Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Wohnzimmer. Regen lief in Rinnsalen über die alten Fensterscheiben. Unten angekommen, riss Nick ein Zündholz an und hielt es unter das im Kamin aufgeschichtete Holz, dann schenkte er sich einen Drink ein. Marla blieb beim Feuer stehen und spielte nervös mit dem Gürtel ihres Negligés.
Das Zimmer, das nur vom flackernden Schein der Flammen erhellt war, schien um sie herum zu schrumpfen.
»Kann ich dir wirklich nichts anbieten?«, fragte Nick und ließ Eiswürfel in sein Stumpenglas fallen.
Sie zögerte, wich seinem Blick aus. »Vielleicht einen Brandy. Einen kleinen.«
Er grinste, griff nach einem Schwenker und goss ein wenig von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit hinein. »Braves Mädchen«, sagte er. Dann sah er ihre Reaktion – sie biss sich nervös auf die Unterlippe. Er reichte ihr das Glas und stieß mit ihr an. »Auf bessere Tage.«
»Und Nächte«, ergänzte sie, trank einen kleinen Schluck und sah Nick über den Rand ihres Glases hinweg aus großen grünen Augen an. Ihr Gesicht war verheilt, die Narbe am Haaransatz war kaum noch zu sehen, und ihr Haar umschmeichelte ihr Gesicht in kurzen mahagonifarbenen Wellen.
»Also, was ist los, Marla?«
»Ich … ich will wissen, was passiert ist. Ich war fünf Tage lang nicht richtig bei mir, und das Einzige, woran ich mich erinnere, sind Bilder von Leuten, die in meinem Zimmer ein und aus gehen … nichts Besonderes. Vielleicht könntest du mich auf den neuesten Stand bringen? Hat schon jemand Kontakt zu Pams Familie aufgenommen?«
»Nicht, dass ich wüsste. Aber ich habe ja auch bis über beide Ohren in den Büchern der Firma gesteckt.«
»Und was hast du herausgefunden?«
»Wenn Alex nicht drastische Maßnahmen ergreift, geht Cahill Limited pleite.«
»Aber es ist ein riesiges Unternehmen«, wandte Marla ein. Nick beobachtete, wie sich ihre Lippen teilten, als sie erneut an dem Brandy nippte.
»Na ja. Es ist in privater Hand und im Grunde gar nicht so groß – nicht für heutige Verhältnisse.«
»Ist eine Rettung möglich?«
»Ich glaube schon. Mit Einsparungen an den richtigen Stellen. Sofern Alex dazu bereit ist.«
»Er scheint doch unentwegt zu arbeiten«, sagte Marla, ging zum Fenster und blickte hinaus auf die Lichter am Berg. »Dauernd muss er zu irgendwelchen Konferenzen. Entweder im Büro oder im Vorstand des Krankenhauses oder von Cahill House.«
»Vermisst du ihn?«, fragte Nick. Marla zögerte, dann schüttelte sie den Kopf.
»So traurig es sein mag, nein. Ich habe irgendwie gar keine Beziehung zu ihm.« Nick sah, wie sich ihr Nacken rosig färbte – das Eingeständnis war ihr offenbar peinlich. »Ich kann es nicht erklären.«
»Alex ist nicht leicht zu verstehen.«
»Du auch nicht«, bemerkte sie und warf ihm über die Schulter einen Blick zu, der ungewollt provozierend wirkte. Ihr Negligé verrutschte etwas, und Nicks Augen wurden von ihrem schlanken Hals und der seidigen Haut ihrer Schulter angezogen. Wie gern hätte er sie an dieser Stelle geküsst.
»Woher willst du das wissen? Du erinnerst dich doch nicht.«
»Weibliche Intuition«, entgegnete sie. »Du hast etwas an dir, was Frauen spüren. Eine Rastlosigkeit. Du gibst dich mit vielem im Leben nicht zufrieden, glaube ich. Und du lässt nicht locker. Wenn du etwas haben willst, dann nimmst du es dir.«
»Nicht immer.«
»Oh, doch«, widersprach sie.
»Ich will dich.«
Unter der Seide straffte sich ihr Rücken, sie senkte den Kopf und sah zu Boden.
»Warum wohl?«, fragte Nick, trat einen Schritt auf sie zu und verfluchte sich gleichzeitig selbst dafür. Er hatte sich geschworen, immun gegen ihre Reize zu bleiben, sie nie wieder an sich heranzulassen, doch mit jedem Tag, der verging, fühlte er sich stärker zu ihr hingezogen, wuchs seine Faszination. Immer wieder führte er sich selbst die Risiken vor Augen, und doch – wenn er der Wahrheit ins Auge sah, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie zu berühren, zu küssen, zu streicheln und sich tief in ihrer Weiblichkeit zu verlieren.
»Habe ich dich damals vor all den Jahren so sehr verletzt?«, fragte Marla, den Blick auf die Rinnsale an der Scheibe gerichtet.
»Es war meine eigene Schuld.« Noch einen Schritt näher.
»Aber du bestrafst mich.«
»Wie?«
»Indem … indem du mich auf Distanz hältst.« Sie kehrte ihm immer noch den Rücken zu, hatte den Drink auf der Fensterbank abgestellt. Die Hände aufgestützt, blickte sie durch die regennasse Scheibe.
»Reiner Selbstschutz, Marla. Ein
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