allem, was ich habe« – er legte die andere Hand auf sein Herz –, »dass die Grinsekatze nicht hinter dir her ist. Sie hängt mit drin, das stimmt, aber sie steht auf deiner Seite. Sie hat eine eigene Rechnung offen, und du kannst dich darauf verlassen, dass sie sich kümmert. Sie schützt dich, das hat sie immer getan.«
    Der Sklave klopfte von außen gegen die Scheibe und zeigte auf seine Armbanduhr, und Püppi machte ihm ein Zeichen, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Er legte den Arm um Fiona und zog sie zu sich. Sie wehrte sich nicht länger.
    »Ich hatte nachts ein Geräusch gehört, aber ich wusste nicht, was es war. Erst habe ich versucht, wieder einzuschlafen, aber dann musste ich mal, und ich bin aufgestanden. Ich hab die Raupe mitgenommen, weil ich Angst vor der Dunkelheit im Flur hatte.«
    Püppi wischte sich eine Träne von der Schläfe. Eine weitere sickerte in Fionas Haar. »Wir kriegen die Stofftiere wieder sauber, ich versprech dir das.«
    »Im Badezimmer brannte Licht. Meine Eltern saßen in der Wanne. Sie haben manchmal zusammen gebadet, aber sie waren angezogen. Trotzdem wurde Wasser eingelassen. Ein Mann war bei ihnen. Er stellte es gerade ab, als ich hereinkam. Meine Mutter hatte einen ganz verzerrten Mund, und mein Vater rollte so komisch mit den Augen. Der Mann hat mich angelächelt und seinen Finger über den Mund gelegt, als wollte er Pst sagen. Also bin ich still gewesen. Dann habe ich gesehen, dass das Wasser ganz rot war und die Kleidung meiner Eltern auch. Und dass sie aus dem Hals geblutet haben. Da war ein Schnitt in ihren Kehlen wie ein großes, zweites Lachen. Ich musste daran denken, dass es die Redewendung gibt: ›Von einem Ohr zum anderen grinsen.‹ Genau so sah es aus. Der Schnitt ging von einem Ohr zum anderen. An den Fliesen über der Wanne waren überall Blutspritzer.«
    Sie sah zu Püppi hoch, der die Kiefer so heftig aufeinanderpresste, dass seine Zähne knirschten, und sie wischte ihm übers Gesicht, als wäre sie es, die ihn trösten müsste.
    »Meine Mutter war schon ganz blass. Mein Vater zappelte noch und wand sich. Sie hatten beide die Hände auf dem Rücken, und ich glaube heute, dass sie auch an den Füßen gefesselt waren, denn sie schlugen nicht mit den Beinen, das rote Wasser bewegte sich nur ganz leicht. Ich wusste, dass sie sterben würden, und ich wusste auch, dass der Mann das gemacht hatte. Und als sie zusammensackten, meine Mutter zuerst und dann mein Vater, und er ohne zu blinzeln an die Decke starrte, dachte ich, dass der Mann jetzt auch mich in diese Wanne setzen würde. Zwischen die beiden vielleicht. Da hab ich in die Hose gemacht.«
    Sie rückte von Püppi weg und sah ihm ganz ruhig ins Gesicht.
    »Ich hatte solche Angst, sie war viel größer als ich, viel größer als das Badezimmer, viel größer als unser ganzes Haus. Aber dann ging der Mann einfach an mir vorbei, er strich mir übers Haar, und er ging weg. Und die Angst war auch weg. Und sie ist bis heute nicht wiedergekommen. Ich habe auf den Fliesen gesessen, bis die Polizei kam.«
    Püppi räusperte sich mehrfach, bis er die Frage stellen konnte: »Wie passt Lorina dazu?«
    »Sie kannten sich flüchtig. Sie war nicht oft zu Besuch oder so, aber sie sagte Monika und Axel. Die meisten Erwachsenen siezten sie.«
    »Hat sie sich direkt nach dem Mord um dich gekümmert?«
    »Sie kam zu mir ins Heim. Lorina war die Einzige, die ich kannte. Sie hat mich besucht, aber sie hat mich nicht geholt. Ich hab gedacht, sie kann nicht anders. Die Wahrheit ist, sie hat mich abgeschoben.«
    Püppi küsste sie auf beide Wangen, kurze, hingehauchte Kinderküsse. »Ich will dich nicht abschieben, wenn ich sage, dass du untertauchen sollst«, flüsterte er, den Mund an ihrer Schläfe. »Ich will, dass du in Sicherheit bist. Ich weiß, dass du gut allein klarkommst und dass du eine fiese, kleine Kratzbürste bist, die jeden erst mal anspringt, der sie dumm anmacht, aber das hier ist ein anderes Kaliber.« Er hob ihr Kinn an. Sie schloss die Augen. »Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert.«
    Sein

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