Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Zunge köstlich an ihrem Hals, an ihren Brüsten und noch tiefer, auf ihrem flachen Leib, im Begriff, ihre intimsten Stellen zu erkunden, ihren Körper und ihre Seele in Besitz zu nehmen. Sie stöhnte leise, stellte sich vor, wie ihre Körper sich vereinigten, wie er tief in sie hineinstieß … so heiß, so hart, so … Er hob den Kopf, und sie vertrieb blinzelnd die erotischen Bilder, um sich der kalten Realität dieser Nacht in San Francisco zu stellen, dem Nebel, den anderen Fußgängern, dem Verkehrslärm auf den nassen Straßen.
»Ich wusste es«, sagte Nick leise. In seinen Augen spiegelten sich ihre eigenen Schuldgefühle, ihre Verzweiflung. »Ich wusste, dass es so und nicht anders mit dir sein würde.« Er ließ die Arme sinken, und plötzlich stand Marla allein da. Verwaist. Der Wind strich kühl über ihre erhitzte Haut, fegte trockenes Laub durch den Rinnstein und brachte den Geruch von Regen mit. »Verdammt noch mal, Marla, das dürfen wir einfach nicht.«
»Glaubst du, ich wüsste das nicht?«
»Dann fordere es nicht heraus.« Zornig packte er sie an der Hand und ging zu seinem Pick-up. Marla entzog ihm mit einem Ruck ihre Finger und vergrub die Fäuste tief in den Taschen. Sie musste beinahe rennen, um mit ihm Schritt halten zu können.
»Gib nicht mir die Schuld, Nick«, rief sie, als sie die Straße überquerten und sie einer Frau mit einem riesigen Schirm ausweichen musste.
Er warf ihr einen hitzigen Blick zu, aus dem unverhohlen seine Gefühle sprachen. »Das tue ich nicht.«
»Aber du verhältst dich so.«
»Ich will nur verhindern, dass alles noch komplizierter wird, als es ohnehin schon ist.« Er nahm ihre Hand und zog sie zur Seite, um einem Mann im Rollstuhl Platz zu machen. Dann ließ er sie gleich wieder los.
»Du warst genauso neugierig wie ich«, beharrte Marla. »Du wolltest wissen, ob noch Glut unter der Asche ist. Gib es zu!«
»Das war nicht nötig, ich wusste es bereits. Die letzte Nacht hat mir einiges klargemacht.«
Marla glaubte ihm nicht. Gerade wollte sie etwas erwidern, als Nick über die Schulter zurückblickte und so abrupt stehen blieb, dass sie beinahe gegen ihn geprallt wäre. »Verdammt!«
»Was?« Sie fuhr herum und versuchte, im Nebel zu erkennen, was er meinte, sah aber nichts als einen Laternenpfahl und das Gedränge auf dem Gehsteig.
»Komm.« Nick packte ihr Handgelenk. Diesmal war die Berührung in keiner Weise warm und vertraut. Er rannte jetzt, zog sie mit sich, vorbei an Fußgängern und Radfahrern, und wäre beinahe mit einer jungen Mutter zusammengestoßen, die ihnen mit einem Kinderwagen entgegenkam.
»Was ist denn?«, rief Marla atemlos.
»Ich glaube, wir werden verfolgt.«
Das Blut drohte ihr in den Adern zu gefrieren, ihr Herz hämmerte wild. »Von wem?«
»Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden. Komm. Wir wollen sehen, ob wir ihn ertappen.« Nick rannte mit ihr durch Seitenstraßen und um Hausecken, lief quer über die Straße, so dass die Autofahrer heftig bremsen mussten und wild hupten.
»He, pass doch auf«, schimpfte ein Mann mit Mütze und Mantel aus dem offenen Fenster eines Kleinbusses.
»Wo brennt’s denn?«, witzelte ein anderer.
Marla rannte aus Leibeskräften, um mitzuhalten. Ihre Lunge brannte, Wadenkrämpfe kündigten sich an. Nick hielt den Blick stur geradeaus gerichtet, auf den Rücken eines Mannes in schwarzem Parka, der immer wieder in der Menge untertauchte. Der Fremde hinkte leicht, schien ein Bein nachzuziehen. »Du bist verrückt«, keuchte Marla, als sie an der Konservenfabrik vorbei in die Jefferson Street hasteten und schließlich, als sie schon glaubte, ihre Lunge müsse platzen, um eine Ecke bogen, bei Rot eine Straße überquerten und in die Schar der Touristen eintauchten, die auf dem Anleger von Fisherman’s Wharf flanierten.
»Mist!«, zischte Nick und suchte mit dem Blick die Menschenmenge am Wasser ab.
»Ist er weg?«
»Ich fürchte, er ist in einem der Läden oder Restaurants verschwunden.«
»Oder in seinem Auto.«
»Kein Auto – ein Jeep. Ich wette, er fährt einen Jeep.«
Marlas Herz setzte einen Schlag aus. »Wie der Mann, nach dem du vorhin gesucht hast.«
»Genau.« Nick verlangsamte seinen Schritt ein wenig. Marla rang keuchend nach Luft. Ihre Gedanken überschlugen sich.
Nick sah sich unentwegt nach allen Seiten um, musterte die Gesichter der Passanten, überblickte suchend die Menge und hielt dabei Marlas kleine Hand fest in seiner. Marla atmete tief durch und
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