Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
und kümmerte sich um sein Fläschchen.
Elsa, die Köchin, stand am Gasherd und rührte mit einem Holzlöffel in einer Cranberry-Orangen-Soße, während in einem Topf Kartoffeln kochten. Der Duft von Schweinebraten hing in dem großen Raum, von dessen Deckenbalken Kupfertöpfe, Küchengeräte aus rostfreiem Stahl und Körbchen mit Kräutern hingen.
Marla musste sich sehr beherrschen, um nicht um eine Kostprobe zu betteln.
Rosa räumte die Spülmaschine aus, während Carmen, die gewöhnlich so glatte Stirn gefurcht, die Lippen geschürzt, in den Schubladen kramte und leise vor sich hin schimpfte.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Marla, während sie die Babynahrung anrührte und destilliertes Wasser in ein sauberes Fläschchen füllte.
»MrsEugenia vermisst ihren Schlüsselring und glaubt, jemand hätte ihn ihr entwendet«, erklärte Carmen.
»Wirklich?«
Rosa machte runde Augen, während sie die Teller in den Schrank stapelte. Ihr Gesicht war blasser als sonst, und sie nickte wütend. » Si. Señora Cahill, sie ist …«
»Loca«, sagte Carmen, schloss geräuschvoll die Schublade und hob resignierend eine Hand. »So habe ich es nicht gemeint. Aber sie ist verärgert wegen der blöden Schlüssel, und ich weiß genau, dass die irgendwann wiederauftauchen.«
»Natürlich tauchen sie wieder auf«, sagte Marla. Sie hielt James im Arm und stellte mit der freien Hand das Fläschchen in die Mikrowelle.
Carmen öffnete einen Schrank, in dem Messbecher aufbewahrt wurden. »Sie muss den Schlüsselring verlegt haben. Niemand vom Personal würde der Familie je etwas stehlen.«
Marla wollte bei dem Gedanken, dass Angestellte verdächtigt wurden, am liebsten im Boden versinken. Der Schlüsselbund in ihrer Tasche schien plötzlich tonnenschwer zu werden. Die Mikrowelle klingelte. Marla hielt James mit einem Arm, nahm das Fläschchen heraus und träufelte ein wenig Milch auf ihr Handgelenk. Zufrieden mit der Temperatur sagte sie: »Eugenia wird die Schlüssel bestimmt bald finden.« Mit James und dem Fläschchen eilte sie die Treppe hinauf, während Carmen eine weitere Schublade durchsuchte.
Nick saß, einen Drink in der Hand, bereits in einem hochlehnigen Sessel. Eugenia stand am Fenster, dem Zimmer den Rücken zukehrend, und blickte finster in die Nacht hinaus.
»… Wenn ich es nur wüsste«, sagte die ältere Frau gerade. Sie hatte nicht bemerkt, dass ihre Schwiegertochter ins Zimmer gekommen war. »Heutzutage ist es unmöglich, jeden im Auge zu behalten. Das ist einer der Gründe, warum ich dich wieder hier bei mir haben wollte, Nick. Ich dachte … nein, ich hoffte, du könntest ausgleichend wirken. Du hast immer herausgefunden, was in den Unternehmen schiefging – Troubleshooter nennt man das heute wohl. Zu meiner Zeit bezeichnete man solche Leute als Wirtschaftsprüfer.«
»Ein Wirtschaftsprüfer ist doch ein bisschen was anderes.«
»Egal. Als Alex mir anvertraute, dass Cahill Limited in finanziellen Schwierigkeiten steckt, musste ich an dich denken und an das, was du für andere Unternehmen getan hast.« Sie ließ den Kopf kreisen, als wollte sie Verspannungen in den Schultern lockern, und blickte weiterhin aus dem Fenster. »Aber in Wahrheit waren die Finanzen der Firma nicht der einzige Grund, warum ich dich zu Hause haben wollte. Vermutlich hast du inzwischen bemerkt, dass Alex und Marla sich nicht mehr so gut verstehen wie früher. Sie haben schon seit Jahren Probleme, und ich habe gebetet, dass durch das Baby alles anders würde, aber … Ach, es ist doch nicht zu übersehen, dass sie sich immer weiter voneinander entfernen. Obwohl ich weiß, dass du und Marla … na ja, dass ihr vor langer Zeit liiert wart, glaubte ich doch, dass deine Anwesenheit hilfreich sein könnte.«
»Wie denn?«, fragte Marla, nicht fähig, den Mund zu halten. Ihre Wangen glühten, tausend Fragen kreisten in ihrem Kopf.
Eugenia fuhr auf dem Absatz herum und errötete bis unter die Wurzeln ihres apricotfarben getönten Haars. Sie legte eine Hand, die Finger gespreizt, aufs Herz. »Himmel, ich habe dich gar nicht hereinkommen gehört.«
»Ganz offensichtlich nicht«, bemerkte Marla trocken. Sie setzte sich, das Baby im Arm, aufs Sofa und gab ihm das Fläschchen. »Aber bitte, erzähle weiter, es ist gerade sehr interessant.« Sie konnte den bitteren Unterton nicht unterdrücken. »Wie sollte Nick helfen?«
»Lass mich raten«, sagte Nick. »Alex und ich sind immer Rivalen gewesen, und du dachtest, wenn ich hierher
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