Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Nick ihren grässlichen Gedanken.
»Holen wir ihn.« Sie sprang auf. Sie musste raus aus diesem Haus. Auf der Stelle. Sie hielt es nicht eine Minute länger in dieser eleganten Todesfalle aus. »Wir nehmen Cissy mit, setzen sie an der Schule ab und suchen eine sichere Unterbringung für James, bis wir das alles hinter uns haben.«
»Wir können nach Oregon fahren. Ich habe dort eine Unterkunft.«
»Wären wir dort in Sicherheit?«
»Vermutlich nicht«, räumte Nick ein und furchte die Stirn, als ein Stockwerk höher Schritte zu hören waren. »Ich besitze zwar eine Art Wachhund, bezweifle aber, dass sich viele Leute von Tough Guy abschrecken lassen würden.«
Doch in Marlas Ohren klang es paradiesisch. Friedlich. Sicher. Immerhin hatte sie Nick mitten in diesem grausigen, komplizierten und angsteinflößenden Alptraum gefunden. Zumindest wusste sie jetzt, wie es war, jemanden zu lieben. Jemanden zu haben, der ihr etwas bedeutete. »Irgendwann«, sagte sie heiser, »würde ich diese Unterkunft gern sehen.«
»Irgendwann wirst du sie sehen«, versprach er, doch sie wusste nicht, ob sie ihm glauben konnte.
Bevor sie etwas entgegnen konnte, schrillte das Telefon.
»Und jetzt?« Mit nüchternem Blick sah Nick auf die Uhr, stapfte ins Foyer und hob vor dem nächsten Klingeln den Hörer ab. »Hallo?« Pause. Die Falten um seinen Mund vertieften sich. »Marla Cahill? Sie ist hier.«
Marla verließ der Mut.
»Moment bitte.« Nick kam mit dem Telefon ins Wohnzimmer und reichte es Marla. Sein Blick versenkte sich in ihren. »Das Pflegeheim in Tiburon.«
Ihr Vater. Sie spürte das Verhängnis nahen. »Marla Cahill«, meldete sie sich, obwohl sie nicht sicher war, ob das so der Wahrheit entsprach.
»Guten Morgen, MrsCahill«, wurde sie von einer kräftigen Frauenstimme begrüßt. »Hier ist Kara Dunwoody, die Leiterin des Rolling-Hills-Pflegezentrums in Tiburon. Ich fürchte, ich muss Ihnen schlechte Nachrichten überbringen. Ihr Vater ist heute Morgen von uns gegangen …«
»Du wünschst dir einen Durchbruch im Fall Pamela Delacroix?«, fragte Janet Quinn und ließ sich vor Paternos Schreibtisch in den Besuchersessel fallen. Sie stellte ihren übergroßen Aktenkoffer neben sich auf dem Boden ab.
»Mindestens einen. Zwei oder drei wären noch besser.« Der Detective kramte in seiner Schublade, stellte fest, dass er kein Kaugummi mehr vorrätig hatte, und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Was hast du für mich?«
Janet grinste. »Wir haben Marla Cahills Handtasche gefunden. Durch den Aufprall beim Unfall ist sie fast einhundertundfünfzig Meter weit aus dem Wagen geschleudert worden und dann eine Böschung hinuntergerutscht. Wir hätten bestimmt nicht erneut gesucht und sie nie gefunden, wenn MrsCahill nicht darauf bestanden hätte, dass die Tasche verschwunden war.« Janets Augen strahlten hinter den Brillengläsern, als wüsste sie allein um ein besonderes Geheimnis. Paterno kannte diesen Blick und seine Bedeutung. Sie verschwieg etwas. Etwas Wichtiges.
»Und?«, bohrte er.
»Und wir haben ihre Brieftasche gefunden … Nein, eigentlich viel mehr als ihre Brieftasche. Hier nimmt die ganze Sache nämlich eine interessante Wendung. Kreditkarten, Führerschein und Scheckbuch sind nicht auf Marla Cahill ausgestellt. Alles, absolut alles, was zur Identifizierung beiträgt, lautet auf den Namen Kylie Paris. Sie wohnt hier in der Stadt.« Janet streckte die Hand nach ihrem Aktenkoffer aus, öffnete ihn und entnahm ihm eine kleine Handtasche, in einem vorschriftsmäßig beschrifteten Plastikbeutel gesichert. Es folgte ein größerer Plastikbeutel voll anderer Gegenstände, ebenfalls etikettiert. Paterno erkannte den Führerschein. »Fällt dir was auf?«, fragte Janet.
»Nur, dass Marla Cahill und diese Kylie Paris Zwillinge sein könnten.« Er betrachtete eingehend das Foto auf dem Führerschein.
»Glaub mir, Zwillinge sind sie nicht.«
»Und ich hatte gedacht, die Ähnlichkeit zwischen Marla Cahill und Pam Delacroix wäre auffällig. Die bedeutet nichts im Vergleich zu dieser hier.«
»Überleg mal, wie stark die Ähnlichkeit erst sein muss, wenn das Gesicht durch plastische Chirurgie leicht verändert wird. Verstehst du, nach dem Unfall und den Operationen konnte sich niemand darüber wundern, dass Marla Cahill ein bisschen anders aussah als vorher.«
»Wer ist diese Frau?«, wollte Paterno wissen, und wedelte mit Kylie Paris’ Ausweis vor Janets Nase herum.
Janet gab ihm gern Auskunft; auf diese Frage
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